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Lachanfälle und andere Aussetzer

Lachanfälle und andere Aussetzer

Kennt ihr ihn auch, diesen hysterischen Lachanfall, der alle restlichen Körperfunktionen lahmlegt. Den Frauen jenseits der ersten Entbindung, dank Beckenbodenschwäche nur mit eng zusammengepressten Oberschenkeln überstehen. Und der dann aufhört, wann er will. Und nicht, wann Du es willst. Ganz witzig, wenn er einen in geselliger Runde nach dem dritten Bier ereilt. In vielen anderen Situationen aber auch schon mal problematisch.
Auf der Autobahn
Ich hatte mal einen auf dem Rücksitz. Mit zwei Studienfreundinnen war ich auf der A5 unterwegs von Basel Richtung Koblenz. Gerade hatten die Fahrerinnen gewechselt und Susanne brauchte gefühlte zwei Stunden, um den Sitz in die richtige Position zu bringen. Sie ruckelte nach vorn und nach hinten, drehte am Rad, zog an irgendwelchen Hebeln und irgendeine Stimme in mir flüsterte schon: Das wird nicht gut gehen.
Genauso war es dann auch. Gerade als wir auf den Beschleunigungsstreifen zusteuerten, machte es „Pang“ und der Fahrersitz klappte vollständig nach hinten um. Susanne lag damit quasi auf meinem Schoß. Und während bei der Fahrerin in Liegeposition leichte Panik ausbrach, kriegte ich mich hinter ihr nicht mehr ein und war ihr damit keine große Hilfe. Sie selbst fand es auch eher weniger lustig. Wir sind dann übrigens trotzdem noch heil in Koblenz angekommen.
Die Sache mit dem Gummiball
Heute hatte ich einen ähnlichen Lachflash mitten auf dem Feld am Rande unseres Dorfes und Benni sah mich dabei mindestens so entgeistert an, wie Susanne damals. Auch hier hatte sich die Misere schon zeitig angekündigt. Um unseren eher gemächlichen Hund in die Hufe zu bringen, nutzen wir seine Retriever-Gene und lassen ihn Bällchen zurückbringen. So kegelte ich unverdrossen einen faustgroßen blauen Gummiball den asphaltierten Feldweg entlang und Benni brachte ihn brav wieder.
Das ging so zwei, drei Mal bis der Ball am Wegesrand auf einem Hundehaufen zu liegen kam. Benni lief enthusiastisch hin, wollte den Ball aufnehmen und trat dann mit einem angeekelten Ausdruck im Hundegesicht zwei Schritte zurück. Nun legt man selbst als Hundehalter ziemlich schnell die zarten Saiten ab. Ich nahm also den Ball auf und wischte ihn so gut es ging im Gras ab.
Währenddessen lief Benni vor und verrichtete einige Meter weiter sein eigenes Geschäft. Pflichtbewusst hatte ich selbstverständlich vorab eine schwarze Tüte aus dem Spender gezogen und sammelte seine Hinterlassenschaft auf. „Wenn das jeder machen würde, hätten wir jetzt kein Problem“, murrte ich, denn Benni zeigte auch auf dem weiteren Weg null Interesse an seinem Ball. „Maaannn“, meckerte ich, „sonst frisst du jeden Mist, aber jetzt einen auf etepetete machen.“ Schließlich wollte ich den Hund auspowern und dafür nicht drei Stunden wandern.
 
