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Huidibui!!

Huidibui!!

„Irgendwie verändern Kinder die Persönlichkeit“, meinte vor zwei Jahren ein Kumpel, der heute noch so weit von Nachwuchs entfernt ist, wie frischgebackene Eltern von der nächsten Partynacht. „Wie meinst du das?“ fragte ich, während ich meine fünf Monate alte Tochter mit einem gejuchzten „Huidibui!!“ schwungvoll durch die Luft schwenkte. Als Antwort erntete ich eine hochgezogene Augenbraue und ein lapidares
„Genau so!“

Nach zweieinhalb Mutterjahren kann ich ihm nur Recht geben. Neben zombinösem Durch-den-Tag-Wanken nach durchwachten Nächten, einem Gedächtnis für das der Vergleich „Sieb“ ein wahrer Euphemismus
ist und bereits erwähnten Alterungs- und Verbreiterungserscheinungen ist es vor allem das Kommunikationsgebaren junger Eltern, das irgendwo zwischen infantil und einfach nur albern schwankt.

Auch heute noch nutze ich Wendungen wie „Hui!“ (Kind rutscht!), „Uiuiui!“ (Kind klettert sehr hoch!), „Chaka!“ (Kind hat irgendetwas gut gemacht) und „Oh – eine Häufibäufi im Töpfchen“ (ohne Worte) –  und werde das wohl tun, bis mein Kind antwortet: „Mutter, kann ich heute das Auto haben?“ Vielleicht kennt jemand die Situation, dass man ein fremdes Baby mit „Oh guckida, hast du ein schönes Teddyli!“ anspricht und einen unbewegten Blick aus großen Augen erntet. In diesem Momenten möchte ich bitte nicht wissen, was in seinem Kopf vorgeht.

Peinlicher noch, als die Kommunikation vom Muttertier zum Jungen, sind Gespräche zwischen Erwachsenen im Dunstkreis kleiner Kinder. Da kommt einem gegenüber dem Göttergatten schon mal locker ein „Ich hab Aua Bauch“ über die Lippen. Wenn der gestandene Ehemann ohne mit der Wimper zu zucken und völlig ernst gemeint antwortet: „Da hast du wohl zu viele Nunus gegessen“, macht es die Sache nicht besser. Und dann man wundert sich noch, warum das Liebesleben irgendwie brachliegt…

Stufe drei ist erreicht, wenn der Sprachverfall über die familiären Grenzen hinaus grassiert und sich etwa Ehemann und ein Kollege – beides Väter in Elternzeit – per Whatsapp zum „Hörsche kucken“ verabreden und damit meinen, dass mal wieder ein Gang zum Wildgehege ansteht. Ebenso kommen Zweifel auf, wenn die Vorsitzende des Kita-Elternbeirats alle Rundmails mit „Okili“ einleitet und mit „Supili“ beendet. Die Erzieherinnen habe ich witzigerweise noch nie so reden hören.

Wahrscheinlich sind es unbewusste frühkindliche Erinnerungen die Vorpubertierende dazu bringen Sätze wie „Mama, du musst mich nicht bis vor die Schule fahren, ich kann auch hier (drei Kilometer entfernt) aussteigen.“ Eine freundliche Übersetzung von „Alte, du bist mir peinlich.“

Meine Tochter ist da weniger subtil. Vor einigen Wochen zog ich zum ersten Mal seit dem Winter wieder Sneakers an, statt Stiefel. Das fiel meiner Tochter auf, als wir mitten im Gang des nachbarörtlichen Kinderflohmarktes standen. Sie warf sich laut brüllend auf den Boden und forderte, dass ich „sofort!“ aber auch „SOFORT!“ diese unsäglichen Schuhe ausziehen sollte. Es erforderte fünf Minuten guten Zuredens, sie davon zu überzeugen, dass ich nicht barfuß nach Hause gehen würde.

