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Der Weg ist das Ziel (Teil 2)

Der Weg ist das Ziel (Teil 2)

Wenn die Zeit drängt, sagen Informatiker gerne „T Minus“ und setzen dann eine entsprechende Minutenzahl dahinter. Die Zahl zeigt an, wie viel Zeit noch bleibt. Zum Beispiel bis das System abstürzt, etwas explodiert oder eine Braut am Ort der Trauung ankommen will (bevor ihr System abstürzt und sie explodiert.) Und dieser Zeitpunkt war für mich eine Stunde vor der Trauung, denn ich wollte den Gästen nicht vorher über den Weg laufen.

T Minus X

Es war also T-40 vor Ankunft und damit im eigentlichen Sinne noch nicht soooo spät, wie ich mich fühlte. Das erklärt auch, warum meine Familie eine gewisse Gelassenheit an den Tag legte, als ich mit wogendem Babybauch unterm Spitzenkleid auf den Parkplatz stampfte. Dort versuchten sie gerade, das wunderschöne Blumengesteck meiner Mutter auf der Motorhaube zu befestigen. Mein Puls lag zu diesem Zeipunkt ein wenig oberhalb des gesunden Maßes, so dass ich ihren Bemühungen nicht die angemessene Beachtung schenkte. Stattdessen blaffte ich irgendwas und platzierte mich brütend und mit zwei großen Ausrufezeichen in den Augen im Fond des Wagens.

Das Navi

Nach einem Blick in mein Gesicht, kamen die anderen dann erstaunlich schnell zur Einsicht, doch besser loszufahren. Gesteck hin oder her! Leichter Regen schlug gegen die Windschutzscheibe, während wir so fuhren. Eigentlich kannte ich den 30 Kilometer langen Weg, wollte aber in meinem Zustand und mit Blick auf die Uhr, die offensichtlich einen Weltrekord aufstellen wollte, doch lieber auf das Navi meines Vaters vertrauen. Damals wusste ich noch nicht, wo Navis einen so hinführen können (Rotkäppchen im Düsterwald).

Vielleicht hätte ich stutzig werden sollen, als das Gerät die Auffahrt zur Autobahn nicht fand und wir stattdessen langsam durch ein Bonner Rheindorf zuckelten. Aber ich war mit dem Wetter (15 Grad und Regen), dem Theologen (immer noch keine Rückmeldung) und dem Blumenschmuck auf der Motorhaube beschäftigt, der bedenklich vibrierte und dann auch just in dem Moment blütenwerfend nach oben schlug, als wir doch noch zur Autobahn fanden.

On the road

Bei T-30 brachte mein Vater das Auto auf dem Standstreifen zum Stehen. Bei T-29 hatte er das Gesteck in den Kofferraum verfrachtet und wir fuhren mit 150 Sachen über die erste Autobahn, der noch eine zweite, dritte und vierte folgen sollten, bevor es dann links in die Büsche ging. Kein Stau hielt uns auf, keine Polizei hielt uns an. Alles war gut und ich wagte, mich ein wenig zu entspannen. Zu früh, wie ich bald darauf feststellen sollte.

T-05: „Jetzt weiß ich auch nicht mehr, wo wir sind.“ Außerdem wusste ich nicht, ob ich lachen oder weinen sollte, während ich diesen Satz sagte und danach stumm auf das hübsche Einfamilienhaus in einem Neubaugebiet starrte, vor dem wir gestrandet waren. Leider stand es an einem Wendehammer und die einzige Richtung, die uns blieb, war zurück nach Norden, obwohl wir eigentlich nach Süden wollten. Das Navi beharrte darauf, dass wir den Zaun des Hauses niederwalzen, durchs Gemüsebeet pflügen und dann durch den Gartenteich schippern sollten, um den dahinterliegenden Feldweg gen Süden zu erreichen, aber irgendwas hielt uns davon ab…

Metalcore für die Nerven

Ich kann beim besten Willen nicht sagen, wie wir aus dem Wohngebiet raus, auf die Bundesstraße drauf, durch drei weitere Dörfer hindurch und am Ende tatsächlich bis zur Einfahrt unseres Klosters gekommen sind. Wahrscheinlich war ich gnädigerweise in Ohnmacht gefallen. Jedenfalls standen wir plötzlich, es war T+12, auf dem Parkplatz. Reflexartig ließ ich mich in den Fußraum fallen, was meinem Kleid nicht wirklich zuträglich war, denn um den Eingang herum entdeckte ich Fußvolk. Die ersten Gäste! „Wir pirschen uns von hinten an“, entschied ich. Dass wir uns dazu durch eine Hecke wurschteln und über die regennasse Wiese laufen mussten, interessierte mich zu diesem Zeitpunkt nur noch perifer. „Wenn du was willst, ist alles egal“, sagt mein Mann immer und je nach Situation, ist es ein Vorwurf oder ein Lob.

