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Ver- und Entsorgung und ein Schnack auf Englisch

Ver- und Entsorgung und ein Schnack auf Englisch

Der nächste Morgen beginnt mit einer Reihe von Aufgaben, die zu Wohnmobilreisen notwendigerweise dazu gehören und die wir heute zum ersten Mal erledigen. Entsprechend aufgeregt sind wir. Gestern hatten wir schon einmal die Ver- und Entsorgungsstation in Augenschein genommen und jetzt ist es soweit. Denn wir wollen heute weiter gen Süden – Richtung Österreich/Italien – unsere erste praktische Übung aber sicherheitshalber auf deutschem Boden erledigen. Auf der To Do Liste steht:

  1. Toilettenkassette entleeren und säubern am Automaten
  2. Grauwasser entsorgen
  3. Frischwasser tanken

Für unsere Tochter ein entspannter Vorgang, denn sie bleibt in einfach in ihrer Koje liegen und – das Tollste für sie – darf sogar mit Rausfallschutz in ihrem Alkoven bleiben, während wir kurz über den Platz zuckeln.

Toilettenkassette entleeren und säubern am Automaten

Der Toilettenautomat ist schnell erklärt. Toilettenkassette aus der Klappe am Womo entnehmen. Geld in den Automaten einwerfen, in unserem Fall zwei Euro. Kassettenart wählen. Dann öffnet sich automatisch ein Rolltor und man kann die Kassette hineinstellen. Vorher bitte noch die Verriegelung für den Deckel öffnen. Dann fährt das Rolltor zu. Es rumpelt und pumpelt und wenn das Rolltor wieder auffährt, kann man eine komplett saubere, nach Lilien duftende, mit Blattgold verkleidete Toilettenkassette entnehmen und sie wieder an ihre Stelle im Wohnmobil schieben. Hier kann man sich das ganze in Bildern ansehen. Okay, das „komplett Saubere“ kam erst nach zwei Durchgängen, also – 4 Euro – zustande. Und dass mit den Lilien war schlichtweg gelogen. Entweder ist dem Automat der Sanitärzusatz ausgegangen oder dieser riecht selber echt übel, weshalb wir bei der nächsten Reinigung per Hand unseren eigenen verwendet haben. Das hatte auch seine Tücken, aber das ist eine andere Geschichte.

Grauwasser entsorgen

Grauwasser ist all das, was nicht Frischwasser und nicht Toilette ist und muss ab und an entsorgt werden. Hier gibt es vor dem Toilettenautomaten einfach einen Gulli  in einer Betonplatte. Da fahren wir so drüber, dass er mittig vor der Hinterachse liegt, ziehen seitlich an einem grauen Griff und schon ergießen sich Niagarafälle in die Kanalisation. Hinter uns wartet schon ein Paar aus England mit einem kleinen Camper darauf, dass wir die Bahn frei machen. Allerdings müssen wir ja noch Frischwasser tanken.

Frischwasser tanken

Dazu gibt es am Sanitärensemble einen Zapfhahn, auf den jedoch unser Schlauchadapter nicht passt, wie wir etwas ungläubig feststellen. Weitere haben wir nicht dabei und so wenden wir uns an die Engländer, die netterweise bereit sind, uns auszuhelfen. Sie erzählen, dass sie aus Bristol  kommen, gerade 6 Monate Sabbatical machen und sich ihren Camper – einen kleinen Bus – komplett selbst eingerichtet und ausgestattet haben. Die Küchenzeile, die ich durch die geöffnete Schiebetür sehe, sieht schon mal super aus. Vollholz mit hellblau gestrichenen Türen und einem dunkelblauen Fliesenspiegel an der Wand. Das hat schon Schöner-Wohnen- Qualität. Während unser Frischwassertank Liter um Liter schluckt, höre ich gerne dem Reisebericht der jungen Engländerin zu:

Vom Bristol aus sind sie erst nach Spanien, dann Frankreich und Italien gereist. Dort besuchten sie auch Neapel, die „coolste Stadt“ ihrer Reise. Ich selbst habe an Neapel nur die Erinnerung, dass mir vor 20 Jahren mal meine Tasche vom Rücksitz unseres Autos geklaut wurde. Und zwar vom Motorroller aus, während der Fahrt. Aber das ist lange her. Unser britisches Pärchen jedenfalls ist dann mit der Fähre auf den Balkan übergesetzt und dort zuerst nach Albanien (anscheinend ein Traumland) und dann über Montenegro, Bosnien, Kroatien, Slowenien und Österreich nach Deutschland getourt. Nun bleibt ihnen noch ein halber Monat bis zum Ziel ihrer Reise: Paris! „Wir wollen nicht nach Hause“, sagen beide und ich kann sie sehr gut verstehen!

Eigentlich habe ich mit vielen solcher Gespräche und mehr Kontakten auf den Stellplätzen gerechnet. Auch, weil meine Wohnmobilisten-Freundin immer so viel über ihre spannenden Begegnungen erzählt. Wir haben das nicht erlebt, kaum, dass mal jemand grüßte auf den Plätzen. Vermisst haben wir es aber auch nicht wirklich. Frisch aufgetankt und zufrieden mit unserer ersten Ver- und Entsorgungserfahrung winken wir den Engländern und der Allianz Arena und fahren Richtung Autobahn. Zufällig liegt mal wieder ein Baumarkt am Wegesrand, wo wir schnell noch zwei weitere Adapter für unseren Trinkwasserschlauch erstehen, bevor die A9 uns Richtung Süden führt. Die Bavaria Filmstadt ist unser Vormittagsziel.

Ahoi – Eure Nachbarin

 

Bavaria Filmstadt

 

 

Mit dem Fahrrad durch München

Mit dem Fahrrad durch München

Der nächste Morgen weckt uns mit Sonnenstrahlen. Ein perfekter Tag, um die Räder zu bewegen. Im Internet lese ich von Fahrradwegen, die direkt hier an der Allianz Arena beginnen. Also schnell mit dem Blick auf die eindrucksvolle Heimstadt des FC Bayern gefrühstückt und die Drahtesel gesattelt. Eine Bremse ist mal wieder verstellt, aber Selbstmade-Zweiradmechaniker Papa Hose richtet es in Minutenschnelle. Dann geht es in Richtung Isarauen, die sich so ziemlich unmittelbar an das Arena-Gelände anschließen. Geil! Schon tauchen wir in den herbstlich gefärbten Wald ein und erreichen nach einer Viertelstunde die schöne, wilde und bootsfreie Isar. Als Rheinländer, für die ein Fluss eigentlich die größte Straße einer Stadt ist, mal ein ganz anderer Eindruck. Entspannt (ich) und nicht ganz so entspannt (Tochter/hasst Schotterwege) radeln wir am Fluss entlang, bis wir den englischen Garten erreichen.

Raupe vom Buchenstreckfuß oder BuchenrotschwanzEin Schild erzählt uns erstmal, wo wir in den Parkanlagen nicht fahren dürfen ( auf Wegen, an denen Bänke stehen). Leider gibt es keine Auskunft, wo man fahren darf oder wo wir hier überhaupt sind. Also einfach mal weiter und gucken, wie die anderen fahren. Die Antwort lautet: kreuz und quer. Während einer kleinen Pause macht unsere Tochter das, was sie draußen immer macht: In der Natur rumstochern. Sie findet dabei eine krassgelbe Raupe mit rotem Schwanzbüschel. Exotisch, dieser Englische Garten, denke ich, bevor mir Wikipedia erklärt, dass der Buchenrotschwanz eigentlich überall in Deutschland weit verbreitet ist. Da müssen wir erst nach München kommen, um das zu bemerken. Die Stimmung unserer Tochter heilt das nur für ein paar Meter. Dann wird sie/es ihr schon wieder anstrengend. Okay, wir haben E-Bikes, sie nicht. Aber ist doch schön hier!