Ein weiterer Auswuchs kindgemachter Albernheit ereignete sich gestern Abend beim Nachhausekommen von der Arbeit. Seit einigen Wochen ist es ein beliebtes Spiel unserer Tochter, sich vor allen Ankömmlingen zu verstecken. Diese müssen dann ihr lautes Kichern überhören und die ganze Wohnung nach ihr absuchen.

Auch gestern stöckelten (ich) wir im Businesslook durch die Räume, sobald sich die Wohnungstür hinter uns geschlossen hatte. Laut rufend „Ja, wo ist denn die kleines Maus?“ „Hm – ist sie vielleicht unter dem Bett?“ „Nein, da ist sie nicht!“ „Wo kann sie denn sein?“ „Ist sie vielleicht im Schrank?“ „Nein da ist sie auch nicht!“ taperten wir durch unsere 110 Quadratmeter Altbau. Nur um uns nach ein paar Minuten etwas verlegen im Kinderzimmer zu treffen. Unsere Tochter war in der Tat gar nicht zu Hause, sondern mit Oma und Opa am Rhein.

Da blog‘ ich doch lieber!!

Da blog‘ ich doch lieber!!

Die Kunde von meinem Blog ist mittlerweile bis Bayern vorgedrungen 🙂 Bekam ich doch am Wochenende die etwas entgeisterte Mail einer ehemaligen Mitvolontärin und zweifachen Mutter: „Wann hast du denn dafür noch Zeit???“ Da die Frage angesichts meiner Entschleunigungsvorhaben dieses Jahr nicht ganz unberechtigt ist, habe ich mir mal wieder ein paar Gedanken dazu gemacht. Die Antwort lautet: „Ich habe dafür keine Zeit!“

Zum Beispiel heute: Nachdem Töchterlein die ganze Nacht derartig rumgeturnt ist, dass die Windel sich von allen Versprechungen losgesagt hat und ich sie komplett umziehen musste, hatte sie heute morgen wenigstens den Anstand erst nach sechs Uhr aufzuwachen. Das Anziehen war in dreißig Minuten über die Bühne, was kein Rekord, aber auch nicht schlecht ist. Sie hat sich ihre Hose nur einmal wieder vom Leib gerissen und auch das Kleidchen durfte bleiben. Ein Marmeladenbrot, dreimal „Michel, das glücklose Schaf“ und einmal „Der Klokönig“ später, Kind mit dem Vater in die Kita entsandt. Nicht ohne den täglichen Versuchsballon „Ich will aber nicht in den Kindergarten!“ an mir abprallen zu lassen. Ja, man wird hart…

In den zehn Minuten bis Ehemann wieder auftauchte ausgehfertig gemacht, außerdem spontan das Expedit-Regal im Kinderzimmer abgeschraubt und ins Gästezimmer am anderen Ende der Wohnung geschleift. Das hatte mich da immer schon genervt. Augenrollen des Ehemannes, der wieder zur Tür reinkam, ignoriert. Selbigen zur Arbeit gebracht. Dann Aldi, Obi, Post (nee, Mist, Paket vergessen) dm, Bäcker und Rewe. Einen Artikel schreiben, einen für die Nachbarin ausdrucken, das Kinderzimmer weiter ins Gästezimmer räumen und umgekehrt, waschen, aufräumen, kochen, zur Post (Grrrr!). Kind von der Kita abholen. Ach so, bloggen – zwischen Rewe und Artikel schreiben.

Wer will sich denn schon langweilen in den freien fünf Minuten zwischen sechs und halb drei? Ich nicht! Denn dann passieren wieder diese Gedankengänge wie heute morgen. Für mich ein klares Zeichen: „Die Frau – also ich – hat doch zu viel Zeit!“ Ich also bei Obi an der Kasse. Vor mir ein gebeugtes Mütterchen. Kauft eine Palette Frühblüher und drei Sack Gartenerde. Die freundliche Kassiererin (nein, nicht Wodka-Born, die ist ja bei Rewe) telefoniert dem Praktikanten hinterher, er möge der Dame doch beim Einladen helfen. Voraufhin Omilein die Beine in die Hand nimmt und mit einem Affenzahn – hätte ich ihr gar nicht mehr gegeben – aus dem Laden stürzt. Fast wäre sie volle Kanne mit dem Einkaufswagen in ihren 1990er Mercedes reingerauscht.

