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Fräulein Rottenmeier

Fräulein Rottenmeier

Meine Tochter ist jetzt auch unter die Schreiberlis gegangen. Schuld ist wahrscheinlich, wie im Moment fast an fast allem: Corona. Nicht nur, dass unsere Zweitklässlerin vor dem Lockdown kein Buch in die Hand genommen hat, sie schrieb auch nie mehr, als vier Zeilen am Stück. Und die auch nur unter lautem Protest. Jetzt, drei Monate später, hat sie etwa 2.500 Seiten von Margit Auers „Schule der magischen Tiere“ und diverse andere Bücher gelesen und ein komplettes Heft mit Geschichten gefüllt.

Vorzugsweise schreibt sie über Tiere, die anders sind, als die Norm: Ein Affe, der nicht klettern kann, dafür aber Schwimmen. Ein Marienkäfer mit blauen Punkten, der aber trotzdem in die rot-schwarze Gemeinde integriert wird. Oder ein rosa-weißes Zebra, das halt anders aussieht, als alle anderen, dafür aber dank Klettertalent die besten Fürchte vom Baum holt. „Wie kamst du auf die Zebrageschichte“, wollte ich heute während einer Fahrradtour von ihr wissen. „Ach, der Tag war irgendwie so gestreift“.

Disteln

Ich liebe es mit ihr so rumzufabulieren. Wir können uns aus aktuellem Anlass eine Viertelstunde darüber unterhalten, warum es das Wort „nesseln“ gibt, ein Verb ganz offensichtlich abgeleitet von Brennnesseln, aber noch niemand das Wort „disteln“ erfunden hat, was wir hiermit nachholen. Ich werde versuchen, es künftig in jedem zweiten Beitrag unterzubringen. Vielleicht setzt es sich durch und steht 2025 im Duden. Auf einer Mutter-Tochter-Wanderung durchs Siebengebirge hatten wir kürzlich auch eine Menge Spaß.

Töchterchen blieb alle paar Schritte immer wieder stocksteif stehen, vielleicht war sie durch die vielen Bäume um uns herum inspiriert. Ich fragte sie dann irgendwann, was sie da treibe und sie meinte: „Ich nenne es Baguette-Stehen, das ist gesund“. Kurz darauf gelangten wir an einen See, der so sehr spiegelte, wie wir es noch nie in freier Wildbahn gesehen hatten. Ein kleiner Stein sorgte für ein wunderschönes Wellenspiel, so dass uns ganz ergriffen das Kichern verging. Als wir weitergingen meinte ich: „Den nennen wir ab jetzt Zaubersee.“ Und sie antwortete: „Nee, das ist der Echt-Respekt-See. Ich hab echt Respekt vor diesem See.“

Auf unserem weiteren Marsch ging es um berufliche Perspektiven. Da Minimo mit unfassbarer Geduld alles beobachtet, was in der Natur so kreucht und fleucht, könnte es gut was im Bereich Forschung und Expedition sein. Ich neige ja bekanntermaßen ein wenig zum Oberlehrertum. Ein früherer Freund nannte mich gelegentlich „Fräulein Rottenmeier“ nach der strengen Lehrkraft aus „Heidi“. Er nannte mich auch die „Uralte Morla“ nach der Schildkröte aus der „Unendlichen Geschichte“. Wenn ich mein Spiegelbild heute mit Fotos von damals vergleiche, war das wohl eher perspektivisch gemeint…

Jedenfalls schlug Frau Rottenmeier in mir vor: „Du könntest doch Pantologin werden.“ „Was ist denn das“, fragte meine Tochter. „Wie, das weißt du nicht? Du magst doch Dinos und so was?“ „Hm, aber von Pantologie habe ich noch nix gehört“, runzelte Minimo die Stirn. Dann erhellte sich ihr Blick: „Du meinst wohl Paläontologin?“ Man kann solche Situation super durch Ablenkung oder ein überlegenes Lachen überspielen. Ist mir an dieser Stelle leider nicht gelungen. Ich glaube, es ist Zeit den Rottenmeier-Staffelstab weiterzugeben und mir die Funktionsweise des Rasterelektronenmikroskops erklären zu lassen…

Genießt das Wochenende!

Eure Nachbarin

Sie ist wieder da…

Sie ist wieder da…

Vor zweieinhalb Jahren habe ich als „Die Nachbarin“ meinen letzten Eintrag gepostet. Damals waren mir nach und nach Stoff UND Humor ausgegangen. Und als meine Freundin und Datenschutzexpertin Devi warnte, dass die Seite abmahngefährdet sei, hab ich das Handtuch geworfen und sie auf unbestimmte Zeit offline gestellt. So kam das Bloggen auf die To Do-Liste der ewig unerledigten Dinge. Habt ihr auch so eine Ich-wollte-doch-schon-immer-und-hatte-nie-die-Zeit-Liste im Kopf oder wie ich, aus dem Jahr 2004 auf Papier?

Hab ich schon mal erwähnt, dass ich nichts wegschmeißen kann? Mein Mann singt darüber regelmäßig sein Klagelied. Vor allem an grauen Novembertagen, wenn er meinem Kram nur schlecht ausweichen kann, weht es über die Vinxeler Felder. Ich finde es prinzipiell gut, eine solche Liste zu haben, denn es zeigt, dass wir noch träumen und wünschen können. Deshalb ist auch gar nicht nötig, alles umzusetzen, was draufsteht. Das ist wie mit wunderschönen Luftschlössern: Wenn man ihnen Leben einhaucht, kann es sein, dass sie sich als Bruchbude entpuppen oder als langweiliges 0815-Haus.

Aber zurück zu meinem Blog: Im Frühjahr ereilte uns mit der Corona-Pest etwas nie Dagewesenes und krempelte unser Leben auf links. Die Leute um mich herum reagierten zunächst mit relativer Gelassenheit und viel Humor. Ich habe noch nie so viele lustige Bilder, Sprüche und Videos über WhatsApp bekommen und ich fühlte mich an meine Zeiten als Nachbarin zurückerinnert. In diesen Wochen hätte ich so viel zu sagen und zu posten gehabt. Tatsächlich gab es auch Nachfragen ehemaliger LeserInnen, aber es gab ja keinen Blog. Also musste er wieder her. Mit toller Unterstützung von Devi und ihren „Webseiten mit Herz“ (www.webseitenmitherz.de) habe ich die Nachbarin neu aufgebaut und umgezogen. Mein zweiter Blog „Unser Scheunenhaus“ ist nun in die Seite integriert.

Der Lockdown ist vorbei, der Alltag hat uns fast schon komplett wieder. Deswegen werdet ihr die Dinge, die ich in der Coronazeit so dringend aufschreiben wollte, hier nicht lesen. Aber es werden andere Dinge sein. Mal kreativ, mal lustig, mal nachdenklich. Denn die Nachbarin ist nachdenklicher geworden. Und sie hat schon wieder viiiiiieeeeel weniger Zeit, als während des Lockdowns. Deswegen hier ein Punkt.

Ich freue mich, wieder für Euch zu schreiben!

Alles Liebe

Eure Nachbarin