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Rotkäppchen im Düsterwald

Rotkäppchen im Düsterwald

Hey, heute ist Sonnenfinsternis! Ich seh ja nur Wolken. Ist aber auch besser so, habe eh keine Schutzbrille. Die Finsternis ereilte mich übrigens auch vergangene Woche – auf dem Weg zum Nähkurs. Ich habe es jetzt verarbeitet und bin bereit darüber zu schreiben. Puh!

Wer mich kennt, weiß, dass ich gerne mal kreativ bin: Malen, Basteln, Dekorieren – zur Freude meines Mannes. Kürzlich gestalteten meine Tochter und ich hingebungsvoll Glitzereier und platzierten sie in einem Einmachglas. Die Maus fragte: „Und, wo kommt das jetzt hin?“ „Ins Treppenhaus.“ „Ah! Damit der Papa das nicht sieht!“ Weitsichtig sind sie, die Kleinen.

Glitzereier-Deko im Treppenhaus

Mit der gleichen Begeisterung würde ich gerne Nähen, Stricken und Häkeln. Allein mir fehlt das Garn, äh Gen. Sobald ich versuche, etwas aus Wolle oder Jersey herzustellen, scheitere ich an meinen linken Händen. Das hält mich allerdings keineswegs davon ab, es hin und wieder zu versuchen. So wie letzte Woche, als ich einen Nähkurs bei Celia besuchte. Hinter den sieben Bergen, bei den sieben Zwergen…

Auf nach Mittelerde

Als ich mir bei Google die Wegbeschreibung anschaute, war ich kurz davor, die Sache abzublasen. „Wo is dat???“ fragte ich meinen Mann und wies anklagend auf das Satellitenbild, das drei Häuslein inmitten von nichts zeigte. „Das? Das ist Mittelerde, glaube ich. Du weißt schon, da wo die Elben und die Hobbits leben.“ „Ja, und die Trolle“, dachte ich im Stillen und wollte gerade zum Handy greifen, um mit einer Ausrede mein Fernbleiben zu erklären, da sagte mein Mann: „Und du traust dich sicher nicht, alleine im Dunkeln da hin zu fahren.“

„Pffffffft!“ So ein Quatsch!!! „Ich bin groß, ich bin stark, ich bin mutig“, murmelte ich abends darauf das Mantra meiner Tochter vor mich hin, während ich die Nähmaschine in den Kofferraum wuchtete. Natürlich mal wieder viel zu spät dran, nachdem die Maus zum Abschied mein Nähset inklusive 15 Stecknadeln, 20 Garnrollen, einem Auftrenner, 30 Knöpfen usw. usf. auf den Boden gepfeffert hatte. Mit zitternden Fingern fütterte ich mein Smartphone-Navi. Ort, Straße und… „Zu dieser Straße sind keine Hausnummern bekannt.“ Okay, auch gut, meine Orientierung ist ja phänomenal! Es sollte schlimmer kommen, als gedacht!

Your GPS is out of order

Ich hatte also noch 20 Minuten Zeit, um eine 30-Minuten-Strecke zurückzulegen und düste los, bis ich vor unserer Dorfbahnschranke zu einem abrupten Halt kam. Mist! Warten zwecklos, also Wenden in 35 Zügen und ab über die Umgehungsstraße. Ich fuhr die Serpentinen ins dunkle Siebengebirge hinauf und versuchte meinen Puls in den Griff zu kriegen. Einzelne Schilder, die hier und da vor kreuzenden Wildscheinen warnten, trugen nicht gerade zu meiner Entspannung bei.

Rotkäppchen und die Vollsperrung

Oben angekommen ging es ab des Weges in die Büsche. Ich fühlte mich ein bisschen wie Rotkäppchen, das sich gleich dem bösen Wolf stellen muss, konnte aber auch nicht umhin, den glitzernden Sternenhimmel zwischen den Tannenwipfeln zu bewundern, der hier oben seinen Namen noch verdient. „Von draus vom Walde komme ich her…“ rezitierte ich, während ich den Anweisungen meines Navis folgte, nur um kurz darauf vor einer vollgesperrten Straße zu stranden.