Und jetzt mein Gedankengang dazu: „Wieso ist die jetzt so schnell abgehauen? Die hätte sich doch locker mal von Hamed helfen lassen können? Vielleicht wenns ein Peter gewesen wäre und kein Hamed??? Oder es war ihr peinlich, weil sie sich gar nicht so alt fühlt, wie sie aussieht… Hm, damit hätte sie mir was voraus…“ – „Nein, ich weiß! Sie hat gestern Abend Opi um die Ecke gebracht und in den Kofferraum verfrachtet. Die Blümchen sind nur Tarnung und die drei Sack Blumenerde zum Verscharren!!“ Fall gelöst! Ich klopfe mir innerlich auf die Schulter, wo „Leicht-zu-Begeistern“ immer noch einsam rumsitzt und mit den Beinen baumelt.

Damit es nicht schlimmer wird – es gibt ja soviel, über das ich sonst nachdenken müsste: Krimkrise – droht der dritte Weltkrieg? Fleisch wird noch billiger – wir sollten doch komplett auf bio umsteigen! Am Mittwoch Termin beim Kinderorthopäden in der Uniklinik – unser Kind ist schief, sagt die Kita… Übrigens auch ihre Zähne, wie gewöhnen wir nur den Schnulli ab? Die nächste Erkältung hat schon den Fuß in der Tür, hoffentlich können wir überhaupt zum Kinderorthopäden, Zahnarzt, HNO…“ Kreisel, kreisel, kreisel… Oh Mann! Da blog‘ ich doch lieber!!

Der entschleunigte Familiensonntag

Der entschleunigte Familiensonntag

Die Nacht endete an diesem Sonntag etwas abrupt um sieben Uhr mit dem beunruhigenden Geständnis meiner Tochter: „Ich habe ein Baby in meinem Bauch.“ Ich war wohl noch im Halbschlaf. Anders ist nicht zu erklären, dass ich plötzlich senkrecht im Bett saß: „Wie schwanger? Vom wem? Kind, du verbaust dir dein Leben!“ Als endlich auch mein Geist erwachte, schaute ich in die besorgten Kulleraugen meiner 2-Jährigen und atmete langsam aus. Ich hatte wohl etwas überreagiert.

Freundlich interessiert fragte ich sie: „Wie heißt denn das Baby!“ – „Matschehose!“, kam es ernsthaft und wie aus der Pistole geschossen zurück. „Ähhhh? Aaahh!!“, machte ich. „Das ist nämlich gar kein Baby, das ist ein Monsterbaby!“ Ach so, das erklärt natürlich einiges… ‚Manchmal haben Late-Talker ja schon was für sich‘, dachte ich, bevor ich etwas ermattet zurück in die Kissen sank. Mein entschleunigter Familiensonntag hatte begonnen.

Ja, Entschleunigung ist immer noch ein Thema. Ich hatte es nur in den letzten Wochen vor lauter Stress vergessen… Aber wer sagt, dass man alle Vorsätze gleich im ersten Monat umsetzen muss. Die Bilanz für Januar lautet: Ich habe einen Tag lang immer alles gleich erledigt. Ich habe immer brav Mittagspause gemacht und hin und wieder auch was gegessen. Ich war einmal im Fitnessstudio. Ich hatte einen tollen Wellnesstag mit meinem Mann. UND:

Ich habe es sogar einmal für fünf Minuten geschafft, ganz im Moment zu sein. Das war als meine Tochter übers Bett gekotzt hat… Alle weiteren Termine hatten sich danach für den Januar erledigt, so dass dieses Event wirklich am nachhaltigsten zur Entschleunigung am Jahresbeginn beigetragen hat. Wie das allerdings so ist mit Terminen: Aufgeschoben ist eben nicht aufgehoben. Und deswegen könnte es in den nächsten Monaten etwas eng werden.