Jan. 27, 2015 | Alltagschaos
…sind definitiv mehr als drei. Jedenfalls, was die Geschichte unseres 24-Stunden-Chaos angeht. Man könnte jetzt schwächeln, aber es muss ja weitergehen. Schließlich ist erst halb drei. Also nun der dritte Teil und wer uns bis jetzt entschuldigt hat, wird spätestens hier merken: Wir haben wirklich ernstzunehmende Probleme.
Es gibt Regeln, die hören sich so einfach an und doch bringen sie mich, die so gerne regelkonform leben möchte muss irgendwas mit meiner Sauberkeitserziehung zu tun haben manchmal – oder auch täglich – an meine Grenzen. Es geht um diesen handgeschriebenen Zettel, der da so unschuldig im Kita-Flur rumhängt: „Liebe Eltern! Wir möchten Sie freundlich bitten, die Kita bis 14:30 Uhr verlassen zu haben, damit wir uns ungestört den Nachmittags-Kindern widmen können.“
 |
Mein Sargnagel |
So weit, so einleuchtend und für viele Eltern offensichtlich spielend machbar. Für mich und vier weitere Mitstreiterinnen, die jeden Mittag krebsrot und zerzaust in der Kita antraben und ihre Kinder fluchend vom Gelände zerren, eher von der Kategorie „was das Leben so schwer macht“. Vor allem im Winter, wenn man den empfohlenen Zwiebellook ernst nimmt. Vor allem, wenn das Kind einem 25 Seiten handbemaltes Druckerpapier in die Hand drückt, das „weder geknickt, noch gerollt“ werden darf. Und vor allem, wenn es dazu noch die drei Bälle mitnehmen will, die es im Laufe der Woche mit in die Kita geschleppt hat.
Zwischen 14:28 Uhr und – wenn es echt gut läuft – 14:30 Uhr steigt daher der Stresspegel im Kita-Flur sekündlich an. „Mama von der Mauhaus! Kannst du uns bitte mal durchlassen“, piepst es hinter mir, während ich auf dem Boden kniend meiner Tochter das zweite Paar Socken überstreife und dabei den Weg zum Waschraum versperre. „Du hast mein Bild geknickt“, heult die Maus, während ich mich irgendwo Halt suchend ächzend aufrappele, um sechs Nachmittags-Kinder durchzulassen, die sich vor dem ‚Kaffestündchen‘ noch die Hände waschen sollen.
An unserem besagten Donnerstagnachmittag verschärft sich die Lage noch auf unvorhergesehene Weise, denn ich muss mich in die Reservierungsliste für den Kita-Frühlingsflohmarkt eintragen und finde keinen Stift. Die Uhr tickt unbarmherzig weiter, während ich hektisch meinen offensichtlich bodenlosen Rucksack durchforste und sich dabei eine Packung mit Himbeeren öffnet. Weiches magentafarbenes Monsterflecken-Potential ergießt sich in meine Tasche und auf den Kita-Flur. Oh Mann, ich wusste gleich, ich hätte im Winter kein Sommerbeeren kaufen sollen. Jetzt habe ich den Salat.
 |
Himbeer-Alarm |
Meine Tochter beobachtet das Geschehen mitfühlend und feuert mich leise an, während ich nun gaaaanz vorsichtig meine Tasche ausräume. Was da alles rauskommt: Allen voran rette ich mein geliebtes Pip Studio-Portemonaie, das mir mein Mann zum 35sten geschenkt hat. Es folgen zwei Kinderschlüpper, eine Leggins, mein Taschenkalender, fünf fusselige Hustenbonbons, zwei Ibuprofen, drei Quittungen, eine Eintrittskarte für das Naturkundemuseum, ein Weihnachts-Rubbellos mit einem Gewinn von 1 Euro (ach, da war das) und drei Pixibücher. Dazu Taschentücher, Haargummis, ein Regenschirm und KEIN Stift. Dafür natürlich viele, viele dankenswerterweise unbeschädigte Himbeeren.