Hochzeitswolken

Die letzte halbe Stunde vor der Trauung verbrachten wir zweisam im Brautzimmer, warfen hin und wieder misstrauische Blicke auf den Wolkenhimmel vor dem Fenster (Open Air-Trauung und so) und versuchten, uns zu entspannen. Die Trauzeugen hatten alles im Griff, der Theologe war aufgetaucht und ich freute mich einfach nur auf den Tag, während mein Mann – bis dahin ennervierende Ruhe selbst – langsam zappelig wurde und sich nur noch mit Metalcore-Musik aus dem iPod beruhigen ließ.

Einmal sollten wir auf dem Weg zum Altar fast noch vom Weg abkommen, als das süße Blumenmädchen im Klosterhof zu den Klängen von „I belong to you“ forschen Schrittes die falsche Abzweigung nahm. Aber irgendwie schafften wir es doch noch durch den Mittelgang nach vorne und siehe da, in dem Moment, als wir uns auf den Stühlen niederließen, kam die Sonne raus und blieb uns bis nach dem Sektempfang hold. Danach war das Wetter dann den meisten schon egal.

Die Anfahrt sollte nicht die letzte Panne des Tages gewesen sein. Vielleicht schreibe ich im nächsten Jahr über Hochzeitstorten und DJs 🙂 Aber trotzdem war es ein wunderschöner Tag, der mit all seinen Begegnungen und Geschichten – den lustigen, nervigen, rührenden und schönen – unvergesslich ist.

Alles Liebe zum Hochzeitstag, mein Schatz!

Deine – und natürlich Eure – Nachbarin

Geschafft!!!

PS: Einen Tag nach der Trauung rief mein Vater an: „Ich weiß jetzt, was mit dem Navi los war. Es war auf ökonomische Streckenführung eingestellt und hat Schnellstraßen und Autobahnen vermieden.“ Drum versuche, wer sich ewig bindet, am Tag der Trauung keinen Sprit zu sparen 😉

Wie wir mal fast zu spät zu einer Hochzeit kamen (also zu unserer eigenen)

Wie wir mal fast zu spät zu einer Hochzeit kamen (also zu unserer eigenen)

Heute vor vier Jahren genau, saß ich mit dickem Bauch völlig entnervt auf dem Bett und schrie meinen Mann an. Es war vier Tage vor unserer Hochzeit, ich im siebten Monat schwanger, gerade hatten wir einen aufreibenden Umzug hinter uns. Die Schwiegereltern waren schon angereist und es gab noch so UNENDLICH viel zu tun. Während meine Schwiegermutter in der Küche eine perfekte dreistöckige Hochzeitstorte zauberte, saß mein Schwiegervater am Küchentisch und tütete seelenruhig kleine weiße und rosa Zucker-Mandeln in 87 Organza-Säckchen ein. Mein Vater schnitzte in seinem Werkzeugkeller ein riesiges weißes Holzherz für die Fotosession und meine Mutter fertigte wunderschöne Blumengestecke, meinen Brautstrauß und die Dekoration fürs Brautauto.

Währenddessen versuchte ich – tiefer in der Schwangerschaftsdemenz versunken als Atlantis im Meer – noch an all die tausend anderen endwichtigen Dinge zu denken, die als undefinierbare Masse durch mein Hirn waberten. Erschwerend kam hinzu, dass ich zu dieser Zeit KEINE – also ABSOLUT KEINE (nicht mal eine Tafel am Tag) – Schokolade essen dufte: Ich hatte Schwangerschaftsdiabetis. („Nein, nur leicht erhöhte Zuckerwerte und du hast dich total verrückt gemacht“, wirft mein Mann immer ein, wenn ich davon erzähle. „Ja, Schatz, ich war halt schwanger, das impliziert reinsteigern.“) Außerdem grassierte dieser schlimme, damals noch ungeklärte EHEC-Virus und ich aß eigentlich gar nichts mehr, aus Angst, mir was einzufangen. Das Ganze war meinem Nervenkostüm, das ja bekanntlich eher so Bettlaken- als Dauenendecken-Niveau hat, NICHT zuträglich. Und meinem Mann auch nicht.