I break together
„Vielleicht wasche ich den Ball unten im Bach ab…“ – „Aber dann springt Benni wieder ins Wasser und sieht aus wie hulle…“ – „da ist auch immer so viel Matsch…“, debattierte ich mit Blick auf meine leichten Sneakers vor mich hin, während ich in der einen Hand eine Leckerlitüte und den Hundekotbeutel schwenkte und in der anderen die Leine. Mit dem Fuß kickte ich den Ball weiter den Weg hinunter. Und plötzlich, warum auch immer, schnappte Benni sich die blaue Kugel und warf sie mir vor die Füße.
„Jaaaaa!! Jetzt ist aber ein dickes Leckerli fällig!“, jubelte ich und versenkte die Hand in der Tüte. Leider in der falschen, wie mir mit etwas Verspätung aufging. Und während ich also so richtig in die Sch… griff ereilte er mich – der hysterische Lachanfall. Ich ließ alles fallen, stützte mich mit der sauberen Hand auf einen Zaunpfosten, wickelte ein Bein um das andere, um mich nicht zur Krönung auch noch einzunässen und gab auf. Tränen liefen mir übers Gesicht, meine Haare fielen in die Stirn und ich gackerte und gackerte.
Währenddessen stand Benni bewegungslos vor mir und beobachtete mich erstaunt. Ich war ihm sehr dankbar, denn in diesem Moment hätte ich ihn von keinem Unfug der Welt abhalten können. Je länger der Anfall dauerte, desto skeptischer wurde mein Hund. „Ob ich die gleich wohl nach Hause tragen muss?“, las ich in seinen Augen. Irgendwann, es muss so drei Minuten später gewesen sein, verebbten die Lachsalven langsam und ich konnte mich wieder vom Fleck bewegen. Vorsichtig schaute ich mich um und entdeckte… niemanden. Puh!
The End
Die Frage, ob wir den Umweg über den Fluss nehmen würden, hatte sich mit dieser Aktion natürlich erübrigt und so kam ich einige Zeit später mit nassem Hund, schlammigen Schuhen, aber immerhin gewaschen und mit geruchsneutralem Ball wieder am Feldrand an, wo ich den Hundekotbeutel selbstverständlich ordnungsgemäß im Mülleimer versenkte.
Was ich daraus lerne?
  • Wenn ich mir vor dem Spaziergang künftig die Frage stelle: Nehme ich einen Rucksack mit? lautet die Antwort „Ja“.
  • Wenn ich einen Hundekotbeutel verwende, knote ich ihn auch an Ort und Stelle zu.
  • Wenn Benni aus welchem Grund auch immer den Ball nicht bringen will, dann hat er eben Pech gehabt.
  • Und: Vielleicht sollte ich der Rückbildungsgymnastik fast sechs Jahre nach der Geburt unserer Tochter doch noch mal ne Chance geben…
An diese Stelle danke ich Hundeliebhaber Vegis 220 vorab dafür, dass er sich jeglichen Kommentar verkneift 😉
Es grüßt Euch mit leichtem Muskelkater in der Bauchregion
Eure Nachbarin
Links eröm

