Juni 23, 2014 | Ne Story
…krame ich mal wieder eines meiner Lieblingsthemen aus der Schublade: das Altern. Seit Jahren klettet es an mir und drängt sich immer dreister in den Vordergrund. Bis zum 29. Lebensjahr war eigentlich alles gut! Ohne Perso kam ich in keine Disco. Wenn ich erzählte, ich hätte bald einen runden Geburtstag, bekam mein Gegenüber schmeichelhaft große Augen. Und dann kam er, der große Tag, an dem ich jubelnd und in naiver Erwartung
mit meinen Freunden auf das neue Lebensjahrzehnt anstieß. Ich hätte besser eine Trauerfeier ausgerichtet! Um meine Jugend zu beerdigen und mit ihr meinen wachen Geist, die verhältnismäßig glatte Haut und die Fähigkeit nach langen Nächten in annehmbarer Zeit zu regenerieren.
Nach dem 30. Geburtstag geht es langsam aber stetig den Bach runter. Das sagen auch Leute, die vorher groß getönt haben: „Vor der 30 habe ich keine Angst!“ Leute wie mich. Seitdem aber halte ich es mit Horst Schlämmer, habe Rücken, Kreislauf und „Zipperlein“. Letztere habe ich immer mit Butterfahrten und Rheumadecken in Zusammenhang gebracht. Wenn ich aber mal so unter meinen Kollegen rumfrage, höre ich überall das gleiche Gejammer. Von wegen 30 ist die neue 20 oder so. Schönfärberei! Toll ist auch immer: „Man ist so jung wie man sich fühlt!“ Auweia, kann ich da nur sagen.
Der eine altert mehr mental, der andere mehr optisch oder beides. Also ich. Auch meine Hoffnung auf ewig jugendliche Gesichtshaut hat sich verflüchtigt und zwar schneller als ich mithalten konnte. Faltencreme? Ach, das hat noch Zeit, dachte ich mit 23 und mit 33 immer noch. Nun – mit 37 – ist es zu spät. Jetzt brauche ich auch nicht mehr anfangen. Es gibt ja Menschen die altern echt schön. Zum Beispiel Judy Dench. Leider gehe ich wohl eher in Richtung Inge Meisel – Gott hab sie selig. Und meine Falten zwischen Nasenflügel und Mundwinkel haben die unvorteilhafte Tendenz, sich merkelmäßig in meine greise Gesichtshaut zu graben.
Kürzlich – also Ostern 2013 – traf ich bei einem Heimatbesuch im Neubaugebiet meiner Kindheit eine Nachbarin. Das kommt nicht oft vor, denn mit diesem Wohngebiet ist das gleiche passiert wie mit mir – es ist gealtert. Früher spielten wir in Horden auf den Straßen und in den Gärten. Heute sind alle weggezogen, die Eltern – mittlerweile Großeltern – sitzen in viel zu großen Häusern und gucken mit scheelem Blick auf das Altenheim, das passenderweise vor einigen Jahren mittenrein gebaut wurde.
Aber ich schweife ab. Besagte Nachbarin hatte mich länger nicht gesehen und meinte freundlich: „An den roten Haaren würde ich dich immer wieder erkennen!“ Bevor ich mich freuen konnte, fügte sie hinzu: „Die sind doch noch echt, oder?“ „Äh ja!“ In der Tat ein Schicksal, das mich noch nicht ereilt hat, ist das erste graue Haar – im Gegensatz zu meinem Mann. Der hat schon drei Stück namens Heinz, Günter und Knut. Eine gute Freundin besuchte kürzlich ihren Hautarzt. Einfach so – und um sich – ähem – mal die Warze am Fuß anschauen zu lassen. „Das ist keine Warze, das ist ein Hühnerauge. Das kommt mit dem Alter immer mehr“, meinte er gnadenlos und wieder einmal barst ein gutes Arzt-Patientinnen-Verhältnis.