„Mama im Schirm steckt noch was Rotes“, kommt der hilfreiche Hinweis meiner Tochter, als ich alles wieder einräume. Mist! Und der Ärmel meiner Daunenjacke hat auch was abbekommen. Egal! Nur raus hier! Ich sammele unsere 700 Sachen und marschiere hoch erhobenen Hauptes im Stechschritt vor meiner Tochter her in die Wintersonne hinaus! Kaum ist die Kita-Tür hinter uns ins Schloss gefallen nutzt sie den Moment, um sich in ihren nachmittäglichen, erschöpfungsbedingten Unterzuckerungs-Heulkrampf hineinzusteigern. Normalerweise schaffen wir es vorher nach Hause.
Es ist diese Art Anfall, der gestylte Geschäftsfrauen die Augenbrauen hochziehen und
vorbeijoggende Silver-Ager verschreckt das Handy zücken lässt, um vorsorglich einen Anruf beim Jugendamt zu tätigen. Mein Kind steht in einer Pfütze, während ich weitergehe: „Maaaamaaaaa! Lass mich nicht alleeeeeiiiiin!“ Ich greife nach ihrer Hand: „Aaaaaauuuuuuaaaaaa!“ Meine Geduld ist am Ende und ich schnauze pädagogisch wertvoll: „Hör jetzt auf mit dem Theater“ So sanft wie möglich ziehe ich sie mit mir, denn ich weiß, das Heil liegt nur 150 Meter entfernt und hört auf den Namen: Nachmittags-Kakao.
 |
Maus allein in der Pfütze |
Irgendwie schaffen wir es unbehelligt bis in den Hausflur, wo sich die letzten Ressourcen der Maus schlagartig in Luft auflösen. „Trag mich die Treppe hoch!“ Ein Blick auf ihre schlammigen Gummistiefel und ich verwerfe den Ansatz ‚Um-des-lieben-Frieden-willens‘ zugunsten von: „Komm, das schaffst du noch. Wer zuerst oben ist, hat gewonnen.“ Aus dem Wettrennen wird dann eher ein halb zog sie sie, halb sank sie hin, aber irgendwann stehen wir vor der Wohnungtür.
Zwischen uns und dem ‚Kakao der Ruhe und des Seelenfriedens‘ liegt jetzt nur noch eine entscheidende Hürde: das Hände waschen. Ja, und das Ausziehen, aber das ist nicht das Problem. Sobald Mäuschen die Wohnung betritt, spritzen in Nanosekundenschnelle 35 Oberbekleidungsstücke nebst schlammigen Stiefeln in allen Richtungen von meinem Kind ab. Ein Ritual, das sie jedoch seit eineinhalb Jahren in Frage stellt, ist das Händewaschen nach der Kita, BEVOR sie diese multiresistenten kleinen Kita-Bazillen auf dem Sofa, ihren Spielsachen und dem Küchentisch verteilt. Da werde ich schon mal hektisch…
 |
1-Quadratmeter-WC |
Nach monatelangem Hinterherhechten, gut zureden, hysterisch ankeifen, sperre ich uns mittlerweile so lange im 1-Quadratmeter-Gäste-WC ein, bis sie die kleinen Teufelchen den Abfluss runtergespült hat. Das werden dann schon mal lange 20 Minuten. Aber hey, es muss doch auch Regeln geben. Ich erwäge, den Raum mit Comics zu tapezieren, das habe ich schon mal irgendwo gesehen. Dann wird die Zeit nicht so lang, während ich zwischen Tochter, Kloschüssel und Mini-Waschbecken auf einem Bein balanciere.
Pünktlich um drei sitzt die Maus dann sauber und immer noch unterzuckert am Küchentisch und erwartet bebend ihren Nachmittags-Kakao. Milch ins Glas. Glas in die Mikrowelle. Pulver und Löffelchen reichen. Die Maus füllt das Pulver ein, ich muss rühren. Die Struktur muss schließlich gewahrt werden, wir haben hier ein Jungfrau-Kind. Dann geht es weiter: „ZU WARM!!!“ Soll heißen zu kalt. Ich stelle den Kakao nochmal in die Mikrowelle. „Jetzt ist er zu KAAALLLT!“ Soll heißen zu warm. Das muss man wissen. Pusten und rühren…
Mittlerweile ist das Kind kaum noch in der Lage, das Glas zu heben. Mit ein wenig Zureden und Hilfestellung setzt sie es irgendwann doch an die zitternden Lippen und haut das Zeug in einem Zug runter. Sofort kehrt Entspannung ein. Jetzt ist sie bereit für etwas, dass sich „Chilli, Chilli“ nennt und ihr Bett, 17 Kuscheltiere, ebenso viele Bücher und eine Weihnachts-CD beinhaltet. Oder wahlweise die Couch, eine Kuscheldecke, den „Grüffelo“ und meine Wenigkeit, die ihn gefühlte 23 Mal hintereinander vorträgt. In diesem Fall entscheiden wir uns einhellig für ersteres, denn in einer halben Stunde steht der Besuch auf der Matte und hier sieht es schon wieder aus…
An dieser Stelle, wollte ich ja eigentlich schon durch sein, mit unserem 24-Stunden-Tag. Aber es ist gerade mal eine Stunde vergangen. Wenn das so weitergeht, muss ich wohl doch ein Buch draus machen… Oder ich gönne uns noch ein oder zwei Posts. Mutige folgt mir!! Alle anderen: Stoßt bitte übernächste Woche wieder zu uns.
