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Die Kunde von meinem Blog ist mittlerweile bis Bayern vorgedrungen 🙂 Bekam ich doch am Wochenende die etwas entgeisterte Mail einer ehemaligen MitvolontĂ€rin und zweifachen Mutter: „Wann hast du denn dafĂŒr noch Zeit???“ Da die Frage angesichts meiner Entschleunigungsvorhaben dieses Jahr nicht ganz unberechtigt ist, habe ich mir mal wieder ein paar Gedanken dazu gemacht. Die Antwort lautet: „Ich habe dafĂŒr keine Zeit!“

Zum Beispiel heute: Nachdem Töchterlein die ganze Nacht derartig rumgeturnt ist, dass die Windel sich von allen Versprechungen losgesagt hat und ich sie komplett umziehen musste, hatte sie heute morgen wenigstens den Anstand erst nach sechs Uhr aufzuwachen. Das Anziehen war in dreißig Minuten ĂŒber die BĂŒhne, was kein Rekord, aber auch nicht schlecht ist. Sie hat sich ihre Hose nur einmal wieder vom Leib gerissen und auch das Kleidchen durfte bleiben. Ein Marmeladenbrot, dreimal „Michel, das glĂŒcklose Schaf“ und einmal „Der Klokönig“ spĂ€ter, Kind mit dem Vater in die Kita entsandt. Nicht ohne den tĂ€glichen Versuchsballon „Ich will aber nicht in den Kindergarten!“ an mir abprallen zu lassen. Ja, man wird hart…

In den zehn Minuten bis Ehemann wieder auftauchte ausgehfertig gemacht, außerdem spontan das Expedit-Regal im Kinderzimmer abgeschraubt und ins GĂ€stezimmer am anderen Ende der Wohnung geschleift. Das hatte mich da immer schon genervt. Augenrollen des Ehemannes, der wieder zur TĂŒr reinkam, ignoriert. Selbigen zur Arbeit gebracht. Dann Aldi, Obi, Post (nee, Mist, Paket vergessen) dm, BĂ€cker und Rewe. Einen Artikel schreiben, einen fĂŒr die Nachbarin ausdrucken, das Kinderzimmer weiter ins GĂ€stezimmer rĂ€umen und umgekehrt, waschen, aufrĂ€umen, kochen, zur Post (Grrrr!). Kind von der Kita abholen. Ach so, bloggen – zwischen Rewe und Artikel schreiben.

Wer will sich denn schon langweilen in den freien fĂŒnf Minuten zwischen sechs und halb drei? Ich nicht! Denn dann passieren wieder diese GedankengĂ€nge wie heute morgen. FĂŒr mich ein klares Zeichen: „Die Frau – also ich – hat doch zu viel Zeit!“ Ich also bei Obi an der Kasse. Vor mir ein gebeugtes MĂŒtterchen. Kauft eine Palette FrĂŒhblĂŒher und drei Sack Gartenerde. Die freundliche Kassiererin (nein, nicht Wodka-Born, die ist ja bei Rewe) telefoniert dem Praktikanten hinterher, er möge der Dame doch beim Einladen helfen. Voraufhin Omilein die Beine in die Hand nimmt und mit einem Affenzahn – hĂ€tte ich ihr gar nicht mehr gegeben – aus dem Laden stĂŒrzt. Fast wĂ€re sie volle Kanne mit dem Einkaufswagen in ihren 1990er Mercedes reingerauscht.

Und jetzt mein Gedankengang dazu: „Wieso ist die jetzt so schnell abgehauen? Die hĂ€tte sich doch locker mal von Hamed helfen lassen können? Vielleicht wenns ein Peter gewesen wĂ€re und kein Hamed??? Oder es war ihr peinlich, weil sie sich gar nicht so alt fĂŒhlt, wie sie aussieht… Hm, damit hĂ€tte sie mir was voraus…“ – „Nein, ich weiß! Sie hat gestern Abend Opi um die Ecke gebracht und in den Kofferraum verfrachtet. Die BlĂŒmchen sind nur Tarnung und die drei Sack Blumenerde zum Verscharren!!“ Fall gelöst! Ich klopfe mir innerlich auf die Schulter, wo „Leicht-zu-Begeistern“ immer noch einsam rumsitzt und mit den Beinen baumelt.

Damit es nicht schlimmer wird – es gibt ja soviel, ĂŒber das ich sonst nachdenken mĂŒsste: Krimkrise – droht der dritte Weltkrieg? Fleisch wird noch billiger – wir sollten doch komplett auf bio umsteigen! Am Mittwoch Termin beim KinderorthopĂ€den in der Uniklinik – unser Kind ist schief, sagt die Kita… Übrigens auch ihre ZĂ€hne, wie gewöhnen wir nur den Schnulli ab? Die nĂ€chste ErkĂ€ltung hat schon den Fuß in der TĂŒr, hoffentlich können wir ĂŒberhaupt zum KinderorthopĂ€den, Zahnarzt, HNO…“ Kreisel, kreisel, kreisel… Oh Mann! Da blog‘ ich doch lieber!!