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Wenn’s mal wieder länger dauert

Wenn’s mal wieder länger dauert

Heute komme ich mal wieder auf das Ur-Thema dieses Blogs zu sprechen: Die Entschleunigung! Wer unser 24-Stunden-Chaos gelesen hat, wird mir beipflichten, dass entsprechende Bemühungen des letzten Jahres bisher nicht wirklich erfolgreich waren. Und das, obwohl ich abends später ins Bett gehe und wirklich viel weniger Zeit damit verbringe, in die Küche zu gehen und Schokolade aus dem Schrank zu holen. Kleinen Moment, bin gleich wieder da…

So! Wo war ich? Ah ja, Entschleunigung. Eigentlich befindet sich das perfekte Trainingslager hier direkt um die Ecke. Es bestimmt quasi den Puls des gesamten Dorfes (den es gerne mal hochtreibt), entscheidet darüber, ob man pünktlich oder wesentlich zu spät ins Büro, zum Nähkurs oder zur eigenen Entbindung kommt. Es stiftet Ehen, sorgt dann später für heftige Krisen und vereitelt dennoch jede Scheidung, weil es niemandem eine Chance lässt, jemals rechtzeitig beim Amtsgericht anzukommen. Die Rede ist vom Bahnübergang.

Sicher ist sicher

Man kann der Deutschen Bahn ja viel vorwerfen, aber was die Sicherheitsvorkehrungen an Übergängen angeht, sind sie wirklich genau. Sehr genau! Wenn sich in Koblenz um 12:45 Uhr ein Zug in Bewegung setzt, geht die Schranke runter. Sie bleibt unten, wenn dieser Zug 40 Minuten später am hiesigen Bahnhof hält. Und sie bleibt weiterhin unten, bis dieser Zug wieder 40 Minuten später in Köln einrollt… Zumindest fühlt es sich so an. Dann öffnet sich die Schranke, um zwei Autos aus der Schlange durchzulassen, die sich im Normalfall bis hinunter zum Rhein, mittels Fähre hinüber zur anderen Flussseite und von dort hinauf ins Bonner „Vorjebirge“ schlängelt. Bevor der Fahrer des dritten Wagens hektisch seinen Campingtisch einklappen, den tragbaren Fernseher in den Kofferraum stellen und die Reste des Drei-Gänge-Menüs entsorgen kann, dass er in der Zwischenzeit zu sich genommen hat, geht die Schranke wieder zu.
Wohnungsangebot

Da der Fahrer dieses Autos das mittlerweile genau weiß – er muss öfter hier durch – bleibt er einfach an Ort und Stelle sitzen und flambiert in Seelenruhe seine Crème brûlée zu Ende. Hin und wieder kommt es vor, dass ein gehetzter Geist in der Reihe hinter ihm unruhig wird, weil er allen Ernstes glaubt, es könnte irgendwie schneller gehen, wenn man sich beeilt. Immer mal wieder kommt es deshalb zu Handgreiflichkeiten zwischen Alteingesessenen und Zu’groasten an der Schranke.

Wenn ich aus meinem Büro-Fenster schaue und mal wieder der Polizei-Hubschrauber über dem Dorf kreist gibt es nur drei Möglichkeiten. Erstens:
Onkel Günnis Vogelspinne Esmeralda ist mal wieder abgehauen. Zweitens: Gemeine Diebe haben den Opferstock der Dorfkirche geplündert. Drittens und am Wahrscheinlichsten: Es findet die dritte Massenschlägerei des Monats an der Bahnschranke statt.
Zarte Bande an der Schranke
Die örtlichen Gewerbebetriebe haben sich indes gut auf die Situation eingestellt. Das Eiscafè am Bahnhof bietet unter dem Motto „Wenn’s mal wieder länger dauert“ einen riesigen Snickers-Eisbecher für zwei Personen an. Beliebt bei Pärchen, die zarte Bande an der Schranke knüpfen, wo das Leben sie auf wundersame Weise zum gleichen Zeitpunkt hingespült hat. Sie können ja nicht wissen, dass man bei diesem Bahnübergang niemals in ZeitPUNKTEN, sondern immer in langen ZeitRÄUMEN denken muss, und ihre Begegnung weit weniger schicksalhaft war, als sie sich das in ihrer Verklärung ausmalen.
Pommes Schranke und Snickers-Eis