Jan. 22, 2015 | Alltagschaos
Welcome back – im 24-Stunden-Chaos der Nachbarin und ihrer Familie. Auf in die zweite Runde!
Ich hetzte also aus der Turnhalle raus, um meinen angefressenen Göttergatten noch zu sehen und zwei Minuten deeskalierende Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg zu betreiben, bevor er um 8 Uhr 25 das Haus endgültig verlässt. Leider lässt mich meine bekanntermaßen unterirdische Kondition im Stich, während ich so mit leerem Buggy vor mir die Straße entlanghechele und versuche, dabei einen Rest an Würde zu bewahren. Um 8 Uhr 28 erreiche ich die Haustür. Zu spät.
 |
(De-)eskalation per Chat |
Aber ha, wofür gibt es Whatsapp. Ich texte so ein bisschen rum und hoffe, während ich so vor mich hin transpiriere und meinem rasenden Puls lausche, dass das jetzt deeskalierend genug war. –>
Die Handyuhr zeigt 8 Uhr 30 ein Viertel und ich habe noch genau eine halbe Stunde Zeit für den Haushalt, bevor ich arbeiten muss.
Was ich – by the way – nicht hasse, ist mein Homeoffice, auch wenn es aussieht, wie eine Abstellkammer mit Schreibtisch drin. Also genau genommen ist es eine Abstellkammer mit Schreibtisch drin. Aber ich liebe sie, denn sie erlässt es mir, mich morgens in eine Straßenbahn stellen zu müssen, in der Umfallen garantiert unmöglich ist oder mein Auto in den Stau. Im schlimmsten Fall erlässt sie mir auch das Duschen, Schminken und Haare kämmen. Gut, dass die Videotelefonie noch nicht so verbreitet ist…
 |
Mistiger Duplostein |
Also Haushalt. Die Wohnung sieht aus wie immer nach der morgendlichen Schlacht. Kinderbücher, Malsachen und „Ahhhh!“ – ich habe diesen mistigen Duplostein gefunden, den Töchterlein gestern gesucht hat. Krümel, buttriges Besteck und wellige Goudascheiben auf der Anrichte. Ein einsames leeres Kakaoglas mit Strohhalm auf dem Tisch. Betten ungemacht, Zimmer ungelüftet, die Kuscheldecke auf dem Boden vor dem Sofa. Mülleimer quellen über, die Schmutzwäschetruhe auch…
Also, mache ich erstmal das Naheliegendste: Ich gehe duschen! Unter der Dusche kann ich am besten nachdenken. Also, genauer gesagt komme ich AUSSCHLIESSLICH unter der Dusche zum Nachdenken – wenn nicht gerade meine Tochter davor sitzt und mir Fragen zur Fortpflanzung stellt. Offenbar gerade ein beliebtes Thema bei den Kids. Im Kindergarten werden derzeit täglich Puppen entbunden.