Über verschlungene Wege erreichen wir schließlich den Chinesischen Turm, nur um festzustellen, dass er gerade bis oben eingerüstet ist. An dieser Stelle kommt mir der Gedanke, dassEingerüsteter Chinesischer Turm im Englischen Garten wir vielleicht doch bis Pisa fahren müssen, damit ich dem mäßig beeindruckten Nachwuchs einen wirklich coolen Turm präsentieren kann. Vorerst beschließen wir bei strahlendem Sonnenschein bis zum Maximilianeum weiterzufahren, die Räder dort abzustellen und dann nochmal in die Tram 19 zu steigen. Nach einem Abstecher zum Rewe (Essen und Trinken hebt die Laune unserer Mini recht zuverlässig), einer Pause bei den Mandarin-Enten am Achtersee (ich hätte sie eher am Chinesischen Turm vermutet) und einer weiteren an den Isarkaskaden, erreichen wir den Bayerischen Landtag.

Mittlerweile bin ich schweißgebadet, denn auch wenn die bajuwarische Hauptstadt gut mit Fahrradwegen ausgestattet ist, so ist der Verkehr auf der Straße UND den Wegen doch reichlich und ich mache mir Sorgen, um unsere Dorfmaus. Entsprechend erleichtert schließe ich mein Rad im Auge der Landtags- Überwachungskameras an. Hier sollten sie sicher stehen. Die Tram beschert uns nochmal wunderbare Eindrücke der Maximiliansstraße im Hellen, bevor sie uns am Stachus ausspuckt, wo unsere Tochter sich gleich so enthusiastisch in den Springbrunnen stürzt, dass sie klatschnass wird. So richtig warm ist es nicht, die Sonne hat sich verzogen und so gebe ich ihr mein Leibchen (kids first) und friere mir hernach so den Arsch ab, dass ich spontan einen Hoody aus Biobaumwolle im C&A erstehe.

Nass werden am Stachus (Mädchen im Springbrunnen)Türkisch essen wie beim Mama

 

 

 

 

 

 

Mittlerweile hat auch mein Mann Hunger und jetzt ist höchste Eile geboten. Wir suchen uns was Landestypisches und essen Türkisch wie daheim in Mama’s Küche. Im Falle meines Mannes stimmt das sogar ungefähr, weil er sieben Jahre seiner Jugend in Antalya verbracht hat. Das Essen in dem niedlichen kleinen Hinterhof katapultiert ihn in die goldenen Neunziger zurück und macht ihn glücklich, wie ein kleines Kind. Auch unsere Tochter ist mehr als angetan. Mir selbst reicht es, den beiden beim Schlemmen zuzusehen und mich mit ihnen zu freuen. Derart abgefüllt wagen wir noch einen Abstecher zur unfassbaren Asamkirche, der sich wirklich lohnt.

Asamkirche München Innenansicht Allianz Arena Gang

Zurück geht es mit der Tram 19 zu den Rädern und dann an der Isar entlang bis zur 12 km entfernten Allianz Arena. Dort entdecken wir, dass Menschlein ein- und ausgehen und beschließen, uns das spannende Gebäude mal näher anzusehen. In den leeren Gängen riecht es nach Weißbier und Wurst. Die Füße kleben auf dem pappigen Asphalt. Die Wände zieren überlebensgroße Gemälde von Lahm, Müller und Co. Fasst meint man skandierende und jubelnde Fans zu hören, aber es ist nur der Wind, der durch die leeren Ränge pfeift. Den Abend lassen wir gemütlich im Wohnmobil ausklingen, kochen uns was auf unseren Gaskochplatten und spielen Dixit, das während der Fahrt unser Standardspiel werden soll. Ach, die Welt ist schön!

Beste Grüße von Eurer Nachbarin (erfüllt)

 

 