„ÄÄÄÄhhhh!“ machte ich angesichts der rotweißen Blockade ohne Umleitungshinweis und der gnadenlos tickenden Uhr (noch fünf Minuten Zeit, um pünktlich zu kommen) und fuhr zurück auf die Landstraße. Direkt hinter einen riesigen Trecker, der genau das fuhr, was hinten angegeben war, nämlich 20. Während ich also in gefühlter Schrittgeschwindigkeit durch den Wald schneckte und überlegte, wann der Fuchs hier wohl dem Hasen gute Nacht sagt, meldete sich mein Handy wieder und bedeutet mir unmissverständlich „scharf links“ abzubiegen.

„Ah, eine Abkürzung“, frohlockte ich mit Blick auf das Schild ‚Landwirtschaftlicher Nutzweg‘ und fuhr (geistig) umnachtet in den Wald. Aus dem asphaltierten Weg wurde ein Schotterweg, aus dem Schotterweg ein Waldbodenweg. Die Bäume rückten näher, meine Scheinwerfer leuchteten keine zwei Meter ins undurchdringliche Dunkel. Gerade als ich anfing meine jüngsten Entscheidungen zu hinterfragen, tauchte rechter Hand ein Pferdehof mit ein paar funzeligen Gaslaternen auf. Nebelschwaden waberten um das große Haus herum. Ein Pferd mit kopflosem Reiter galoppierte an mir vorbei. (Vielleicht habe ich mir letzteres auch nur eingebildet)

Das Ende

Jedenfalls tat ich in dem Moment das einzige, was ein vernünftiger Mensch tun würde: Aufs Gas und ab, tiefer in den Wald. Weit kam ich nicht mehr. In dem Moment als das Navi „Scharf rechts abbiegen“, sagte, musste ich feststellen, dass die Reise zu Ende war: Der Weg mündete in eine marode Holzbrücke – für Fußgänger. Der Waldweg war hier fast nur noch ein Pfad. Keine Wendemöglichkeit! Panisch wollte ich meinen Mann anrufen, um ein Wehklagen anzustimmen und ihn dazu zu bringen, sich mit seinem GPS-Gerät ins Taxi zu setzen und mich zu holen. Allein, ich hatte kein Netz.

Im Düsterwald

 

Um mich herum nur Dunkelheit und absolute Stille. Obwohl, was waren das für Geräusche… Kennt jemand Blair Witch Project? „ARGH!!! Warum habe ich mir diese Filme jemals angesehen???“, schrie ich mich selbst an, legte den Rückwärtsgang ein und trat die Flucht nach hinten an. Leute, ich habe es geschafft, aus diesem Wald rauszukommen, ohne vom kopflosen Reiter gekillt oder von der Hexe in den Wahnsinn getrieben zu werden und zwar ab dem Moment, als ich auf
meinen inneren Kompass
gehört habe und nicht mehr aufs Navi.

Beim Rausfahren habe ich noch beinahe Fuchs und Hase umgenietet, die auf dem Weg eine Polka tanzten. „Ey, ihr Viehzeugs, ihr sollt schlafen“, rief ich, ganz Muttertier. Schweißgebadet kam ich keine zwei Minuten später bei der Nähstube an. Die Navi-App, sie heißt übrigens Scout, hatte noch die Stirn zu fragen „Wie war ich?“ Seitdem ist ein Kratzer im Display. Aber nur ein kleiner.