Er hat mich trotzdem geheiratet. Auch wenn die Anfahrt zum Kloster, wo die Trauung im Garten stattfinden sollte, uns fast noch davon abgehalten hätte: Es begann damit, dass ich gestiefelt und gespornt, also in voller weißer Montur vor unserem Haus stand und wartete: Darauf, dass mein Mann und meine Eltern mit dem Brautwagen um die Ecke biegen würden, um mich einzusammeln. Ich hätte auch gleich mit zum Parkplatz gehen können und hätte es auch besser getan, wollte aber meine gerade erst neu erworbene Nachbarschaft nicht mit meinem auffälligen Auftritt verschrecken. Man weiß ja nie. Heute, da ich sie kenne und liebe, wäre das natürlich kein Thema mehr.

Da stand ich also, bibberte in der kühlen Morgenluft und schaute misstrauisch auf die sich türmenden Wolkenberge am Himmel. Mit der einen Hand hielt ich mein Täschchen an die Brust gepresst und mit der anderen meinen Bauch. Meine jüngste Sorge war, dass ich unseren Theologen seit Tagen nicht erreicht hatte. Würde er kommen oder würden wir in zwei Stunden alleine vor versammelter Hochzeitsgesellschaft stehen… Ich übte schon mal eine Rede und ein kleines Liedchen – irgendwas muss man den Leuten ja dann bieten, wenn sie zum Teil viele Tausend Kilometer aus dem Ausland einfliegen und dann findet die Hochzeit gar nicht statt. Nach fünf Minuten rumstehen, Sorgen machen und leise „Ein Vogel wollte Hochzeit machen“ trällern, begann ich mich vorsichtig zur fragen WOINALLERWELTMEINEVERWANDSCHAFTMITDEMAUTOBLIEBHERRGOTT!

Ein Mütterchen kam auf ihren Rollator gestützt vorbei, sah mich Streichholz mit rotem Gesicht und flammendem Haupthaar am Wegesrand stehen und fragte mitfühlend: „Kann ich Ihnen helfen?“ Ja, wollte ich antworten. „Nehmen Sie mich mit, ganz egal wohin. Irgendwo hin. Oder, Moment, kennen Sie vielleicht einen Pfarrer, der uns spontan trauen könnte, nur für den Fall, dass unser Theolge nicht kommt? Oder wenigstens einen Chauffeur, falls mein Mann und meine Eltern auf den 50 Metern zum Parkplatz ins Bermuda-Dreieck gefallen sind.“

Ich bremste mich im letzten Augenblick, schließlich hätte mir der Pfarrer ohne meinen Mann auch nicht viel genützt und piepste stattdessen: „Kennen Sie die zweite Strophe von „Ein Vogel wollte Hochzeit machen?“ Sie lächelte in sich hinein und tätschelte mir liebevoll die Hand: „Ich wünsche Ihnen einen unvergesslichen Tag“, sagte sie und ging davon. Den habe ich jetzt schon, dachte ich, als ich schweren Herzens mein Kleid raffte und mit so viel Würde wie möglich zum Parkplatz lief…

Das war natürlich erst der Anfang des steinigen Umweges, der uns am Ende unglaublicherweise doch noch vor den Traualtar führte, ohne dass ich aus Stress vorzeitig niedergekommen wäre. Weiter geht es im nächsten Post, wenn ihr mögt!!

Sommergrüße und Luftküsschen!

Eure Nachbarin

Quality-Time oder…

Quality-Time oder…

Kürzlich abends ist es schon wieder passiert. Das Kind schlief freiwillig und um acht. Ein Samstagmorgen ohne Stress warf seine goldenen Schatten voraus. Quality-Time für Papi und Mami. Äh, für Ehemann und Ehefrau, meine ich. Zwei Liebende, die irgendwie nie dazu kommen. Es sei denn man hält Gespräche wie „Schahatz! Du hast schon wieder deine schwarzen Socken in die weiße 60-Grad-Wäsche geschmissen!“ oder „Mutti!!! Du wolltest doch die Umsatzsteuervoranmeldung machen.“ Oder: “ Du kämmst ihr die Haare!“- „Nein, Du!“- „Ich hab heute das Auto getankt“ – „Mist, okay!“ für Liebesgesäusel.