Links eröm

Wo wir also gerade bei Klamottenfails sind und ich es schon angekündigt habe: Hier noch ein Schwank aus meiner Jugend. Naja, späten Jugend. Als ich mit 27 mal ein halbes Jahr als Barista bei Starbucks gearbeitet habe und noch dachte, die Welt stehe mir offen. Dabei war es meist nur die Tiefkühlschranktür im Lagerraum und das gab eine Menge Ärger. Aber egal, es gab eh immer Ärger…
Nach einer langen Kölner Nacht (fiere, danse, durchs Veedel trecke) weckte mich das Schlurfen und Rumpoltern meiner Mitbewohnerin. Mit Socken in Flipflops (unnachahmlich, das konnte nur sie) war sie kurzsichtig durch den fensterlosen Flur geschlappt und im Dämmerlicht übers Telefonkabel gestolpert. Ich wollte schon fluchen, als mein Blick auf die Uhr fiel. Mist! Ich hatte beinahe meine Neun-Uhr-Schicht verpennt.
Erfolglos versuchte ich meine plattgelegenen Locken irgendwie in ein Haargummi zu zwingen und in der Bahn lässig noch ein bisschen Mascara aufs Auge zu pinseln (ehrlicherweise kam mehr ins Auge). Egal, mich würde ja eh niemand sehen – außer den 553 Leuten, die damals täglich ins hippe neue US-Café strömten, wo wir Barista 2004 noch echten Kultstatus hatten. Manchmal mussten wir sogar Autogramme geben. Gut, dass die Selfies noch nicht erfunden sind, dachte ich also so bei mir, während ich über die Domplatte hetzte.
Versteckte Kamera, oder was?!
Als ich die Tür um Punkt zehn nach neun öffnete, sah ich zuerst die Chefin, wie immer perfekt gestylt, die mir einen bemüht fröhlichen Blick zuwarf. Wie, dachte ich misstrauisch, kein Anherrschen, kein Abkanzeln, keine Lektion mit der Neunschwänzigen Katze? Dazu muss man wissen, dass Leonora das herrische Auftreten einer Domina perfektioniert hatte und die Belegschaft regelmäßig in Angst und Schrecken versetzte. Naja, bei den Jungs schwang vielleicht noch was anderes mit… Dass sie mir 10 Minuten Verspätung einfach so durchgehen ließ, war nahezu unmöglich. War hier irgendwo eine versteckte Kamera?
Ich drehte mich um und stand tatsächlich Aug in Aug mit einem beeindruckenden Exemplar. Versteckt war sie allerdings nicht, dafür war sie viel zu groß. Hintendran hing ein Kamerateam und über mir schwebte ein Mikrofon an einer Angel. Ich schluckte und sah hilfesuchend zum Boss. Die zog eine Augenbraue bis fast unter die Haarspitzen und rief gekünstelt: „Husch, husch nach oben. Umziehen. Hier wird heute gedreht. Du bist gleich dran.“ „Ähhh…“, wollte ich einwenden, ließ es aber, als ich ihren Blick sah und verzog mich in die Umkleide.
Dort warf ich mich ins schwarze Poloshirt mit Starbux-Emblem, band die grüne Schürze um, rammte meine Füße in die bequemen Halbschuhe und stand eine Minute später schnaufend hinterm Tresen. Für einen Blick in den Spiegel hatte es nicht mehr gereicht. Leonoras Gesichtsausdruck sprach Bände. Andererseits war sie genau der Typ, der vor Fernsehkameras zur persönlichen Höchstform aufläuft und so ließ sie sich weiter nichts anmerken.
Vulcanino Dingsbums
„Die Kollegin macht jetzt einen unserer wahnsinnig leckeren „Vulcanino Caramel Crisp Cream and Cheesecake-Pie Frappuccinos“, säuselte sie in die Kamera und informierte damit auch mich. Über meinem Kopf erschien ein fettes „Nooooo!!“ Frappuccino – ein Mix aus Milch, Eiswürfeln und jeder Menge Klimbim wurde nicht manierlich an der riesigen Espressomaschine zubereitet, sondern im Mixer, von dem bei falscher Bedienung gelegentlich der Deckel absprang. Und das hieß in der Regel Grande Sauerei. Der Name Vulcanino erschien mir da auch kein gutes Omen zu sein.
Ich hatte bis dato vielleicht drei Stück unfallfrei hingekriegt und deshalb zitterten mir die Knie, während ich mich panisch, aber leider erfolglos nach einem Kollegen umsah. Außer Domina-Leonora und mir, war noch keiner von der Belegschaft aufgetaucht. Egal, dachte ich mir. Die Fernsehtypen wissen eh nicht, was in so einen „Vulcanino Crisp Dings“ drin zu sein hat und so fing ich an, wahllos Milch mit irgendwelchen Zutaten und Sirups durcheinander zu mischen, während die Kamera lief und Leonora ihren Blick in meinen Rücken bohrte.
Der Mixer erkannte meine Notlage und hielt seinen Deckel brav fest und bei der Deko fiel mir tatsächlich wieder ein: Sahne, Karamelsoße und Karamelstückchen – fertig. Langsam atmete ich aus, bis mir auf einmal einfiel, dass ich das verflixte Gesöff ja noch würde ausrufen müssen. Ich stellte also meine fragwürdige Frapuccino-Kreation auf die Theke, räusperte mich und rief in den leeren Raum. „Ein Tall, To Go, äh Vulcanino Caramel-Pie Frappuccino für äh… Domina.“ Ein letzter scheuer Blick in die Kamera, sicherheitshalber KEIN Blick zu Leonora. Und ich war endlich erlöst.
Just in dem Augenblick kam Kemal, ein Kollege und mittlerweile guter Freund, top gestylt in den Laden. Der hätte das sicher Tausend mal besser gemacht, schoss es mir durch den Kopf. Er verharrte an der Tür, sah die Kamera, Leonoras langes Gesicht und mein knallrotes und nahm mich kurzerhand mit Richtung Umkleide. Nachdem ich ihm in kurzen Worten das Fiasko geschildert hatte, kriegte er sich gar nicht mehr ein. „Du bist echt reif für die Bühne“, japste er und meinte dann mit unschuldigem Augenaufschlag: „Übrigens hast du dein Starbucks-Shirt links herum an!“
Das Ende…
… bei Starbux bedeutete die Sache für mich dankenswerterweise NICHT! Gesendet wurde das Material aber Gott sei Dank auch nicht. Stattdessen sah man im RTL-Fernsehen nur die adrette Leonora, die den perfekten Milchschaum zauberte. Anscheinend hatte ihr eigener erfolgreicher Auftritt sie mit der Sache versöhnt. Anders als viele meiner Barista-Kollegen, enthob mich diese Erfahrung auch jeglicher schauspielerischer Ambition. Ich habe mich dann einige Monate später lieber dem Journalismus verschrieben und bin bis heute dabei geblieben. Oberteile trage ich in stressigen Momenten immer noch gerne auf Links, aber im Homeoffice interessiert das ja keinen.
Es grüßt mit einem endleckeren Grande irgendwas Chai Latte in der Hand (für Frappucino ist es mir noch zu kalt)…

Eure Nachbarin