Die Wurstbude „Bei Dieter“ eins weiter bringt die „XXL-Pommes Schranke“ im Zwei-Liter-Eimer mit Cola für 3,50 direkt ans Auto. Der Frisör wirbt damit,
jedem Wartenden einen Haarschnitt inklusive Pflegepackung, sowie zusätzlich eine Mani- und Pediküre verpassen zu können, bevor die Fahrt weitergeht. Sollte er es nicht schaffen, kostet es keinen Cent. Ich glaube, er hat noch nie Minus gemacht.

Vor kurzem hat auf der Straße nun auch ein Wettbüro eröffnet. Hier wetten besonders gerne die Einheimischen mit Erfahrung. Zum Beispiel auf die Uhrzeit, zu der sich die Schranke das nächste Mal heben wird, die Anzahl der Autos, die dann durchkommen oder wie lange es noch dauern wird, bis der genervte Fahrer in Wagen sieben das einzig Richtige tut: Nämlich aus der Schlange ausscheren und die Unterführung in der Parallelstraße nehmen 😉      

In diesem Sinne: Immer mit der Ruhe 🙂

Eure Nachbarin

Kann es was Schöneres geben?

Kann es was Schöneres geben?

Allein das Aufschreiben unseres 24-Stunden-Chaos hat mich wohl so geschwächt, dass ich erstmal `ne Woche Migräne nehmen musste. Langsam ist es besser und ich kann wieder grade aus den Augen gucken. Dafür hat die Maus sich den ersten Kita-Virus des Jahres eingefangen, den sie großzügig mit uns und allem, was nicht bei drei auf den Bäumen ist zu teilen gedenkt. Deshalb nutze ich mal schnell den Moment, um die nächsten Stunden unseres Familientages in die Tasten zu kloppen, bevor mich der grippale Infekt niedersteckt…

Ich hatte also beschlossen, dass meine Tochter ihr „Chilli, Chilli“ alleine mit Kuscheltieren und Weihnachts-CD im Bett verbringt, statt mit Grüffelo und mir auf der Couch. Denn – wir erinnern uns – ich wollte noch
klar Schiff machen, bevor unser Besuch kommt, nämlich Sarah (4) und Linus (1) nebst ihrer Erziehungsberechtigten, meiner Freundin Sonja.
Es gibt ihn doch…

Jetzt ist das ja so eine Sache, wenn man etwas beschließt, dass die Kooperation eines Kleinkindes voraussetzt. In diesem Fall sah meine Maus die Situation etwas anders als ich und verlangte: „Lies mir den Grüffelo vor!“ „Das geht nicht, ich muss noch aufräumen!“ „Doch, das geht!“ „Nein, das geht nicht!“ „Wenn du jetzt nicht lieb bist, dann darf Sonja auch nicht zum Spielen kommen!“ „What??“ Wo hat sie das denn wieder her…

Also, was tun? Aufräumen, Obst schnippeln und Nachmittagsprogramm durchdenken WÄHREND Töchterlein im Hintergrund unablässig zürnt und wehklagt? Schon bei dem Gedanken daran, gerät mein Körper in diese typischen Stress-Schwingungen, die ich in letzter Zeit habe. Mir schwirrt der Kopf und es fühlt sich an, als sei meine Haut statisch aufgeladen. Kennt das jemand oder sollte ich mal einen Arzt konsultieren? Jedenfalls muss ein Kompromiss her. Oder noch besser: ein Anreiz!„Schahatz, wenn du jetzt schön alleine liest und mich aufräumen lässt, dann backen wir nachher alle zusammen“, säusele ich, nur um mich im nächsten Moment zu fragen, ob ich noch alle Tassen im Schrank habe.
Backen, mit drei Kids zwischen eins und vier? Mein stummes Zweifeln geht im Freudengeheul meiner Tochter unter. Ich kapituliere und laufe zum Küchenschrank, um die Backsachen zu checken. (Man sollte nichts versprechen, was man eventuell nur halten kann, wenn man vorher einen Großeinkauf macht…). Aber – Weihnachten ist ja noch nicht allzu lange her – es ist alles da. Ich schreibe meiner Freundin Sonja kurz, worauf sie sich einstellen soll und räume endlich auf. Die Maus liegt derweil selig auf der Couch und liest ihren Grüffelo alleine. Schließlich kann sie das ganze Buch auswendig. Ich packe derweil Butter, Eier, Zucker und jede Menge Streusel auf den Tisch und
danke dem Vermieter wieder einmal für unseren robusten Linoleum-Küchenboden….