Ich drehe das Wasser auf extraheiß und meine Gedanken führen mich zu einer guten Freundin, die mir gerade das Folgende geschrieben hat: „Heute morgen mit zwei Kindern, einem Hund, einem Kinderwagen und einem Fahrrad mit Stützrädern im Bus in den Nachbarort zum Schuster gefahren. Hat gut geklappt!“ Es ist wahr, jeder Mensch hat einen anderen Stresslevel, denke ich bewundernd, während ich versuche, ohne Brille durch den Wasserdunst, die Badezimmeruhr zu entziffern! 8 Uhr 40 jetzt aber schnell. Zehn Minuten Entspannung müssen definitiv reichen.
 |
Neun Uhr |
Wie ich es in zwanzig Minuten schaffe, mich anzuziehen, Ordnung zu schaffen, die Spülmaschine aus- und dann wieder einzuräumen, die Anrichte abzuwischen, eine Fuhre Wäsche in den Waschkeller zu bringen und zwei Tüten Müll zur Tonne? Nennt mich einfach Turbo-Hausfrau und guckt bloß nicht IN die Schränke und UNTERS Sofa… Jedenfalls sitze ich um Punkt neun vor dem PC in meiner Abstellkammer. Vorher habe ich noch alle Fenster aufgerissen, um durchzulüften und den Timer auf zehn Minuten gestellt.
Ich will gerade Word öffnen, um mich auf ein Gespräch mit meinem Auftraggeber vorzubereiten, mit dem ich in einer halben Stunde einen Telefontermin habe, da stelle ich fest: Das Netz ist weg!!! Wenn es um die technischen Optimierungsleistungen meines Informatiker-Ehemanns geht, fühle ich mich in etwa so hilflos wie damals unsere schüchterne Sexualkunde-Lehrerin gegenüber 30 Pubertierenden. Ich weiß nur so viel: Wenn ich nicht ins Netz komme, komme ich auch nicht in mein Dokument…Ich atme tief ein und aus. Schließlich habe ich gerade geduscht und will meine mühsam erarbeitete Grundentspannung nicht gefährden.
Dann klicke ich tapfer auf Problembehandlung, nur um aufzugeben, als das böse Wort ‚Netzwerkfehler‘ aufpoppt. Wat is dat denn?? „Ich bin ein Zenbuddhist, ich bin ein Zenbuddhist, ich bin ein…“ Hektisch tippe ich auf meinem Handydisplay rum. Mein Mann hebt ab, hört sich mein – wirklich kurz gehaltenes – Lamento an und meint dann nur: „Oh sorry, hab den Stecker im Wohnzimmer hinterm Fernseher rausgezogen. Den musst du wieder einstecken.“ Grummelnd gehe ich ins Wohnzimmer, nur um festzustellen, dass ich den Timer nicht gehört habe und die Wohnung nun eiskalt gelüftet ist.
 |
Die Zeit rennt |
9 Uhr 15: Zitternd und mit blauen Lippen sitze ich wieder an meinem Arbeitsplatz und siehe da: das Netz werkt wieder. Der Telefonstecker steckt dankenswerterweise, wo er hingehört und so steht der Besprechung um halb zehn nichts mehr im Wege. Es folgen fünf E-Mails, 30 Minuten Internetrecherche, drei Anrufe – einer von meiner Mutter – und danach ein einstündiges Telefoninterview mit einem Familientherapeuten zum Thema überlastete Eltern. (Nein, es war keine private Therapiesitzung. Es war ein INTERVIEW!!)
Es ist 11 Uhr 25 und ich habe mich seit gut zwei Stunden nicht bewegt. Wenn ich Zeit hätte, könnte ich jetzt mal aufstehen und zwei Liter trinken. Damit ich die empfohlene Tagesdosis erreiche. Nur für den Fall, dass ich heute nicht mehr dazu komme. Aber leider, leider hab ich gleich noch ein Interview. Also esse ich stattdessen eine einzelne Erdnuss, die seit Weihnachten einsam zwischen leeren Gläsern, Timern, Stiften, Glitzersternen, Ü-Ei-Figürchen und Schreibblöcken auf meinem vorbildlich aufgeräumten Schreibtisch rumliegt. Dann lasse ich durchklingeln und … Nichts.
Stattdessen kommt eine Mail, mit der Bitte das Gespräch doch auf den Nachmittag zu verschieben. Jaaaa, der Nachmittag… Ist ja ein weiter Begriff so ein Nachmittag: nachmittags um halb zwei würde gehen. Nachmittags um halb sieben auch…. Dazwischen ist das so eine Sache, denke ich, und sehe mich schon einen Vorstandsvorsitzenden interviewen, während Töchterlein im Hintergrund ruft: „Mama, hast du auch ein Baby im Bauch?“ Nee, lass mal! Außerdem kriegen wir heute Besuch. Aber der Artikel muss am nächsten Tag raus. Ich raufe mir ein bisschen die Haare, verabrede dann einen Abendtermin und beschließe, am nächsten Morgen einfach früher aufzustehen.