Aber seien wir realistisch: Die Jahre, in denen wir von Männern Charme erwarten konnten, sind ebenso vorüber, wie die Jahre, in denen ich mich noch ohne Pareo an den Strand traute. Nicht nur die Gesichtshaut folgt seit Jahren der Schwerkraft… Mit dem Unterschied, bei anderen Körperteilen habe ich gekämpft: Fitnessstudio (ich hätte niemals aufhören dürfen), Creme und Massageroller (64 blaue Flecken pro Oberschenkel), Autogenes Training (Vielleicht ist es eine Sache der inneren Haltung, dachte ich. Ist es nicht!), abnehmen (klappte hervorragend, bei 52 Kilo auf 172 cm Körpergröße sah es fast gut aus). Das war bevor ich 15 Kilo zugelegt hatte…
Mein Mann sieht übrigens seit zehn Jahren aus wie 24. Wenn ich meine Schwiegermutter anschaue, weiß ich auch, wo das herkommt. Noch finde ich es lustig, bis es dann irgendwann mit Blick auf mich heißt: „Ach Herr M. und sie haben ihre Frau Mutter mitgebracht?“
PS: Ich brauchte einen kleinen Egobooster und hatte keine Zeit zum Rewe zu gehen. Deshalb habe ich online alle „Teste dein biologisches Alter“-Tests gemacht, die ich finden konnte. Der beste ist von AOK. Danach bin ich 32,5 Jahre. Der schlechteste von „Das biologische Alter“, danach bin ich 50.
Mai 26, 2014 | Alltagschaos, Mein Senf
„Wenn Sie merken, Sie reiten ein totes Pferd – steigen Sie ab.“ So sprach einst unser Kinderarzt in Bezug auf Hausmittel gegen Säuglingswehwehchen. Dass wir diesen Satz bald auf ihn beziehen könnten, hätten wir damals nicht gedacht…
Ach, was hatten wir doch für eine schöne Kindheit in den 80ern. Erstmal alles mitgenommen, was es so an Masern, Mumps und Windpocken gab, und dann kam der nette Doktor mit seiner schwarzen Arzttasche, Stethoskop und Tröste-Gummibärchen. Wohlgemerkt ans Kinderbett – auch aus der Innenstadt in den Vorort. Und heute? Da kann man froh sein, wenn es heißt: „Dann laden Sie mal
ihre fiebernden und reiernden Zwillinge ins Auto und kommen her. Aber bringen Sie viiiiiel Zeit mit!“
Immer öfter steht aber noch nicht mal dieses Angebot. Stattdessen schallt es entgeistert durchs Telefon: „Krank? Ihre Tochter? Und dann rufen Sie HIER an????“ – „Äh ja, Sie sind doch unsere Kinderarztpraxis?!“ – „Das mag sein, aber kommen Sie in Ihrem Interesse bloß NICHT rein!! Sie glauben ja nicht,was hier los ist.“ Und das ist noch die freundliche Variante. „Brrrsss, zzzz, kkrrrzzz – tut mir Leid, ich kann Sie nicht hören … die Leitung ist gestört … rufen sie nächstes Jahr nochmal an“, lautet die kreativ ausweichende. Und ein geraunztes „Sie machen wohl Witze!“, gefolgt von einem langen „Tuuuuuuuut!“ die ehrliche.
Ein kleines Mädchen aus unserer Kita landete auf diese Weise im Krankenhaus. Die Zweijährige hatte sich einen Magen-Darm-Virus eingefangen. Einen Termin bekam ihre Mutter natürlich nicht, dafür ein Päckchen Brechmittel. Die Information, dass sie das Präparat maximal zweimal geben durfte, fiel im hektischen Praxis-Vorzimmer irgendwie unter die Theke. Also, gab sie es alle acht Stunden und der Kleinen ging es schlecht!
Ich weiß nicht, ob sie sich die richtige Dosierung aus dem Internet gefischt hat – Doktor Google ist 24 Stunden für Sie da – jedenfalls dämmerte ihr: Da läuft was falsch. Die Zeit, die es brauchte, den Kinderarzt an die Strippe zu kriegen – nämlich zwei Stunden – füllte sie klugerweise mit einem Anruf beim Giftnotruf. So kam ihr völlig ausgetrocknetes Kind noch rechtzeitig in die Klinik, wo es drei Tage am Tropf hing und sich erholte. Zu dieser gefährlichen Misere fiel besagtem Kinderarzt folgendes ein: „Ich hab hier 100 Kinder am Tag, Sie können sich gerne eine Alternative suchen.“ Ach so.