Kurz nach vier klingelt es an der Tür und der Lärmpegel verzehnfacht sich schlagartig. Drei Kleinkinder könnten es dezibelmäßig locker mit einer vorbeidonnernden Elefantenherde aufnehmen. Und auch die Wohnung sieht nach zehn Minuten aus, als hätte genau diese Herde eine kleine Runde durch Wohnzimmer, Küche und Kinderzimmer gedreht:

Hüpfpferd Rody liegt nach einem Zusammenstoß mit dem Bobby Car hilflos auf dem Rücken. Fünf Dosen Knete sind leer und der Inhalt verteilt sich großflächig auf dem Wohnzimmerboden. Herumliegende Malstifte feiern einen bunten Reigen zwischen Sofa und Wohnzimmerschrank. Zwei Kinder streiten sich energisch um ZWEI Puppen. Warum hatte ich nochmal aufgeräumt?
Mein Mann ging kürzlich am Kindergarten vorbei und sah und hörte, wie eine der Erzieherinnen die Wichtelgruppe mit Kasernenhofstimme um die Rabatten scheuchte. Erst war ich etwas erschüttert, als er mir davon
erzählte. Jetzt verstehe ich sie nicht nur, sondern nehme sie zum Vorbild: „KOMPANIE!!!“ brülle ich in den Raum: „SAMMELN IN DER KÜCHE!“ Keine Reaktion. „UND ZWAR ZACKIG.“ Immerhin, Sonja steht stramm. Der Rest ignoriert mich standhaft. „Okay“, seufze ich in Zimmerlautstärke, „wollt ihr Plätzchen oder Schokoladenkuchen backen?“ Sonjas entsetzen Blick interpretiere ich falsch. „Hast du
meine Whatsapp nicht bekommen“, flüstere ich. „Doch. Aber jetzt hast du ihnen die Wahl gelassen!“ zischelt sie zurück.
Verhältnisse lernt man mit Kuchendiagramm

Au Backe! Sie hat Recht. Wenigstens habe ich jetzt schon mal alle in der Küche. „Plääätzchen!“, ruft Linus. „Schokokuchen!“, ruft meine Tochter. „NEIN, PLÄTZCHEN!“, „NEIN! SCHOKOKUCHEN!! MAMAAAA!!!“ brüllt meine Tochter, während sie theatralisch unter den Küchentisch sinkt. Die Rettung kommt schließlich von Sarah, die auch Schokokuchen will und sogar ein Einjähriger versteht, wann er verloren hat.

Der eigentliche Backvorgang verläuft dann so harmonisch, dass ich beschließe, sowas öfter zu machen. Mit Feuereifer helfen sechs kleine Hände
beim Wiegen, Abmessen, Mischen und Rühren und was dabei rauskommt, sieht aus, wie ein echter Schokokuchen. Während die Kids wieder in den üblichen Spiel- und Zankmodus verfallen, freue ich mich tatsächlich mal über unseren Ofen, der die Meinung vertritt: je schneller, desto besser. Für Plätzchen braucht er fünf Minuten, für Schokokuchen 15.
Unser Schokotraum

Dick mit Kuvertüre bestrichen steht er dann auf dem Tisch. Drum herum Schälchen mit Zuckerperlen, Schokostreusel, Smarties und Gummibärchen und nochmal drum herum drei Kinder und drei Erwachsene (mein Mann ist mittlerweile auch gekommen). Wie bei dieser Konstellation zu erwarten, endet der Nachmittag mit glücklichen Kindern im hyperaktiven Zuckerrausch. Ein paar Streuseln und Gummibärchen haben es dank uns Erwachsenen doch noch auf den Kuchen geschafft. Der Rest verteilt sich in Bäuche und auf dem Fußboden.