Wenigstens kann ich die gewonnene Zeit jetzt dazu nutzen, andere Dinge auf meiner ToDo-Liste abzuhaken: Umsatzsteuervoranmeldung (was für eine Sch…trafe). Rechnung überweisen, Arzttermin für meinen Mann ausmachen (yeah, es klappt noch 2015). Entsprechend beflügelter Versuch, einen Arzttermin für mich auszumachen – mit darauffolgender Ernüchterung…
 |
Kühlschrank, leer |
Aushänge für den nächsten Kita-Flohmarkt aktualisieren. Zwei Stockwerke runterlaufen, um die Wäsche in den Trockner zu tun. Feststellen, dass ich vergessen habe, die Waschmaschine einzuschalten. Fürs Abendessen kochen. Feststellen, dass a) nichts mehr im Kühlschrank ist und ich b) schon wieder nichts getrunken habe und dass ich c) in 5, 4, 3, 2,1 das Haus verlassen muss, um noch zehn Hemden in die Reinigung zu bringen, zum Gemüsehändler zu gehen und meine Tochter pünktlich um halb drei vom Kindergarten abzuholen.
Was ich natürlich schaffe, weil ich es immer schaffe… Und weil ich eben doch rennen kann, wenn es darauf ankommt (ha, von wegen Bewegungsmangel!). Um 14 Uhr 28 stehe ich im Kindergarten. Zum zweiten Mal am Tag schweißgebadet und dazu hungrig und durstig… „Hallo mein Schatz“, flöte ich fröhlich. „Wie war dein Tag???“
Schön wär’s, wäre dieser Tag zu Ende. Mir jedenfalls würde so ein halber reichen. Dann ne Runde schlafen und dann ab ins Bett. Aber die Maus schläft vor neun Uhr abends nicht ein. Das heißt, es liegen noch sechseinhalb Stunden vor mir. Und vor Euch. Wenn Ihr mögt!
Jan. 13, 2015 | Mein Senf
So, das neue Jahr ist dreizehn Tage alt, die Nachbarin heute ganz genau ein Jahr (Happy Birthday, altes Haus!!!) Und ich fühle mich in der Tat etwa zwei Monate jünger, als noch beim letzten Post. Soll heißen statt Ende 47 mehr so Mitte 47. Das ist doch schon mal was!
Ob es an meiner Low-Carb-Diät liegt, bei der man alles Leckere weglässt und die ich seit sage und schreibe 12 Tagen durchhalte. Oder an dem Quentchen mehr Bewegung, die ich mir in letzter Zeit gegönnt habe (Schneemann bauen, Schlitten plus Pirelli-Tochter den Berg hoch ziehen). Oder aber doch an den drei Wochen Urlaub, die hinter mir liegen – ich weiß es nicht. Aber ich mache erst mal so weiter! Also, abgesehen
vom Urlaub. Seufz!
Die Nachrichten(p)lage
Was an meiner wundersamen Verjüngung sicherlich nicht schuld ist, ist die Nachrichtenlage, der ich mich ja – gemäß meiner guten
Vorsätze für 2015 – seit einigen Tagen widme. Ich weiß nicht, wie es Euch so geht, aber wenn ich dieses Jahr ein erstes graues Haar auf meinem Kopf finden sollte, liegt es sicherlich an dem, was da draußen so passiert.
 |
Paris |
Eigentlich gehe ich ja durchs Leben mit der Haltung: „Wenn‘s wirklich wichtig ist, wird es mich schon erreichen!“ So ganz stimmt das offensichtlich nicht, denn ich war dann doch überrascht: „Waaaas, die Insel Mayotte im Indischen Ozean ist jetzt Teil der EU?“ Andererseits, erreichte mich die Meldung vom Anschlag auf „Charlie Hebdo“ in der Lagerhalle eines
Baumarktes, wo gerade das Radio lief, als wir Laminat fürs Arbeitszimmer ins Auto luden. Also, mein Mann lud – ich musste ja Radio hören…
Nun ist die Nachbarin ja alles andere als politisch und positioniert sich höchstens bei Fragen wie: Minitulpen oder Traubenhyazinthen als Frühblüher in den Balkonkasten? (Beides) Bzw. Gemüsepfanne oder Buchweizen-Auflauf zum Abendessen? (Beides nicht). Aber auch ihr ist klar, dass es am 7. Januar um Dimensionen ging, die größer sind als Bleistift gegen Kalaschnikow – obwohl das Bild stimmt.