PS: Weniger Glück hatte übrigens ein LKW-Fahrer, der dieser Tage gar nicht weit entfernt in die gleiche Situation geriet: http://www.general-anzeiger-bonn.de/region/rhein-sieg-kreis/ruppichteroth/Laster-steckt-im-Wald-fest-article1592892.html
Wenn der Postmann täglich klingelt

Wenn der Postmann täglich klingelt

Weihnachtszeit, Paketezeit. Vor allem, wenn man mehr am Rand vom Rand wohnt und die sieben Kilometer bis zur Innenstadt dank Kleinkind in der Trotzphase unüberwindlich erscheinen. Was aber tun, mit den vielen, vielen Kartons, die sich nach einer vorweihnachtlichen Geschenke-Order-Aktion in der Ecke stapeln…

Es gibt da diese Theorie: Ein zerbrochenes Fenster, das längere Zeit nicht ersetzt wird, kann dazu führen, dass die gesamte Nachbarschaft verkommt. So ähnlich läuft das auch in unserer Wohnung ab. Es
gibt den Zustand „picobello“. Der ist Dienstagsmittags, nachdem unsere Perle das Haus verlassen hat. Ich habe morgens aufgeräumt, sie hat der bescheidenen Hütte Glanz verliehen!
Und dann braucht es nur eine klitzekleine Chaosecke. Dinge, die nicht da sind, wo sie hingehören: Zwei Schrauben liegen noch auf der Fensterbank, weil ich nicht wusste, wo sie herkommen. Der Brotkorb ist mit dem
falschen Tuch abgedeckt oder das Quietsche-Entchen steht noch vom abendlichen Bad auf dem Wannenrand. Und schon vermüllt die ganze Wohnung. Wenn mein Mann nach Hause kommt, kann er nicht mehr erkennen, dass unsere Perle überhaupt da gewesen ist. Meine Tochter und ich haben dann schon ganze Arbeit geleistet.
Vor Geburtstagen und vor allem vor Weihnachten spitzt sich das Problem zu. Denn wir bekommen Post. Viel Post! Große Pakete! Die Herren von Versand und Co laden uns schon zu ihrem Geburtstag ein oder erzählen uns von ihren Rückenproblemen, so gut kennen wir uns mittlerweile… Naja, vielleicht machen sie uns auch nur für letztere verantwortlich.
 
Weihnachtsshopping
Aber wir wohnen eben nicht in der Bonner Fußgängerzone, sondern quasi am Rand vom Rand. Es gibt Supermärkte und Drogerien, Bäcker, Schneider und Floristen, aber es gibt keinen Spielwarenladen, keine Modehäuser und keine Fastfood-Restaurants. Letzteres hat damit eigentlich nichts zu tun,
stößt aber meinem Mann immer wieder auf. Kaufhof ist Luftlinie nur siebeneinhalb Kilometer entfernt. In der Realität aber liegen unzählige logistische und
organisatorische Meilen zwischen mir und dem Weihnachtsshopping.
Also bewege ich mich gar nicht – das kann ich ja ohnehin am besten – und bestelle alles, was es zu bestellen gibt online. Ich meine, Weihnachtsmann und Christkind bringen die Sachen doch auch ins Haus. Da war nie die Rede von schwitzenden Menschenmassen, die sich – viel zu warm angezogen – bepackt,
rempelnd und mit den Nerven am Ende durchs Kaufhaus schieben, um den Wunschzettel abzuarbeiten. Und das sind nur die OHNE zeterndes Kleinkind an den Haxen. No thanks!
Aber zurück zu unserer Wohnung. Wenn zwei Schrauben ausreichen, um aus einem ordentlichen Heim ein Dickicht zu machen, durch das man sich den Weg nur noch mühsam bahnen kann, ist der Effekt von Pappkartons naheliegend. Und wir sprechen hier von vielen Pappkartons. In einer Ecke gestapelt – herausquellendes Füllmaterial, Werbeprospekte und Lieferscheine
noch nicht mitgerechnet – blockieren sie etwa fünf Prozent unserer Wohnfläche und die nächste Altpapierabfuhr ist erst in einem Monat. Unverantwortlich sowas.
 