Dass der gute Onkel Doktor am Kinderbett ins Reich der 80er-Jahre-Bilderbücher gehört, haben wir verstanden. Und auch, dass man sich als erstes im Internet schlau macht (3,3 Mio Suchergebnisse zum Thema „komische rote Flecken“). Ebenso richtet man sich als Kassenpatient automatisch aufs Warten ein: „Schatz, wie wollen wir unseren Sommerurlaub legen?“, fragte mein Mann an Weihnachten. Ich: „Wieso?“ Er: „Ich brauche einen Augenarzttermin.“
Soweit, so naja. Aber: Müssen wir wirklich damit leben, dass Ärzte vor lauter Stress und Budgetproblemen ihre Berufung verlieren und ihren Hippokratischen Eid vergessen? Zur Erinnerung, da heißt es unter anderem: „Ich werde ärztliche Verordnungen treffen zum Nutzen der Kranken nach meiner Fähigkeit und meinem Urteil, hüten aber werde ich mich davor, sie zum Schaden und in unrechter Weise anzuwenden.“ Hmmm… Klar, es liegt nicht nur am Arzt, viele arbeiten sich kaputt. Es ist auch das kranke System, das für jeden Patienten rund 35 Euro Budget im Quartal vorsieht…
„Wir haben immer noch eines der besten Gesundheitssysteme der Welt“, sagen indes selbst Kritiker. Klar, unter den Blinden… Der Alltag sieht nicht so aus. Und eine Spontanheilung ist in dieser Sache nicht in Sicht. Mein Mann hatte zu Silvester nach vielen Enttäuschungen im letzten Jahr einen guten Vorsatz: „Ich werde einfach nicht mehr krank.“ Nachdem es jetzt Mai ist und er in den letzten Monaten selten wirklich gesund war, hat er es trotzdem nochmal bekräftigt: „Prävention ist alles!“ Ich halte das für eine gute Idee und schaue gerade etwas reuig auf die leere Tüte der Gummibärchen, die ich zum Frühstück hatte, während ich mir am PC den Hintern breit sitze…
Vorbeugen ist wichtig. Trotzdem kann es doch nicht sein, dass man von Ärzten keine Hilfe mehr erwartet. Gott sei Dank gibt es sie aber vereinzelt noch: Menschliche Mediziner, Kinderärzte, die Kinder MÖGEN. Unser Arzt gehört nicht dazu. Immer kürzer angebunden schleust er seine kleinen Patienten fließbandmäßig durch. Interesse und Feinfühligkeit sehen anders aus.
„Ich kann mir heute das Ekzem Ihrer Tochter am Handgelenk anschauen, aber für das am Bein machen Sie mal einen neuen Termin“, sagte er irgendwann ungeduldig, nachdem wir zwei Wochen auf den Termin und eineinhalb Stunden im Wartezimmer gewartet haben. Seither steigen wir vom lahmen Gaul auf 70 PS um und fahren so oft es geht über zwei Autobahnen zu einer Ärztin im Norden der Nachbarstadt. Sie ist aufmerksam, hat eine lustige Brille und brüllt uns die Diagnose nicht über das angstvolle Weinen unserer Tochter hinweg zu. Mehr ist derzeit nicht zu wollen.
Feb. 24, 2014 | Reine Erziehungssache
Ich weiß, es gibt viel Schlimmeres, aber man ist ja doch damit beschäftigt. So als junge Familie. Im Winter. Mit einem Kindergartenkind… Die Rede ist vom Viren- und Bakterienbefall der hartnäckigen und wiederkehrenden Art. Erst das Kind, dann der Vater, dann die Mutter, dann das Kind, das andere Kind und der Vater eigentlich immer noch. Dann wieder die Mutter, die Oma, die andere Oma, der Opa, der Wellensittich, die Nachbarn… Irgendwie alles und jeder, der sich länger als fünf Minuten im Rotz-, Schnief-, Schmier- und Schleimkreis des Kindergartenkindes aufhält. Erzieher sollten allein deshalb im Winter eine Gefahrenzulage erhalten.
Im mütterlichen Bekanntenkreis kommunizieren wir übrigens nur noch in Kürzeln. MD steht für Magen-Darm, MD24 für „letzte Kotzattacke einen Tag her“. B – Bronchitis, HgA – Husten mit grünem Auswurf. S wird extra rot geschrieben und steht für Scharlach (ihr wisst schon, „Der scharlachrote Buchstabe“ – man wird ja kreativ). Sng – „bei uns im Kindergarten ist Scharlach ausgebrochen, noch geht es uns gut“. Das Treffen absagen sollte man spätestens bei HHA-rswk: „Himbeerzunge, Halsweh und Ausschlag – rette sich wer kann“. Aber dann ist es meistens schon zu spät. Denn das ist ja das Tückische: Ansteckend ist der Kram, wenn das Kind noch oder schon wieder mopsfidel durchs Veedel tanzt.