Und wenn sich die Nachbarin dann vorstellt, dass ihr Töchterlein schon drei ist und irgendwann anfangen wird, die richtigen Fragen zu stellen, so nach dem Sinn und nach der Gerechtigkeit in der Welt… dann schaut und hört und liest die Nachbarin lieber nicht so oft Nachrichten, aus Angst, sie könnte die Antwort darüber vielleicht vergessen.
„Völlig falscher Ansatz!“
Ja, ja, sagt das mal der Nachbarin. Aber hinter dem Gartenzaun ist es ja gerade sooo gemütlich. Durch die Latten sieht man diese Menschen mit schwarz-rot-goldenen Fahnen durch die Straßen laufen und skandieren – und es ist doch gar nicht WM?! Irgendwas von wegen „Abendland retten“. Ich kann es nicht genau verstehen, die Gegendemonstranten rufen so laut nach Frieden und Toleranz…
 |
Alle Latten am Zaun |
Andererseits: Was so eine Nachbarin ist, ist ja irgendwo auch eine Frau der Tat! Und weil die Maus noch keine Fragen stellt, die mit dem Sinn und der Gerechtigkeit der Welt zu tun haben, aber schon wunderbar mit Pinsel und Farbe umgehen kann, malen wir einfach den Gartenzaun bunt an. Dabei lernt
sie schon mal, dass viele Farben schöner sind als eine.Und alles andere? Da braucht unsere Nachbarin noch ein bisschen Zeit und versucht für den Anfang einfach mal die Nachrichten zu ertragen…In diesem Sinne: Weitermachen!
Dez. 1, 2014 | Ne Story
Kürzlich habe ich mich mit meiner Freundin Marisol über frühe Kindheitserinnerungen unterhalten. So mit fortschreitendem Alter kommen die ja langsam wieder. Eigentlich sollen sie ja erst so ab dem dritten Lebensjahr langsam einsetzen. Als Mutter finde ich das manchmal traurig: Die Maus wird sich nicht an ihren ersten Tag am Meer erinnern oder an den ersten Schnee. Andererseits aber auch nicht an den Tag, als ich sie mit einem dieser kribbeligen Kopfhaut-Massage-Dinger erschreckte und sie sich die Stirn an der Tischecke aufschlug. (In der Notaufnahme waren sie sehr nett und die Narbe ist schon fast verheilt…)
Im Gespräch mit Marisol kamen wir darauf, dass wir zwar frühe Erinnerungen haben, ABER ja nicht wissen können, ob es echte Erinnerungen sind ODER Erinnerungen an Erzählungen ODER Erinnerungen an Erinnerungen. Könnte ja auch sein! Wenn ich mich an meinem dritten Geburtstag mit meinem Kurzzeitgedächtnis an etwas erinnere, dass ich mit – sagen wir Zweidreiviertel – erlebt habe und mich dann mit Dreieinhalb daran erinnere, an was ich mich an meinem dritten Geburtstag erinnert habe und so weiter und so fort… kommt doch am Ende eine astreine Erinnerung bei raus!
Superacht versus Smartphone
Jetzt hatten wir Ende der siebziger Jahre ja nicht die mediale Gedächtnisstütze, die die Kids von heute haben. In jedem Lebensmoment steht doch irgendeiner daneben, der das Ganze mit dem Smartphone als Video oder wenigstens im Bild festhält. Über uns gab es höchstens noch einen wackeligen Superachtfilm. Und mit „einen“ meine ich „einen“. Immerhin weiß ich dadurch, dass ich als Einjährige im Ungarn-Urlaub fast mal von der Schaukel gefallen wäre…
Unsere Tochter liebt es, sich Videos von sich selbst anzuschauen (heiliger Egozentrismus) und gibt ihrer Erinnerung damit immer wieder einen neuen Anstoß. So weiß sie auch noch, dass sie sich mit eineinhalb das Bein gebrochen hat (Gips bis zur Hüfte). Wenn man sie fragt, welches Bein und wo genau, kann sie es schneller und präziser zeigen, als wir.