Es ist halb sieben. Die Küche braucht einen neuen Anstrich, mein Mann sein Abendessen und ich mein Bett. Wenn da nicht noch der Interviewtermin mit dem Vorstandsvorsitzenden wäre. Ich klaube mir Smarties und Gummibärchen aus den Haaren, wasche die Schokolade von meinen Händen und überlasse meinem Mann das Chaos, um mich im Arbeitszimmer zu sammeln und  vom Mamimodus in den Journalistinnenmodus umzuschalten.Um zehn vor sie en steht plötzlich meine Tochter in der Tür. Ich will ihr gerade erklären, dass ich keine Zeit habe, ihr etwas vorzulesen, ihr das Prinzessinnenkleid anzuziehen oder ein Wurstebrot
ohne Wurst zu schmieren, da kommt sie zu mir, legt die Arme um mich und sagt: „Mama, du bist meine beste Freundin.“ Hej, denke ich: Kann es etwas Schöneres geben, als unser Familienchaos?
Wem jetzt noch genau 5 Stunden und 10 Minuten unserer Chaos-Geschichte fehlen, der hat natürlich Recht. Aber ich muss ja arbeiten. Deshalb überlasse ich das Wort und den letzten Teil des Tages jemandem, der hier genauso mit drin hängt, wie ich: meinem Mann.
Silvester – Das Übliche

Silvester – Das Übliche

2014 ist schon so alt, das nur noch ein Blatt im Abreißkalender hat. So alt, wie ich mich fühle, wenn ich morgens im Bad meinem Spiegelbild ausweiche. Was hat es gebracht, das Jahr? Leider vieles, das in die Kategorie „In was für einer Welt leben wir eigentlich?“ passt. Wer sich nochmal gruseln will, schaue sich den ein oder anderen Jahresrückblick an…

Für die Nachbarin war 2014 ein besonderes Jahr. Sie erblickte nämlich am 13. Januar das Licht der Welt. Völlig unabsichtlich und ungeplant und eigentlich nur, weil so ein Bloggerprofil so einfach einzurichten ist, dass sogar Mami es kapiert hat. Beim Thema „intuitiv bedienbar“ gehen gewisse Meinungen dauerhaft auseinander (also zum Beispiel meine und die meines Informatikermannes). In diesem Fall nicht und schon war sie da – meine Alte Ego – und wollte nicht mehr weg. Den Rest kennt ihr.

Dass sie aber mein Jahr derartig durcheinander bringen würde, damit hätte ich niemals gerechnet. Ich lag also an einem grauen Januarmorgen auf der Couch, vor mir mein Potpouri der guten Vorsätze. Wollte entschleunigen, drei Kilo abnehmen, gesünder und nachhaltiger leben, netter zu meinen Mitmenschen sein, mehr Zeit für meine Familie haben… das Übliche eben. Ob ich meine Vorsätze auch umgesetzt habe? Nur so viel: Ich habe vier Kilo zugenommen.

Moment kleine Schokoladenpause…

So, wo war ich. Gute Vorsätze… Zu meinen Vorsätzen gehörte im Januar definitiv nicht, im Juni 2014, nach genau sieben Jahren, meinen sicheren Job als Online-Redakteurin zu schmeißen, mir zu Hause ein Homeoffice einzurichten und mich monatelang mit Dingen wie „Künstlersozialversicherung“ und „Umsatzsteuervoranmeldung“ zu befassen. Ihr wisst schon – schade um die Lebenszeit und so. An dieser Stelle noch mal vielen Dank an hilfreiche Kollegen und vor allem meinen Mann, der meine Legasthenie in Sachen Behördenkram und Exceltabellen mit stoischer Gelassenheit erträgt bzw. die Dinge einfach selbst in die Hand nimmt.

Heute sorgt die Nachbarin zum Teil für meinen Lebensunterhalt, indem sie sich auch regelmäßig auf dem Livestyle-Blog von GALERIA Kaufhof austoben darf. In meinem anderen Leben bin ich dem guten alten Online-Journalismus treu geblieben und er mir. Diese Mischung macht zufrieden und so haben die Nachbarin und ich unseren Schritt noch keinen Tag bereut.