Idee!!!
Jetzt verstehe ich natürlich, dass sich manchmal eine gewisse Kartongröße nicht vermeiden lässt. Zum Beispiel – äh – bei einem Paravent. Warum aber Pakete hier ankommen, die mindestens eine Mikrowelle vermuten lassen, sich dann aber als Transportkäfig für zwei zentimeterhohe Tierfigürchen erweisen, erschließt sich nicht auf den ersten Blick. Vielleicht kann mich jemand erhellen.
Jedenfalls habe ich mir überlegt, dass ich – auch um mein schlechtes Gewissen in Sachen Papierverbrauch zu beruhigen – die diversen Kartons einer sinnvollen Aufgabe zuführen werde. Meine 38 Weihnachtsdeko-Zeitschriften sagen seit letztem Jahr einhellig das Gleiche: Baut Euch Weihnachtsbäume! Aus Streichhölzern und Ästen, aus Bildern, die pyramidenartig an der Wand hängen, aus Lebkuchen und Büchern. Warum als nicht auch aus Kartons??? Et viola!

 

Na dann „Gute Nacht!“

Na dann „Gute Nacht!“

Meine Tochter fragt mich jeden Tag, ob wir einen Schneemann bauen und ich zeige jeden Tag aus dem Fenster ins nasskalte Grau und sage ihr, dass da was Wesentliches fehlt. Trotzdem ist es nachts schon kalt und weil meine kleine lebende Wärmflasche nun die erste Hälfte der Nacht im eigenen Bett schläft, brauche ich Mr. Biber und Mrs. Flanell!!!

Gute Nacht!!
 
Brrrr – es wird Winter. Meine Tochter fragt mich jeden Tag, ob wir einen Schneemann bauen und ich zeige jeden Tag aus dem Fenster ins nasskalte Grau und sage ihr, dass da was Wesentliches fehlt. Die Temperaturen geben sich aber schon Mühe. Vor allem nachts: drei Grad. Mein Mann behilft sich mit zwei Überdecken und ich mir mit meiner lebendigen dreijährigen Wärmflasche.
Da diese aber seit ein paar Wochen immerhin die erste Hälfte der Nacht im eigenen Bett verbringt (etwas kurzsichtig von uns, sie gerade im Spätherbst aus dem Elternbett auszuquartieren), liege ich da abends bibbrig und zittrig unter etwas, dass sich Ganzjahres-Bettdecke schimpft. Ja, vielleicht für die Kanaren…
Da dieses Daunendings mit optimalen Isolations-Eigenschaften, aber noch ziemlich neu ist, muss ich da jetzt mindestens noch eine Saison durch, bis sich das Ganze amortisiert hat. Vor Heizdecken habe ich Angst und mir jeden Abend eine Wärmflasche zu machen ist mir zu aufwendig. Also liege ich mit Kuschelsocken, Skiunterwäsche, Flanellschlafanzug und Schal in Kältestarre unter meiner Denke. Nur um dann ab etwa 3 Uhr, wenn meine Tochter das Bett entert, an Überhitzung einzugehen.
 