Marisol meint übrigens, sie hat nicht ganz so viele Kindheitserinnerungen. Sie ist auch ein paar Jahre jünger als ich – also zwei. Je mehr ich so über meine ersten Lebensjahre nachdenke, desto mehr fällt mir wieder ein. Vielleicht habe ich aber auch nur eine blühende Fantasie (Krebsgeborene und so). Ein frühes Bild habe ich zum Beispiel von einer Amsel, die vor unserem Küchenfenster an einer mit Körnern gefüllten Kokosnuss schaukelt. Ein Foto gibt es davon nicht. Vielleicht ist es also eine Erinnerungen ersten Grades.
 |
Ok, ein Foto gibt es offensichtlich doch. Mist! Aber in meiner Erinnerung war es eine Amsel. Wirklich!! |
Das Osterhasen-Trauma
Aus der Kindergartenzeit habe ich dann schon richtig viele. Wie ich zum Beispiel stolz mein neues Wissen über die Nichtexistenz des Osterhasens mit den anderen teilte und die Erzieherin dann vor versammelter Mannschaft sagte: „Quatsch. Natürlich gibt es einen!“ Heute kann ich sie verstehen. (Mein Trauma lässt auch langsam nach.) Oder der Moment, als ich im Urlaub so „dumdidumdidubdidei“ in ein Schwimmbecken hineintaperte, bis ich nur noch Wasser und Luftblasen vor Augen hatte… und als nächstes die Armbanduhr meines Vaters, der mich (dankenswerterweise) wieder rauszog. Da war ich wohl so vier.
Vielleicht bin ich, was diese ganzen Erinnerungen angeht, auch ein bisschen obsessed. Ich entstamme einer Familie von Ahnenforschern und Autobiographie-Schreibern, von Fotosammlern und Nie-etwas-Wegschmeißern. Sowas färbt sicherlich ab. Andererseits gibt es auch ein gutes Gefühl zu wissen, dass man von einem Südtiroler Freiheitskämpfer des 18. Jahrhunderts abstammt. Das erklärt so einiges. Sollte meine Tochter mal ein Ahnenforschungsinteresse entwickeln, wird es schwerer, denn „Multikulti-Kid“ müsste ihre Vorfahren gleich in sieben verschiedenen Ländern aufspüren…
Hmm… die Überschrift „Weihnachten auf dem Märchenschloss“ deutet darauf hin, dass ich eigentlich über was ganz anderes schreiben wollte und irgendwie vom Kurs abgekommen bin (ich glaube Seefahrer gehörten nicht zu meinen Urahnen). Jedenfalls schreibe ich über die wunderschöne vorweihnachtliche Märchenschlosserfahrung, an die sich meine Tochter später BITTEBITTE erinnern soll, einfach beim nächsten Mal.
Einen frohen Advent wünsche ich Euch! Und wenn ihr mögt, teilt doch Eure ersten Kindheitserinnerungen mit mir!!
Nov. 26, 2014 | Reine Erziehungssache, Uncategorized
Meine Tochter fragt mich jeden Tag, ob wir einen Schneemann bauen und ich zeige jeden Tag aus dem Fenster ins nasskalte Grau und sage ihr, dass da was Wesentliches fehlt. Trotzdem ist es nachts schon kalt und weil meine kleine lebende Wärmflasche nun die erste Hälfte der Nacht im eigenen Bett schläft, brauche ich Mr. Biber und Mrs. Flanell!!!
Gute Nacht!!
Brrrr – es wird Winter. Meine Tochter fragt mich jeden Tag, ob wir einen Schneemann bauen und ich zeige jeden Tag aus dem Fenster ins nasskalte Grau und sage ihr, dass da was Wesentliches fehlt. Die Temperaturen geben sich aber schon Mühe. Vor allem nachts: drei Grad. Mein Mann behilft sich mit zwei Überdecken und ich mir mit meiner lebendigen dreijährigen Wärmflasche.