Die Nachbarin und ich

Wieviel Nachbarin in mir steckt und wieviel von mir in der Nachbarin, darüber gehen die Meinungen auseinander. Meine älteste Freundin meint lapidar: „Mehr, als du denkst.“ Meine Mutter wundert sich unterdessen, wie ich immer auf „diese ganzen lustigen Geschichten“ komme und ich kann nur sagen: Sie passieren genauso. Naja, also fast genauso, in etwa. Mein Mann geht von mehr Wahrheitsgehalt aus, „als noch normal ist“. Wer es genauer wissen will, darf fragen.

Zweierlei freut mich immer wieder: Wenn ich mit „Hallo Nachbarin“ angesprochen werde, denn dann weiß ich: „Hach! Mein Leser!!“ Und: Wenn mir Leute ihre eigenen komischen Geschichten überlassen, mit denen ich dann machen darf, was ich will. Da geht mir das Herz auf. Danke 🙂 Ansonsten sind die Nachbarin und ich zum Jahresende ziemlich verschmolzen, was auch meine Gewichtszunahme erklären könnte. Ich hoffe, sie bleibt mir auch im nächsten Jahr erhalten, vor allem, wenn sie jetzt gleich meine Vorsätze liest:

– Ich muss und ich werde ein System finden, das den Sockenverlust auf ein Minimum reduziert.
– Ich werde keine Geburtstags-Mails und -Whatsapps mehr mit den Worten: „Nachträglich, aber besonders herzlich…“ beginnen (An dieser Stelle gratuliere ich nachträglich, aber besonders herzlich M. aus J. bei R. zum elften Geburtstag. Sorry Mate, ist ja noch das alte Jahr)
– Ich werde zucker- und (hoffentlich auch bald) fettarm leben (darauf noch ein Stück Toblerone).
– Ich werde meine sportlichen Ambitionen weiter verfolgen und wie 2014 jede mir irgendwie mögliche (ihr seht die Auswahl ist begrenzt) Sportart mindestens zweimal betreiben.
– Ich werde mindestens dreimal in der Woche Zahnseide benutzen und mich einer professionellen Zahnreinigung unterziehen. (Dr. M., Sie haben gewonnen.)
– Ich werde täglich Nachrichten hören/lesen/schauen, auch wenn es mir nach einer Folge „How I met your Mother“ viel besser geht.
– Ich werde aus meinem Arbeitszimmer-Schrägstrich-Gästezimmer-Schrägstrich-Rumpelkammer, das derzeit den Charakter und die Raumqualität einer verschimmelten Nerd-Butze hat, ein präsentables Arbeitszimmer-Schrägstrich-Kreativraum-Schrägstrich-Wenn-jemand-zu-Besuch-kommt-darf-er-trotzdem-hier-schlafen-Zimmer machen…
– Ich werde mich durch unseren familiären Mikrokosmos wühlen und wenn es was zu schreiben gibt, werde ich schreiben.
– Ich werde die Privatsphäre meiner Tochter so gut es geht schützen, damit sie nicht, wie unlängst von einer Kindergarten-Mutter prophezeit, in fünfzehn Jahren zum Therapeuten muss und danach zum Anwalt geht, um mich zu verklagen.

Ach ja, und ich werde entschleunigen, 6 Kilo abnehmen, nachhaltiger leben, netter zu meinen Mitmenschen sein, mehr Zeit für meine Familie haben… das Übliche eben!

Viel Glück!!!

In diesem Sinne:

Bleibt gesund,
verlernt das Lachen nicht
und schaut 2015 mal wieder rein.

Die Nachbarin und ich – wir freuen uns!!!

Die Zeit anhalten

Die Zeit anhalten

Entschleunigung! Wer mich kennt, weiß, dass ich dieses Wort nicht leiden kann. Wahrscheinlich, weil ich dieser Tante E. immer mit enervierender Erfolglosigkeit hinterherrenne. Kein Wunder, so als langsamste Joggerin des Planeten. Trotzdem ist sie ja irgendwie der Grund für meinen Blog. Und siehe da, nach acht ergebnislosen Monaten habe ich endlich ein Werkzeug gefunden, um sie zu erreichen. Es ist der Knopf an meinem Wasserkocher.Aber von Anfang an: Wir wollten also in den Urlaub. Ans Meer. Nicht schon wieder Seychellen, dachte ich und beschloss: Diesmal fahren wir an die Nordseeküste. Als die Familie meinem Vorschlag etwas unenthusiastisch begegnete, zog ich meinen Trumpf aus der Tasche: „Nein, nicht Holland. Diesmal machen wir was Besonderes: Wir fahren nach Ostfriesland!“