Größere und kleiner Schwierigkeiten
Da hilft nur eines. Wenn es die Decke nicht bringt, dann muss wenigstens kuschelige, warme, weiche Bettwäsche her. Biber oder Flanell! Jawohl! Und zwar ein Set für beide Elternbetten. Natürlich gibt es dabei, wie nicht anders zu erwarten war, einige Schwierigkeiten. Erstens: Mein Mann ist groß. Sehr groß. Ergo hat er auch eine Decke in Komfortgröße und seine Füße schauen trotzdem noch unten raus. Ich dagegen bin, wie in fast allem, mehr so Durchschnitt und habe eine Standard-Decke. Macht die Sache mit dem Set also schon mal schwieriger.
Die viel relevantere Schwierigkeit ist jedoch die, sich auf ein Design zu einigen. Denn hey, wenn wir uns schon gemeinsame neue Bettwäsche leisten, sollten wir sie auch zusammen aussuchen. Also ran an den Laptop und mal geguckt, was es so gibt auf dem Markt. Es fängt ja schon bei der Farbe an. Mein Mann steht auf Männerfarben. Also schwarz, grau, braun und „zur Not auch weiß“. Bin ich hier im Krankenhaus, oder was?
Ich stehe dagegen auf ganz normale Farben, also pink, rosa, lila, türkis. „Pink, rosa und lila sticht sich mit deinen roten Haaren“, stichelt mein Mann und kommt sich sehr schlau vor. Aber ha, genau da wollte ich
ihn hin haben. „Also türkis“, jubiliere ich. „Mit gelb könnte ich mich anfreunden“, ignoriert mich mein Mann und googelt nach BVB-Bettwäsche. „Niemals!“ bestimme ich und gebe Pip Studio ein.
 
Mit den Royales ins Bett?
So geht es weiter. Flanell-Wendebettwäsche „French Vintage“, mit türkisen Punkten und Rosenmuster gegen „Walking Dead“ Bettwäsche mit Zombieapokalypse-Motiv. Bunte Blüten, Streifen, Punkte, Elche und Eulen gegen Metallica, Star Wars und Simpsons. Ich glaube, mein Mann will mich ärgern, denn zwischendurch sagt er immer wieder: „Einfach grau ginge auch!“ Pah!
Ich muss allerdings zugeben, es ist sehr erhellend zu sehen, was der Bettwäschedesign-Markt so hergibt:  Das Tablet-Muster inklusive Apps oder die fotoechte Currywurst mit Pommes, Pizza Salami und – ja – sogar eine Tafel Schokolade. In alledem soll man schlafen. Für letztere hätte ich mich erwärmen können, braun hin oder her. Beliebt sind auch Prints, die erst mit dem Schlafenden zu einem Gesamtbild verschmelzen. Etwa von Kate und Williams (bekleideten) Körpern, die man nur noch mit dem eigenen Kopf auf dem Kissen ergänzen muss.
Je kurioser die Designs, desto mehr sind mein Mann und ich wieder einer Meinung: „Nein, nein und nein!“ Das schweißt wirklich zusammen, muss ich sagen. Am Ende finden wir einen Kompromiss, mit dem wir beide
glücklich sind: Biberbettwäsche in grau mit weißen Sternen! Passt zum Shabby-, Vintage- und Landhausstil. Gibt es in mehreren Größen UND ich habe bereits eine Kuscheldecke im gleichen Stil. Somit ist die eheliche Harmonie wieder hergestellt…
Ach ja, und damit meine Tochter nicht leer ausgeht, bestelle ich ihr Bettwäsche für Kinder: Mit Blümchen und türkisen Punkten drauf.

 

Die Girlande

Die Girlande

So ein Kinderzimmer braucht ja ein Motto, findet ihr nicht?! Prinzessin, Pirat, Dschungel, Müllhalde. Na gut letzteres ist eher die Zustandsbeschreibung. Jedenfalls dachte ich mir vor der Geburt unserer Maus: Grün beruhigt, ist nicht so typisch Junge oder Mädchen und außerdem haben wir kein Haustier und wohnen nicht im Wald, da kann man ja wenigstens in der Raumgestaltung die heimische Flora und Fauna einbeziehen.

Also malte ich noch unter Wehen einen raumhohen Baum an die Wand und setzte drei Eulen aus Tonpapier in die Äste. Ein Jahr lang hatte ich Vogelhäuschen gesammelt und verteilte sie nun großzügig in allen Ecken. Eine Lampe mit Bienenfotoprint, Vorhänge mit Gemüse drauf und natürlich Kuscheltiere satt. Fertig war der Gartenraum.