Also schleppt man sich von November bis März so durch. Sagt Termine ab, vertagt lang anberaumte Verabredungen: Duisburger Zoo mit Freunden vom Niederrhein. Per Whatsapp: „Wir hätten langwierige Erkältung mit Bindehautentzündung im Angebot und ihr?“ – „MD!!“ – „Okay, ihr habt gewonnen!“ Und wir bleiben daheim. Am liebsten immer, die ganzen Wintermonate hindurch. Essen kaufen wir in Dosen oder eingeschweißt Ende Oktober. Dann schließen wir uns ein, melden das Kind von der Kita ab, nehmen unbezahlten Urlaub und halten Winterschlaf, bevor wir ausgeruht und fit zur Ostersaison wieder auftauchen… Hach!
Stattdessen versucht man seinen mehr oder weniger familienerfahrenen und-affinen Vorgesetzten zu erklären, warum man schon wieder nicht da ist. Und man neigt dazu, das Kind (zu) früh wieder in die Kita zu schicken. Damit man selbst auch mal wieder ins Büro kann, so zwischen MD24 und HgA. Dass das Kind dann in der Kita die anderen ansteckt… Ach, die sind ja auch alle krank. Virus bleibt Virus. Befeuert wird dieser schöne Kreislauf durch die Schnittmengen, die sich in der Spielegruppe, in der Musikgruppe, beim Kinderturnen oder eben im Hausflur bilden. Dort, wo Kind auf anderes Kind trifft, mit anderem Kita-Bazillenhintergrund. Ein Freudenfest für die Viecher. Wenigstens gibt es gegen das ganz fiese Zeug (Masern und Co.) jetzt nette Impfungen. Das haben wir ja noch alles fein durchgemacht, so in den 80ern.
Meine Eltern haben sich irgendwie nie angesteckt. Ebenso wie meine Kollegin, die jetzt in Rente geht und vier Kinder durch diverse Winter gebracht hat. „Also ich war nie krank. Mütter stecken sich ja nicht an.“ Ach so, ist leider bei meinem Immunsystem noch nicht angekommen. Bin ich zu alt? Zu gestresst? Zu verweichlicht? Mit letzterem bin ich zumindest nicht alleine. „Komm Tochter, wir gehen raus an die frische Luft. Und machen dabei einen großen Bogen um andere Kinder.“ – „Och nöööö, da ist eine Wolke am Himmel!“ Da, wo unsere Generation noch beim Budenbauen im Regen abgehärtet ist, muss man heute schon in eigens angelegte Himalaya-Salz-Grotten gehen, um die Atemwege auf Vordermann zu bringen. Das machen vor allem Eltern mit erkälteten Kindern. Und die Kinder treffen sich dann in der Spieleecke der Grotte. Und tauschen sich aus… Was den positiven Effekt dann doch wieder etwas eindämmt. Mist! Ich geh jetzt inhalieren.
Feb. 2, 2014 | Alltagschaos, Reine Erziehungssache
Die Nacht endete an diesem Sonntag etwas abrupt um sieben Uhr mit dem beunruhigenden Geständnis meiner Tochter: „Ich habe ein Baby in meinem Bauch.“ Ich war wohl noch im Halbschlaf. Anders ist nicht zu erklären, dass ich plötzlich senkrecht im Bett saß: „Wie schwanger? Vom wem? Kind, du verbaust dir dein Leben!“ Als endlich auch mein Geist erwachte, schaute ich in die besorgten Kulleraugen meiner 2-Jährigen und atmete langsam aus. Ich hatte wohl etwas überreagiert.
Freundlich interessiert fragte ich sie: „Wie heißt denn das Baby!“ – „Matschehose!“, kam es ernsthaft und wie aus der Pistole geschossen zurück. „Ähhhh? Aaahh!!“, machte ich. „Das ist nämlich gar kein Baby, das ist ein Monsterbaby!“ Ach so, das erklärt natürlich einiges… ‚Manchmal haben Late-Talker ja schon was für sich‘, dachte ich, bevor ich etwas ermattet zurück in die Kissen sank. Mein entschleunigter Familiensonntag hatte begonnen.