Also Quality-Time! Entspannen, loslassen, genießen… Nein, nicht, was ihr wieder denkt. Ich rede von einem gemütlichen Fernsehabend, ohne dass ich frühzeitig aus Erschöpfung auf dem Sofa kollabiere. Wobei Fernsehen ist vielleicht das falsche Wort: Wir leben schließlich in einer Demand-Gesellschaft (sagt zumindest mein Mann) und da hat man dann eine Firebox oder wie das heißt und kann sich Serien und Filme nach eigenem Gusto auswählen. (Nach dem letzten Tatort, in den ich aus Versehen reingeraten bin, finde ich das auch ganz wichtig.) Und genau hier – also bei der Auswahl endet jedes Mal unsere Qualitiy-Time…

Mars versus Venus

Selbstverständlich sind mein Mann und ich einzigartige, außergewöhnliche, hochindividuelle Geschöpfe. Manchmal aber leider auch nur wandelnde Klischees von Mars und Venus. Ohne Shuttle dazuwischen… Wir flippen uns also zunächst motiviert durch gefühlte 150 Filme und Serien, ohne auch nur ansatzweise auf einen Nenner zu kommen. Es fängt schon bei der Farbe an: Schatzi mag Cover in schwarz, grau, rot (für Blut) und dunkelblau (für düsteres Mondlicht). Ausnahme: Twighlight! Sowas fällt garantiert NICHT in sein Repertoire. Ich mag – wie auch im Leben – helle Töne, grün, pink, gelb – ach, einfach Farben halt. Am liebsten sehe ich gesunde, fröhliche Menschen und keine Zombies oder Leute, bei denen der Augapfel aus der Höhle fällt. Das muss doch weh tun!


Von Horror bis Splatter

„Ich finde, ich habe eine große Bandbreite“, sagt mein Mann. Also Horror, Psycho, Splatter, Endzeitgeschichten, Sci-Fi, Action und Zombiefilme. Ich finde, ich habe eine große Bandbreite: Also Komödien, Liebesfilme, Drama, Familienfilme, Off-Broadway-Filme, Action, Biografien, Klassiker und Musikfilme. „Ein bisschen Anspruch sollte schon dabei sein“, sagt mein Mann. Und ich sage in den nächsten fünf Minuten gar nichts, weil ich von einem Lachanfall geschüttelt werde. Na bitte, da hab ich meine Comedy ja schon. Der aufmerksame Leser wird eventuell festgestellt haben, dass Action in der Tat auf beiden Listen vorkommt. Aaaaber, auch bei Action gibt es eine Bandbreite. Von Conan der Barbar (niemals!) bis zu Mission Impossible (Joooaaaar, alle schon durch).

Raaapüüüüü!!!

Soll heißen, alle Filme, die in irgendeiner Form kompatibel sind, haben wir schon gesehen. Also die fünf. Seitdem landen wir jedes mal bei einem schlechten Kompromiss, den wir einhellig nach zehn Minuten ausschalten. Das ist dann der einzige Moment der Eintracht bei unserem Paarabend. Mein Mann sagt dann resigniert  Dinge, wie: „Ach, guck du doch ‚How I met your mother‘, ich spiel noch ein bisschen!“ und ich antworte entkräftet: „Oder guck du doch ‚The Walking Dead‘ und ich schlaf schon mal ein bisschen.“ Auf der Couch, während mein Mann sich das Gemetzel reinzieht. Da kann ich super schlafen, denn er wacht gleichzeitig über mich und schaut nach unserem Töchterchen, wenn sie ruft. „Ehe ist so was Schönes!!“ denke ich noch. Dann versinke ich in völliger Verantwortungslosigkeit und genieße: ECHTEN Quality-Sleep!