Das alles geschah, bevor ich wusste, dass unsere Tochter das Kinderzimmer vor ihrem dritten Lebensjahr gar nicht beziehen würde. Das Spielzeug stand vor allem im Wohnzimmer, geschlafen hat sie bekanntermaßen im Elternschlafzimmer. Aber gewickelt haben wir sie im Kinderzimmer!! Ha! Und dabei durfte sie immer auf ein Käfer-Mobile gucken! (Was sie nie gemacht hat, weil sie zu sehr damit beschäftigt war, zu zappeln und zu treten…)

Ein Bett mit Ranke

In einer der vielen Motivationsphasen zum Thema Schlaf kauften wir ihr ein wunderschönes Gitterbett, das die Oma mit viel Liebe weiß einpinselte. Bei Dawanda bestellte ich mir handgeklöppelte Buchstabensticker und klebte ihren Namen auf. Und dann suchte ich lange nach einem passenden Flora-Accessoire und fand endlich DIE eine Blumengirlande aus Stoff von Haba! Ich knotete sie sorgfältigst um die Gitterstäbe, um jede Strangulationsgefahr zu bannen. Dass der Betthimmel von IKEA ein Jahr später aus genau diesem Grund zurückgerufen werden sollte, wusste ich damals ja noch nicht.

Als das quasi ungenutzte Bett irgendwann auch in der Theorie zu klein wurde (bzw. mein Mann und ich es leid waren, auf der Matratze davor zu campieren) wanderte es in den Keller und die Blumengirlande suchte ein neues Zuhause.

Jetzt ist mein Mann nicht unbedingt der Typ, der sich über eine Blumengirlande an der Wohnzimmerlampe freut. Auch nicht am Badezimmerregal, über den Kühlschrank drapiert oder am Spiegel im Flur. Sooo leicht gebe ich allerdings auch nicht auf. Und am Ende landete sie um einige Äste gewickelt an der Kinderzimmertür. Gut damit eigentlich in der Küche, aber sie ersetzte eine glitzernde Lillifee-Girlande und damit hatte ich meinen Mann.

Das Schmuckstück

Da hing sie nun also unbescholten für mindestens sechs Monate rum. Mein Mann bückte sich klaglos darunter hinweg und hatte sich bald daran gewöhnt, nicht mehr hocherhobenen Hauptes durch die Wohnung gehen zu können. Für jemanden, der fast zwei Meter misst, ist das ja auch eher eine Grundsatzerfahrung…

Der Durchbruch

Ja, und dann kam der Tag, an dem meine Tochter sich überreden ließ, endlich ins Kinderzimmer zu ziehen und dort auch nach einigen Anläufen alleine im eigenen Bett einzuschlafen. Jetzt ist es ja so, dass Kinder im Halbdunkeln eine blühende Fantasie entwickeln. Als erstes verschwanden die Eulen vom Baum. „Die starren mich so an!!“ Wenn man schon sieben Mal vom Sofa aufgesprungen und ins Kinderzimmer gehetzt ist, um das Kind zu beruhigen, wird man in solchen Dingen weich. Ich hätte wahrscheinlich auch die Vorhänge abgehängt, das Bett um 90 Grad gedreht oder die Dielen rausgerissen, wenn sie es verlangt hätte…

Und dann kam der Abend, an dem ich später nach Hause kam und die Äste mitsamt der Girlande in der Wohnzimmerecke vorfand. „Deine Tochter hatte Angst vor dem Ding“, sagte mein Mann gelassen. „Da hab ich es runtergenommen. Dabei sind leider auch die Nägel mit aus der Wand gerissen…“ Ich sagte nichts, dachte mir meinen Teil und hängte am nächsten Vormittag alles wieder an seinen Platz.