Ver- und Entsorgung und ein Schnack auf Englisch

Am Fuße der Allianzarena

Am Fuße der Allianzarena

Meine Erwartungen an einen Urlaubsort sind in der Regel hoch. Auf Reisen möchte ich bitte nur schöne Dinge sehen, riechen, hören und schmecken. Natürlich weil in der Werbung ja auch immer nur schöne Dinge zu sehen sind. Was Müll, Dreck, Verkehr, Lärm und Verschleiß angeht, bin ich daher eher empfindlich. In unserem Wohnmobilurlaub war das irgendwie anders. Solange mich niemand zwang, auf fremde Klos zu gehen, war ich auch mit einem kippengepflasterten Stellplatz in unmittelbarer Nähe der Autobahn zwei Meter neben einem öffentlichen Urinal mehr als zufrieden. „Hach, hier lässt es sich aushalten“, sagte ich glücklich zu meinem Mann, als wir das Stromkabel erfolgreich in den Kasten vor unserem Wagen gestöpselt hatten. Denn: Landstrom ist schon was Tolles! Man kann Handys, elektrische Zahnbürsten und – ganz wichtig – Fahrradakkus laden!! Was Besseres, um ein richtiges Urlaubsgefühl zu erzeugen, gibt es ja wohl nicht!!

Da stehen wir also nun, keinen Tag zu früh, auf dem riesigen sonnigen mit zarten Bäumchen bepflanzten Areal. Bei Spielen und Veranstaltungen parken – und pinkeln – hier Fans und Besucher. Aber seit heute ist der Platz wieder für Wohnmobile freigegeben. Auch wenn ein großes Banner an der Schranke noch etwas anderes sagt, können uns die etwa 10 bereits geparkten Wohnmobile überzeugen: Hier sind wir richtig. 15 Euro kostet die Nacht am Fuße der Arena. Dafür bekommt man kostenlosen Strom (zumindest, wenn man in der Nähe der zwei Stromkästen steht oder ein sehr langes Kabel dabei hat). Außerdem Toiletten, Frischwasser, einen Entsorgungsschacht für Grauwasser aus Dusche und Spüle und einen hochmodernen Automaten zur Reinigung von Bordtoiletten. Das Paradies!!

Neues Rathaus in München im Dämmerlicht

Auf der anderen Seite der Arena – etwa 10 Fahrradminuten entfernt – steigen wir am späten Nachmittag in die S-Bahn und fahren gemütlich bis ins Herz von München zum Marienplatz. Und hier kommt mein normales Urlaubs-Ich so richtig auf seine Kosten. Das Neue Rathaus ist nicht von dieser Welt. „Wie viele Erker, Wasserspeier, Türmchen und Verzierungen kann es bitte geben??“ Neues Rathaus: „Ja!“ –  Unsere Tochter findet sogar ihr Lieblingstier – einen Drachen – an der Ecke. Es riecht nach gebrannten Mandeln, die an mehreren Ständen in der Fußgängerzone verkauft werden, ich höre die Glocken der Marienkirche und Stimmengewirr in allen möglichen Sprachen, schmecke Wiener Schnitzel im „Heimwerk“ und Kaiserschmarrn To Go von „Café Rischart“.

Mädchen und Mann essen Schnitzel

Der Oktoberabend gibt alles, um lau und mediterran rüberzukommen, während wir durch die Altstadt, die Fußgängerzone und über den Viktualienmarkt streifen. Nahe des komplett verrammelten Odeonsplatzes, wo derzeit eine Riesenbaustelle ist, steigen wir in die Tram 19 und fahren entlang der Maximilianstraße mit all ihren Prachtbauten, Edelläden und Fünf-Sterne-Hotels. Leider ist es da schon dunkel und die Gebäude energiesparbedingt nicht beleuchtet, so dass wir beschließen, die Tour nochmal am nächsten Tag zu machen. Die Straßenbahn mit der Nummer 19 bietet sich an, wenn man einfach mal einen kostengünstigen Überblick über die Schönheiten der Münchner Innenstadt bekommen will. Mehr Infos dazu gibt es auf Muenchen.de.

Wir nehmen die S-Bahn zurück zur Allianz Arena und sind sehr froh, die Räder am S-Bahnhof geparkt zu haben. So sind wir nach 10 Minuten im Dunklen durch den kalten Abendwind (ja es ist in der Tat schon Oktober) wieder zu Hause. Denn genauso fühlt sich unser Wohnmobil für uns an. Wir bleiben einfach noch ne Nacht länger hier beschließen wir, einfach, weil wir es können. An diesem Abend dämmert uns, dass uns wohl das Womo-Fieber erfasst hat und die verbleibende Urlaubswoche viel zu kurz ist! Eingekuschelt in unsere Höhlen und mit dem beruhigenden Rauschen der Autobahn im Ohr, schlafen wir mit diesem Gedanken einem neuen Tag entgegen.

