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Am ersten Morgen nach durchwachter Nacht krabbele ich entsprechend zerknautscht aus meiner Koje. Draußen wabert der Nebel über das Bundeswehrgelände und taucht die Haubitzen in ein romantisches Licht. Der Tag soll wunderschön werden und frühe Vögel, die wir sind, schwingen wir uns gleich auf die Räder und kaufen ein paar Grundnahrungsmittel bei Rewe ein. Unser erstes gemeinsames Wohnmobilfrühstück lassen wir uns mit Blick auf den schier endlosen Betonplatz und die Bundeswehrbaracken schmecken.

Blick aus dem Wohnmobil aufs Militärgelände

Heute wollen wir samt Hund und zwei von drei Fahrrädern mit der Seilbahn nach Koblenz runter, denn wir haben Zeit totzuschlagen, bis meine Eltern am Nachmittag aus dem Urlaub kommen. Dann kann man es sich ja auch schön machen! Auf unserem Weg in Richtung Festung kommen wir am Adventuregolf, einem Abenteuerspielplatz und – ganz wichtig – zwei öffentlichen Toilettenhäuschen vorbei. Ich schaue mich um. Niemand zu sehen. „Wir sind echte Camper, wir gehen da jetzt drauf“, sage ich zu meinem Mann und drücke ihm hochmotiviert die Hundeleine in die Hand. Nun muss man wissen, dass weder er noch ich jemals auf öffentlichen Toiletten größeren Ballast abwerfen. Mal mit dem Hintern über der Schüssel schwebend ein bisschen Wasser lassen, okay. Aber alles andere geht für mich eigentlich gar nicht. Nun sind wir aber eben Camper und unser Vermieter hat gesagt, wir sollen unsere Bordtoilette nur im Notfall nutzen.

Als ich kurz darauf im chromglänzenden, vollmetallischen Toilettenhaus stehe, überkommen mich erste Zweifel. Zwar wartet außer meiner Familie niemand darauf, dass ich hier endlich fertig werde, aber in mir sträubt sich alles. Desinfizieren hilft immer, mache ich mir Mut, und sprühe etwa die Hälfte des Inhalts aus meiner kleinen Sakrotanflasche über die Toilette und den Quadratmeter drumherum. Dann kleide ich den schmalen Rand der Metallschüssel großzügig mit Klopapier aus und platziere mich vorsichtig. Nach zwei, drei angespannten Atemzügen weiß ich: Das wird hier heute nichts! Und als mein Blick auf einen Entsorgungsschacht für Spritzen fällt, war es das endgültig.

Kurz darauf stehe ich unverrichteter Dinge wieder im Morgensonnenschein und übergebe das Zepter an meinen Mann. Der schafft ganz heroisch, was ja eigentlich auch zu schaffen ist, und wir wandern entspannt in Richtung Seilbahn. Ich fühle mich ein klein bisschen wie eine Versagerin und tätschele mir innerlich die Schulter. Das wird schon. Wenn auch nicht mehr heute. Oder morgen. Denn in den nächsten zwei Tagen verweigert meine verschreckte Verdauung strikt den Dienst. Umso besser, so bin ich diese Sorge erstmal los.

Alles andere funktioniert an diesem Vormittag einwandfrei. Wir besichtigen lustige Ziegen auf dem Festungsplateau, fahren entspannt mit der Seilbahn in die Tiefe (was nicht selbstverständlich ist, weil 3/4 der Familie Höhenangst hat), wir besichtigen das Deutsche Eck, die Rhein- und Moselanlagen und die Altstadt und meine alte Heimat zeigt sich von ihrer besten Seite. Selbst unser aufgeregter Hund, der nur Wälder und Wiesen kennt, managt die Großstadt mit Bravour.

Braun weiße Ziegen mit SchlappohrenUnterwegs mit dem Fahrrad in der Koblenzer AltstadtDie Vier Türme in Koblenz unter blauem HimmelGoldendoodle und Sneakers von oben auf Kopfsteinpflaster

Ihn übergeben wir am späten Nachmittag meinen Eltern, denen wir gerne um den Hals gefallen wären. Kurz vor unserer Begegnung hat sich jedoch dank zweier Striche auf einem Antigentest der beiden Türkeirückkehrer die Empfehlung ergeben, das heute lieber zu lassen. Also winken wir auf Abstand, wünschen von Herzen gute Besserung und fahren wir bei Bilderbuchwetter auf der A61 in den Abend hinein. Nächster Halt: Oggersheim. Nicht weil wir so große Fans des verstorbenen Altkanzlers wären, sondern weil Hornbach dort Propangas-Flaschen im Angebot hat. Und ich will ja unbedingt doppelt bestückt Richtung Süden starten.

Beste Grüße von Eurer Nachbarin – erleichtert (aber nur um einen Hund)

 

 

Im Land der Träume