Die Rechnung hatte ich jedoch ohne meine Tochter gemacht. Ehrlich gesagt, dachte ich, sie hätte gar nichts mit dem Vorgang zu tun. Als sie jedoch am Samstagvormittag in ihrem Zimmer spielte, hörte ich auf einmal Gejammer. Mein Mann ging hin und kam grinsend mit der Info zurück: „Die Maus möchte die Girlande nicht mehr an der Tür haben, sie hat Angst davor.“ „Was hast du ihr erzählt??“, fragte ich. „Gar nichts!“, verteidigte sich mein Mann. Und während wir noch in die Küche standen und diskutierten, beschloss die Maus, die Sache selbst in die Hand zu nehmen:

Schuhlöffel im Hausflur organisieren und feststellen: Es reicht nicht!
Wanne hinzuziehen und feststellen: Es reicht immer noch nicht!
Holztritt aus dem Wohnzimmer in die Küche schieben. Dabei einen Höllenlärm machen. Feststellen: Es reicht!!
Girlande mit Nagel aus der Wand reißen. Eltern sprachlos machen. Sich diebisch freuen!

PS: Ich habe das Ensemble der Einfachheit halber jetzt hinter den PC-Bildschirm meines Mannes geklemmt. Nicht schön, aber wenigstens sticht sich so niemand ein Auge aus…

Die gegen das Chaos verliert

Die gegen das Chaos verliert

Ich räume gerne auf. Vorrangig deshalb, weil ich mir damit die uneingeschränkte Anerkennung meines Mannes erwerbe (anders als beim Kochen). „Wow, das ging ja wieder blitzschnell“, sagt er begeistert, wenn er leergefegte Böden, Tische, Regale, Türklinken und Gardinenstangen (wieso hing da ein Kinderkleid meiner Mutter aus den 50er Jahren?!) bewundert.

Und Bewunderung (m)eines Mannes ist ein seltenes Gut, für eine gestresste Mutter-Schrägstrich-Selbständige Ende 30, die Schokolade einfach lieber mag, als diese grandiose diätische Kohlsuppe und deren einziger Sport sich auf den morgendlichen Ringkampf mit der Tochter beim Strumpfhose anziehen beschränkt (Minus 500 Kalorien – mindestens). Dummerweise muss ich danach Schokolade essen, um wieder Energie für den Tag zu tanken, der vor mir liegt…
Erstaunliche Schätze

Die Kehrseite meiner Schnelligkeit beim Aufräumen ist übrigens, dass ich mich leider immer nur daran erinnern kann, von wo ich etwas weggeräumt habe, aber nicht wohin. An dieser Stelle hört die Anerkennung meines Mannes dann auch abrupt auf. „Schaahaaaatz! Wo hast du mein D-Link DUB-H7 HUB USB hingeräumt?“ – „Ich?? Ich weiß noch nicht mal, was das ist!“   

Meistens war ich es dann doch und die Suche beginnt. Dabei trifft man auf erstaunliche Schätze. Da sind zum Beispiel sämtliche Einrichtungszeitschriften, derer ich seit 2003 habhaft werden konnte. Die kann
ich doch nicht wegschmeißen! Die muss ich alle nochmal lesen, am liebsten gleich… Oder alle Ausgaben der Elternzeitschrift, seit meine Eltern mir 2011 das Abo geschenkt haben. Oh, da ist noch eine mit Versandfolie drum – Dezember 2013… Leergut verteilt sich über Küche, Wohnzimmer und Arbeitszimmer. Kleidungsstücke unterschiedlicher Frische über die anderen Räume. Außerdem Bücher, die ich mal gelesen habe. Es verbietet sich, die ins Altpapier zu schmeißen, aber die AWO-Sozialstelle gegenüber nimmt nur einmal in der Woche an und irgendwie verpasse ich den Termin seit zwei Jahren. Dann Schuhe,
die ich nur einmal anhatte, weil sie Blasen machen – aber hej, die sind ja quasi neu, sogar das Etikett klebt noch drunter und meine Füße wachsen doch nicht mehr, anders als mein Hintern. Aber die jetzt zu den Altkleidern geben? Ich weiß nicht.
Vier Käsereiben und ein Eichhörnchen