Zwanzig Minuten später hatte sich der Sturm der Begeisterung etwas gelegt, so dass ich mir wieder Gehör verschaffen konnte: „Wir werden in einem Mühlenhaus wohnen und uns wird völlig egal sein, ob es regnet, schneit oder weht. Denn ich packe einfach für alle Eventualitäten.“ Der Urlaub verzögerte sich dann noch um einige Monate, weil wir für unseren französischen Kleinwagen erst einen Dachgepäckträger und dann noch einen Anhänger kaufen mussten…

Ab auf den Ostfriesenspieß
Aber schließlich waren die 20-seitige Packliste abgearbeitet, die fünf Kubik verstaut und es ging los Richtung „Ostfriesenspieß“. So heißt die A31. Sie fängt hinterm Ruhrpott an und ist die leerste Autobahn Deutschlands. Hier fahren pro Minute nur neun Autos. Dass wir es dann schafften, auf dieser Autobahn trotzdem zwei Stunden im Stau zu stehen, lasse ich an dieser Stelle mal unerwähnt.
In unserem Mühlenhaus angekommen, stellten wir fest: Im zentralostfriesischen Uttum mahlen die Mühlen nicht nur langsamer, sie malen gar nicht! Was daran
liegt, dass die eindrucksvolle Windmühle keine Flügel hat. Ein Manko, über das ich großzügig hinwegsehen konnte. Was mich jedoch viel mehr bewegte, war ihre
Lage, nämlich total ungünstig zwischen dem nächsten UMTS-Masten, Satelliten oder was weiß ich und besagtem Mühlenhaus. Wir hatten KEIN INTERNET!!!
Panik und Schweißausbrüche meinerseits. Das hätte man beim Bau vor 150 Jahren nun wirklich beachten können, zürnte ich, um dann in der Abenddämmerung drei Stunden lang mit aufgeklapptem Laptop in den verkrampften Händen ums Gelände zu schleichen, auf der Suche nach dem Netz. Das ich nicht fand. Stattdessen zog ich einen Schwarm Moskitos, Nachtfalter und Fledermäuse hinter mir her und fiel fast in den Wassergraben am Grundstücksende. Aufgegeben habe übrigens nicht ich, sondern der Laptop-Akku.
Ein Urlaub, wie er früher einmal war
Aber man gewöhnt sich an alles und nach drei Tagen aussichtslosen Suchens quer durch Ostfriesland – das Ganze erwies sich als flächendeckendes Problem – war ich bereit, meinen Urlaub zu beginnen. Der Laptop blieb zu, das Tablet wanderte in die Schublade, das Smartphone wurde zum Fotoapparat und ich begann endlich – ENDLICH – zu entspannen. Was folgte war
ein „Urlaub, wie er früher einmal war“ mit einem „Sommer, wie er früher einmal war“ und ich hätte beides gerne bis 2020 ausgedehnt.
Allein – wir mussten zurück. Raus aus der ostfriesischen Sonne, rein in den rheinischen Dauerwolkenbruch bei 16 Grad Celsius. Das Netz ist perfekt, der Stress ist zurück! Aber das ostfriesische Rezept zur
Entschleunigung haben wir uns als Souvenir mitgebracht. Hier ist es:Wasser in den Wasserkocher einfüllen. Knopf an Wasserkocher drücken. Warten bis es blubbert. Schwarzen Ostfriesentee in Teebeutel füllen und in ostfriesische Teekanne einhängen. Mit heißem Wasser übergießen, 3 bis 5 Minuten ziehen lassen. Ein Kluntje (Mega-Kandis) in einer ostfriesischen Teetasse platzieren, Tasse zur Hälfte mit Tee füllen.
Sahne mit dem ostfriesischen Rohm-Lepel (Mini-Sahnekelle) in den Tee einbringen. In die Sahnewolken schauen. Nichts mehr denken, nichts mehr sagen, nichts mehr tun.