Da diese aber seit ein paar Wochen immerhin die erste Hälfte der Nacht im eigenen Bett verbringt (etwas kurzsichtig von uns, sie gerade im Spätherbst aus dem Elternbett auszuquartieren), liege ich da abends bibbrig und zittrig unter etwas, dass sich Ganzjahres-Bettdecke schimpft. Ja, vielleicht für die Kanaren…
Da dieses Daunendings mit optimalen Isolations-Eigenschaften, aber noch ziemlich neu ist, muss ich da jetzt mindestens noch eine Saison durch, bis sich das Ganze amortisiert hat. Vor Heizdecken habe ich Angst und mir jeden Abend eine Wärmflasche zu machen ist mir zu aufwendig. Also liege ich mit Kuschelsocken, Skiunterwäsche, Flanellschlafanzug und Schal in Kältestarre unter meiner Denke. Nur um dann ab etwa 3 Uhr, wenn meine Tochter das Bett entert, an Überhitzung einzugehen.
Größere und kleiner Schwierigkeiten
Da hilft nur eines. Wenn es die Decke nicht bringt, dann muss wenigstens kuschelige, warme, weiche Bettwäsche her. Biber oder Flanell! Jawohl! Und zwar ein Set für beide Elternbetten. Natürlich gibt es dabei, wie nicht anders zu erwarten war, einige Schwierigkeiten. Erstens: Mein Mann ist groß. Sehr groß. Ergo hat er auch eine Decke in Komfortgröße und seine Füße schauen trotzdem noch unten raus. Ich dagegen bin, wie in fast allem, mehr so Durchschnitt und habe eine Standard-Decke. Macht die Sache mit dem Set also schon mal schwieriger.
Die viel relevantere Schwierigkeit ist jedoch die, sich auf ein Design zu einigen. Denn hey, wenn wir uns schon gemeinsame neue Bettwäsche leisten, sollten wir sie auch zusammen aussuchen. Also ran an den Laptop und mal geguckt, was es so gibt auf dem Markt. Es fängt ja schon bei der Farbe an. Mein Mann steht auf Männerfarben. Also schwarz, grau, braun und „zur Not auch weiß“. Bin ich hier im Krankenhaus, oder was?
Ich stehe dagegen auf ganz normale Farben, also pink, rosa, lila, türkis. „Pink, rosa und lila sticht sich mit deinen roten Haaren“, stichelt mein Mann und kommt sich sehr schlau vor. Aber ha, genau da wollte ich
ihn hin haben. „Also türkis“, jubiliere ich. „Mit gelb könnte ich mich anfreunden“, ignoriert mich mein Mann und googelt nach BVB-Bettwäsche. „Niemals!“ bestimme ich und gebe Pip Studio ein.
Mit den Royales ins Bett?
So geht es weiter. Flanell-Wendebettwäsche „French Vintage“, mit türkisen Punkten und Rosenmuster gegen „Walking Dead“ Bettwäsche mit Zombieapokalypse-Motiv. Bunte Blüten, Streifen, Punkte, Elche und Eulen gegen Metallica, Star Wars und Simpsons. Ich glaube, mein Mann will mich ärgern, denn zwischendurch sagt er immer wieder: „Einfach grau ginge auch!“ Pah!
Ich muss allerdings zugeben, es ist sehr erhellend zu sehen, was der Bettwäschedesign-Markt so hergibt: Das Tablet-Muster inklusive Apps oder die fotoechte Currywurst mit Pommes, Pizza Salami und – ja – sogar eine Tafel Schokolade. In alledem soll man schlafen. Für letztere hätte ich mich erwärmen können, braun hin oder her. Beliebt sind auch Prints, die erst mit dem Schlafenden zu einem Gesamtbild verschmelzen. Etwa von Kate und Williams (bekleideten) Körpern, die man nur noch mit dem eigenen Kopf auf dem Kissen ergänzen muss.
Je kurioser die Designs, desto mehr sind mein Mann und ich wieder einer Meinung: „Nein, nein und nein!“ Das schweißt wirklich zusammen, muss ich sagen. Am Ende finden wir einen Kompromiss, mit dem wir beide
glücklich sind: Biberbettwäsche in grau mit weißen Sternen! Passt zum Shabby-, Vintage- und Landhausstil. Gibt es in mehreren Größen UND ich habe bereits eine Kuscheldecke im gleichen Stil. Somit ist die eheliche Harmonie wieder hergestellt…
Ach ja, und damit meine Tochter nicht leer ausgeht, bestelle ich ihr Bettwäsche für Kinder: Mit Blümchen und türkisen Punkten drauf.
Neueste Kommentare