So geht es munter weiter. „Schatz, du hast schon wieder eine Käsereibe gekauft!“ – „Ja, ich weiß, aber die anderen drei waren nix.“ – „Und warum hängen die dann noch alle hier rum?“ Na, weil sie neu sind – irgendwie. Und ich es nicht geschafft habe, sie rechtzeitig umzutauschen und ich mich nicht traue, bei der nächsten Einladung zum Dinner mit einer – noch nicht mal guten – Käsereibe als Gastgeschenk aufzutauchen. Meine Tochter ist auch nicht gerade hilfreich. Geschenke interessieren sie ja eher peripher. Aber von Spaziergängen müssen immer Stöcke, Eicheln, Kastanien und was sie sonst noch so findet mitgebracht werden. Die fliegen dann in der Wohnung rum. Eine Nacht habe ich ganz schlecht geschlafen, nur um festzustellen, dass sie eine Haselnuss unter dem Spannbetttuch gebunkert hatte. Ist sie ein Eichhörnchen, oder was?
Meine Lösung für dieses massive Überangebot an Zeug ist seit Jahren dieselbe. Ich kaufe einen neuen Schrank, ein neues Regal, Betten mit
Schubladen – egal, Hauptsache Stauraum! „Wir brauchen noch ein Expedit-Regal“, informiere ich meinen Mann. Wusstet ihr, dass Expedit jetzt Kallax heißt? So
wie Raider plötzlich Twix hieß oder Premiere Sky… Seltsam! Mein Mann jedenfalls rauft sich die Haare. „Wo soll das denn noch hin??“ – „Also, wenn wir den Schreibtisch aus dem Wohnzimmer entfernen und das Regal aus dem Arbeitszimmer ins Wohnzimmer stellen, dann haben wir da wieder Platz…“ – „Nein haben wir nicht! Ich weiß schon nicht mehr, welche Farbe die Tapete im Arbeitszimmer hat.“ Auch wieder wahr. Ich glaube, sie war weiß… „Und wo willst du überhaupt den Schreibtisch hinstellen?“ – „Na, in der Keller, bis wir wieder mehr Platz haben…“ Bevor sein anschließender Lachanfall noch weiter ins Hysterische abgleitet, lasse ich das Thema erst mal fallen.
Wirklich!

Ihr habt mir schon mit vielen Tipps in Sachen Baby-Spinnen-Invasion geholfen (die Kleinen sind übrigens wieder da, machen sich prächtig und wir
leben eine zufriedene Co-Existenz im Schlafzimmer). Wenn ihr also Ideen oder Erfahrungen mit diesem Chaos-Thema habt, bitte her damit. Oder, wenn ihr was
braucht!  Oder jemanden kennt, der was braucht. Vielleicht einen Schreibtisch oder quasi neue Schuhe in Größe 40 oder Käsereiben! Sagt einfach Bescheid und wir gucken, was wir für euch tun können.

Kleine ernstgemeinte Anmerkung
Ich schreibe in meinem anderen Leben immer wieder Artikel
über Armut in Deutschland und weltweit, deshalb ist es umso krasser, sich
bewusst zu machen, in welchem Überfluss man lebt. Trotzdem höre ich von vielen
Ansprechpartnern aus dem sozialen Bereich und der Entwicklungshilfe: „Bloß
keine Sachspenden mehr. Wir werden damit zugemüllt.“ Schlau wäre, erst gar
nicht so viel anzuschaffen, zu erben, sich schenken zu lassen. Aber auch wenn
man reduziert, sammelt sich ja trotzdem vieles an, was sich nicht zu verkaufen lohnt oder was man nicht weggeben/wegschmeißen will. Wie geht ihr damit um?