PS: Dass ich selbst in meinem Leben schon zu viel Horror, Splatter und Psycho gesehen habe, dämmerte mir, nachdem ich „Drop-Eye-Jonny“ oben im mittleren Bild skizziert hatte. Danach ging ich nämlich ans andere Ende der Wohnung, um mich umzuziehen und hörte im vorderen Teil plötzlich eine Holzdiele knacken. Mein erster Gedanke war: Oh Mann, jetzt ist er lebendig geworden!!! Glücklicherweise (auch für die Nachbarn) kam ich zur Besinnung, bevor ich mich in Shirt und Schlüpper vom Balkon abseilen konnte…

Das Strickkleid

Das Strickkleid

Also gestern waren wir auf einer Familienfeier und haben von Samstag auf Sonntag im Hotel übernachtet. Ein echt süßes Hotel! Altes Haus mit Toscana-Flair, tolles Zimmer mit Himmelbett, KEIN Ganzkörperspiegel. Warum ich das so betone? Na, ansonsten wäre mir dieses Kleid gestern sicher nicht passiert.

Ich habe im Moment so einen Spleen: Nachdem ich – zum Leidwesen meiner Mutter – knapp 38 Jahre lang Schluppi-Geschichte in Jeans geschrieben habe, möchte ich es jetzt, wo es auf die vierzig zugeht, ein bisschen elegantisieren… (Wehe, jemand hat jetzt was anderes gelesen. Ich meine das „g“, von „f“ war nie die Rede, zumindest nicht bis gestern Abend). Während ich also beschloss, ein blau-schwarzes Strickkleid zu schwarzen Leggins anzuziehen, saß mein Mann am Sonntagmorgen entspannt in der Hotelbadewanne und genoß damit einen Luxus, den wir hier zu Hause nicht haben…

Kein zwickender Hosenbund hielt mich auf

Deshalb fehlte mir zum Ganzkörperspiegel auch noch ein kritisch-ehrliches Augenpaar. Meine Tochter wollte ich da nicht mit reinziehen, hatte ich doch genug damit zu tun, ihre Stylingwünsche zu erfüllen: „Einen unteren Pferdeschwanz, keinen oberen!“ – „Ja, Süße!“ Fünf Minuten später: „Mamaaaa, ich wollte Pippilangstrumpf-Zöpfe!!! Und warum habe ich keine roten Haare!“ – „Frag mal deinen arabischen Vater und ansonsten sei froh, die würden eh nicht zum pinken Kleid passen!“ „NEIN!! Nicht das pinke Kleid, das Weiße!!!“  „Schatz wir gehen zu einer Erstkommunion, das geht nicht. Außerdem haben wir kein anderes dabei!“ usw.usf.

Eigentlich hätte ich schon hellhörig werden müssen, als meine Tochter beim Festessen mehrmals auf die Frage antworten musste, ob sie sich ein Schwesterchen oder ein Brüderchen wünsche. Aber irgendwie klingelte nichts und ich schaufelte unverdrossen Schnitzel, Kartoffelsalat, noch nen Salat und zweimal Nachtisch in mich hinein. Kein zwickender Hosenbund hielt mich auf.

Dazu bewegte ich mich, wie gewohnt, langsam und bedächtig, wenn auch dank des wunderschönen Wetters, des Ponyreitens und der Hüpfburgenlandschaft auf dem Erlebnisgutshof verhältnismäßig viel. Also nicht, dass ich gehüpft und geritten wäre… Aber ich war dabei und hab aufgepasst, wahlweise wild hüpfende Kinder oder sture Shettys angebrüllt und dabei keinen Blick an meine Leibesmitte verschwendet.

Am Abend

Leider oder Gott sei Dank, hab ich den Blick am Abend allerdings im verspiegelten Schlafzimmerschrank nachgeholt und fühle mich nun zur folgender Erklärung verpflichtet:

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Familie! Nein ich bin nicht heimlich im fünften Monat schwanger. Ja, ich bin ganz sicher! Ja, ich weiß, dass ich so aussehe, aber das lag wirklich nur an diesem Strickkleid. Bisher lag mein Augenmerk auf den Problemzonen Hüften und Po und die gingen sogar irgendwie – in besagtem Kleid. Vielleicht habe ich mich auch nur an den Anblick gewöhnt. Es tut mir Leid, wenn sich jemand arglistig getäuscht fühlt, aber man kann mir
höchstens Fahrlässigkeit, nicht jedoch Absicht unterstellen. Ja, ich verspreche mich künftig nur noch in weit Schwingendes zu hüllen. Zur Sicherheit gehe ich am kommenden Samstag mit Personal Shopper einkaufen und werde berichten. Danke für Eure Aufmerksamkeit.

Puh und jetzt Mittagessen!

Eure Nachbarin (nicht schwanger)