Beste Grüße Eure Nachbarin – angekommen

 

 

Mit dem Fahrrad durch München

Minga wir kommen!!

Minga wir kommen!!

Unser dritter Reisetag beschert uns einige neue Erfahrungen. Das bleibt beim Urlaub mit dem Camper nicht aus. Überhaupt ist das wohl eines seiner Geheimnisse, wie ich gestern mit einer befreundeten Wohnmobilistin ausklamüsert habe: Anders als nämlich gedacht sind die nervigen Dinge beim Wohnmobilurlaub gar nicht nervig. Ja, man hat immer gut zu tun, aber auf die niedrigschwellige Art und Weise, die den Kopf frei macht vom Alltagsgedöns, ohne zu über- oder zu unterfordern. Routen planen, nach Stellplätzen suchen, fahren, gucken, halten, tanken, putzen, laden, entsorgen, radeln, besichtigen – das alles wechselt sich miteinander ab, wie das Wetter und die Landschaft, während man Kilometer um Kilometer zurücklegt und alle Sorgen von daheim weit hinter sich lässt –  ohne jedoch sein Heim hinter sich zu lassen. Denn das hat man ja praktischerweise dabei.

Ich reise sehr gerne, wäre am liebsten monatelang unterwegs. Aber ich habe immer diesen Moment, in dem ich mit einer neuen Unterkunft fremdele, mich mit der Urlaubsumgebung erst anfreunden muss. Diesen Moment (manchmal dauert er auch ein oder zwei Tage), in dem ich mich akklimatisiere und die Realität vor Ort mit meinen ursprünglichen Erwartungen abgleiche (bzw. diese nachträglich etwas runterschraube). Dieses Gefühl hatte ich bei unserer Wohnmobilreise nicht. Zum einen musste ich mich nur einmal an unsere neue mobile Unterkunft gewöhnen, durch die noch ein bisschen das Flair unserer Vorgänger waberte. Ab da war es mein Heim. Und zweitens überliste ich als Womo-Reisende mein Fremdelgefühle bezüglich eines Urlaubsortes, denn zumindest obligatorisch kann ich ja sofort wieder abhauen, wenn’s mir nicht gefällt.

Nach einem Frühstück mit Brötchen aus einer nahegelegenen Bäckerei geht es zurück auf die Piste. Mein Mann stresst mich, weil wir tanken müssen und ich während der Fahrt die günstigste Dieselquelle rausfinden soll. Mit Google Maps stehe ich dabei wie so oft auf Kriegsfuß. Die verda… ledeite App macht nicht, was sie soll und das noch nicht mal besonders gut. Aber ich hab ja sonst nix zu tun und es ist nun mal Aufgabe des Beifahrers. Auf einem Autohof stehen wir schließlich an einer vollautomatischen Zapfsäule, um die plötzlich ein Männlein herumtanzt, das meinen Mann nicht nur mit Sprit, sondern auch mit Tankexpertise versorgt. „Ich drück einfach mal auf den 200-Euro-Knopf, der Rest wird euch dann zurückgebucht“, kräht er fröhlich. „Gehörte der überhaupt zur Tankstelle?“, frage ich bei der Ausfahrt meinen Mann. „Keine Ahnung“, zuckt er etwas ratlos mit den Schultern.

Tankstellenanzeige

Von Schifferstadt bis zu unserem anvisierten Stellplatz an der Allianz Arena im Münchner Norden sind es über A6, A7 und A8 genau 367 Kilometer. In Stunden 3,5h; in Minuten 220. In Kinderminuten mit Video auf Tablet gefühlte 20; in Kinderminuten ohne Video auf Tablet definitiv 2000. Bis kurz hinter Günzburg kommen wir in den Genuss der ersten Kinderzeitrechnung. Ruhe und Entspannung! Bis uns bei Kilometer 260 schmerzhaft bewusst wird, dass Töchterchen meine Anweisung vor der Abfahrt nicht wirklich ernst genommen hat. „Kind, lad dir so viele Videos und Hörspiele aufs Tablet, wie du meinst, dass du im Urlaub brauchst. Und dann lad dir nochmal doppelt so viele runter“. Ergänzt vom väterlichen Hinweis: „Hör auf deine Mutter! Wir wissen nicht, ob du unterwegs nochmal was runterladen kannst.“