Ja, Entschleunigung ist immer noch ein Thema. Ich hatte es nur in den letzten Wochen vor lauter Stress vergessen… Aber wer sagt, dass man alle Vorsätze gleich im ersten Monat umsetzen muss. Die Bilanz für Januar lautet: Ich habe einen Tag lang immer alles gleich erledigt. Ich habe immer brav Mittagspause gemacht und hin und wieder auch was gegessen. Ich war einmal im Fitnessstudio. Ich hatte einen tollen Wellnesstag mit meinem Mann. UND:
Ich habe es sogar einmal für fünf Minuten geschafft, ganz im Moment zu sein. Das war als meine Tochter übers Bett gekotzt hat… Alle weiteren Termine hatten sich danach für den Januar erledigt, so dass dieses Event wirklich am nachhaltigsten zur Entschleunigung am Jahresbeginn beigetragen hat. Wie das allerdings so ist mit Terminen: Aufgeschoben ist eben nicht aufgehoben. Und deswegen könnte es in den nächsten Monaten etwas eng werden.
Jan. 20, 2014 | Alltagschaos, Ne Story
Es ist so krass. Gerade zwei Wochen nach dem Urlaub und ich fühle mich morgens mal wieder, als hätte mich eine Dampfwalze überfahren: Total platt! „Da hilft nur eins“, sagt mein Mann. „Was denn? Schokolade?“, antworte ich hoffnungsvoll. „Nee, Fitnessstudio!“ Boah, das kann doch nicht sein Ernst sein?! Aber da mein Mann meistens Recht hat und sich dazu selbst jede Woche zur Muckibude schleppt, beschließe ich spontan: ich machs.
Lange ist es her, seit ich das letzte Mal einen Fuß in so einen Fitnesstempel gesetzt habe und ich gestehe, ich hab es nicht vermisst. Aus meinen Sportsachen bin ich seitdem etwas herausgewachsen und in Leggins wird mich dort niemand sehen. Bleibt nur eine Pyjamahose. Es wird eh peinlich, also ist das auch schon egal. Immerhin habe ich noch diese Angeberlaufschuhe. Hundert Euro im Sonderangebot vor vier Jahren und dann einmal gejoggt…
Im Pyjama – wenn ich die Hose anziehe, kann ich auch gleich das Oberteil dazu anziehen, habe ich mir gedacht – schwinge ich mich auf den Crosswalker. Der will nicht so, wie ich will. Statt einfach anzufangen, soll ich erst Alter und Gewicht eingeben. Ich schaue mich vorsichtig um, niemand in der Nähe – und gebe 25 und 55 ein. Das Display blinkt hektisch und piepst: „Error“. Unverschämt!
Damit ich nicht noch mehr Aufsehen errege, drücke ich auf „Pause“ und laufe einfach los. Wer braucht schon Widerstand – den hab ich zu Hause genug, wenn ich versuche, meiner Tochter Schal und Mütze anzuziehen. Nach 15 Minuten bildet sich ein Schweißtropfen auf meiner Stirn und ich beschließe: Ich bin jetzt aufgewärmt. Ab an die Geräte!
Weil die so kompliziert aussehen (das kann sich nur ein Mann ausgedacht haben), greife ich zunächst nach zwei 3-Kilo-Hanteln. Und plötzlich ist die Erinnerung wieder da: „Füße hüftbreit hinstellen“, kommandiere ich mich selbst. „Hehe, du kannst doch gar keinen Spagat“, kichert eine hämische Stimme in meinem Kopf. Na danke, so was brauche ich jetzt.
Aber dann klappt es tatsächlich ganz gut. Ich stelle ohne größere Quetschungen, die Geräte ein und trainiere. Drei Durchgänge à zwölf Wiederholungen pro Gerät. Der Atem geht, wie er soll (ausatmen beim Anspannen – ich finds unlogisch). Und, es tut noch nicht mal weh! Irgendwie komme ich mir kräftiger vor als damals. Und damit meine ich nicht ausschließlich das Fett.
Eigentlich klar, man wächst mit seinen Aufgaben. Von 3.100 Gramm zu derzeit 15 Kilo pirellimäßig verpacktes Lebendgewicht in Rosa. Durch die Gegend schleppen… ziehen, festhalten, hochstemmen usw. Je nachdem wie meine Tochter so drauf ist. Echtes Workout und ich habs gar nicht gemerkt!
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