In Summe kam unser Kind damit auf zwei Filme und drei Hörspiele. Ich hätte besser nochmal draufgeschaut. Denn keine Tablet-Ablenkung im Auto bedeutet: Gejammer und Gezeter! Erst kommt der Hunger, dann die Langeweile, dann Seitenstechen, dann ein flaues Gefühl, dann Wut auf die Eltern, dann Verzweiflung über die Gesamtsituation. Und schließlich ein Ausraster, der sich gewaschen hat und von allen Komponenten gespeist wird. In dem Fall helfen weder Spiele wie „Stadt, Land, Fluss“, noch Radio, noch Hinweise auf pittoreske Autobahnausfahrten, noch das Angebot, vorne auf dem Beifahrersitz zu sitzen. Chuck Norris-Witze retten 10 Kilometer, ein Apfel und Schokolade genauso viel. Aber dann ist man immer noch fast 90 Kilometer vom Ziel entfernt.

Roter Asphalt auf der Autobahn

Bei mir löste die explosive Stimmung im Auto, zusammen mit dem unerträglichen roten Asphalt der A8, gepflegte Kopfschmerzen aus. Dieser rötliche Split aus Sachsen-Anhalt bedeckt die Autobahn zwischen Günz- und Augsburg und ist eine echte Pest. Anscheinend soll er den Fahrbahnbelag fester und haltbarer machen, vor allem aber sorgte er für eine Lautstärke im Auto, die nur meine Tochter mit besagtem Tobsuchtsanfall toppen konnte. Das Fahrgefühl erinnert an die Ostautobahnen kurz nach der Wende und ausnahmslos alle stießen einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus, als wir Augsburg endlich hinter uns lassen konnten. Ich bin ja auch für Nachhaltigkeit, aber bitte findet was Langlebiges mit den tonalen Eigenschaften von Flüsterasphalt. Danke, eure Familie Hose!!

 

 

Am Fuße der Allianzarena

Im Land der Träume

Im Land der Träume

Schifferstadt! Wir machen es uns zur Gewohnheit, immer erstmal in die falsche Richtung zu fahren. Das ist ein bisschen blöd, weil man mit einem 6,8 Meter langen Wohnmobil mal nicht eben „Wenden in Drei Zügen“ auf einer Sackgasse im Wohngebiet machen kann. Gut, dass mein Mann am Steuer sitzt. Der ist und bleibt auf dieser Tour übrigens unser Fahrer. Ich selbst habe nach einem 20-minütigen Versuch auf einer (fast leeren!)  Bundesstraße beschlossen, dass der Beifahrersitz für mich (und alle Beteiligten) doch die bessere Lösung ist. Zuerst bin ich in die falsche Richtung gefahren – siehe oben. Dann habe ich mich auf dem Beschleunigungsstreifen nicht getraut nach links rüber zu ziehen und musste beinahe stehen bleiben. Das möchte ich ungern nochmal erleben. Also beschließe ich, nur im Notfall zu fahren und mein Mann muss ran.

Der schleppt dann auch die volle Gasflasche zum Wagen, bevor wir vom „Hornbach“ in Oggersheim ein paar Kilometer weiter zu unserem Stellplatz fahren. Wir finden ihn nach ein paar großzügigen Umwegen durch die Finsternis – Google Maps weiß auch nicht alles – am Rande von Schifferstadt. Ein versteckter, grün bewachsener Parkplatz in der Nähe einer Festhalle. Hier steht noch ein einzelnes Wohnmobil und wir parken uns mal wieder in die Nähe. Erst am nächsten Morgen merken wir, dass der andere Wagen verwaist ist und hier wohl dauerhaft steht. Egal, es hat gereicht, um uns nachts ein gutes Gefühl zu geben. Auch das Rauschen der nahen Hauptstraße hat sich als förderlich für meinen leichten Schlaf erwiesen. Zum ersten Mal erlebe ich meine Koje als gemütliche – und schlaffördernde – Kuschelhöhle. Deshalb hier auch mal ein paar Allgemeinheiten zu unserer Schlafsituation:

Das Schlafen

Kind im AlkovenWir haben das Alkovenmobil Ahorn Camp Eco 683 gemietet. Alkoven nennt man die Ausbuchtung über der Fahrerkabine. Darin befindet sich ein Bett mit den Maßen 1,45 mal 2,20 Meter. Man erreicht es über eine Leiter, die man bequem ein- und aushängen kann. Das Alkovenbett ist wunderbar geeignet, um sich beim Durchsteigen vom Wohnteil zur Fahrerkabine gepflegt die Birne anzusemmeln. Mein Mann und ich haben in den zwei Wochen Urlaub diesbezüglich auch kaum dazugelernt. Davon abgesehen ist es einfach fantastisch, um das wuselnde Kind aus den Füßen zu kriegen:

 

Schritt 1: Kind die Leiter raufscheuchen
Schritt 2: Leiter aushängen (hehe)
Schritt 3: Mit Spielsachen, Süßkram und/oder mobilen Endgeräten ruhigstellen
Schritt 4: Vorhang zuziehen

Viel Überzeugungsarbeit mussten wir bei unserer Tochter nicht leisten. Sie hat sich das Bett, das wohl eigentlich eher für die Eltern gedacht ist, gleich unter den Nagel gerissen. Mein Mann bekam das obere Bett im hinteren Bereich des Womos und ich die schnuckelige Koje darunter (beide 0,87 mal 2,20 Meter). Da hinein muss man sich durch eine kleine Öffnung einfädeln, aber wenn man erstmal liegt, ist es wirklich gemütlich. Ich gebe es zu: Dank meiner Schlafqualität, die den Namen nicht verdient, bin ich begeisterte Alleinschläferin und habe es geliebt, einfach den Vorhang zuzuziehen und nachts meine Ruhe zu haben.

Natürlich war es für mich – bekennende Prinzessin auf der Erbse – keine Option, wie meine Verwandtschaft, auf der serienmäßigen Kaltschaummatratze zu nächtigen. Zu meinen beiden dicken Matratzenauflagen, nahm ich daher eine weitere Matratze von zu Hause mit ins Wohnmobil. (Sie liegt sonst auf unserem Tagesbett und ist relativ schmal.) Beim Headspace musste ich danach ein paar Abstriche machen, aber die Luft nach oben reichte noch, um zu atmen. Hauptsache weich!

Gefehlt hat uns Stockbettlern eine Ablagemöglichkeit. Ich habe mir mit einer Tupperbox geholfen, in der ich Kleinteile verstaut habe. Nun ist es ja so, dass ein Wohnmobil nicht immer auf ebener Fläche steht. Genau genommen ist das eigentlich die Ausnahme. Versierte Camper nehmen eine Wasserwage mit und tarieren ihr Gefährt mit Hilfe von Auffahrkeilen perfekt waagerecht aus. Wir haben einfach immer geguckt, in welche Richtung unser Wasser im Spülbecken läuft und uns dann entsprechend in die eine oder andere Richtung gelegt. Denn man will ja mit dem Kopf höher nächtigen, als mit den Füßen…

Als hochsensible Hygienebeauftragte bin ich etwas heikel und möchte mit meinem Kopf nicht da liegen, wo ich vorher mit den Füßen gelegen habe. In diesem Urlaub habe ich mir mit einem Handtuch beholfen. Der raue Frotteestoff hat aber etwas an der Gemütlichkeit gekratzt. Beim nächsten Mal würde ich zu meiner Extramatratze und den beiden Matratzenauflagen zwei Spannbetttücher mit ins Womo nehmen. Eines für die Liegeposition „Kopf – rechts“, ein weiteres, das ich bei Bedarf oben drüber ziehe für „Kopf – links“. Ja, ich bin selbst auch begeistert von dieser brillanten Idee.

Beste Grüße von Eurer Nachbarin – endlich mal ausgeschlafen

 

 

Minga wir kommen!!