
Frühlingsboten
wirklich tollen Ausflug in die Eifel machen will guckt hier.
Hinke mit dem Bloggen gerade etwas hinterher… Das hat mit der Zeitumstellung zu tun (Frau Aigner, wo muss ich unterschreiben?). Außerdem mit der Idee unserer Tochter, sich selbst den Schnuller zu entwöhnen, ohne allerdings mit den Entzugserscheinungen klarzukommen. Für unsere Schlafsituation bedeutet das eine Verschlechterung um 60 Prozent nächtlich und das bei einem generellen Level, den mein begeisterungsfähiges Ich mit „ganz okay“ bewerten würde. Leider hat sich dieses Ich jüngst zusätzlich in Luft aufgelöst, während „Geistig-klar“ mächtig angepisst aus der Kneipe zurückkam (siehe ‚Shabby oder schick‚) und mir nun die Stimmung verkatert. Über den Grund schreibe ich mal, wenn ich mich nicht mehr aufrege. Das kann dauern…
Wie dem auch sei, schlimmer geht immer und außerdem ist Fastenzeit, da soll man ja bekanntlich leiden. A propos, mein Mann hat mir übrigens letzte Woche gesagt, dass er mich nicht versteht. Das kam mir auch länger schon so vor, immer dann, wenn ich von aufzuhängenden Lampen, aufzuhebenden Socken oder einzukaufenden Luxusgütern (Deko im Shabby-Schick) spreche. Ich war fast erleichtert, dass die Einsicht endlich von ihm selbst kam und wollte gleich nach einem guten HNO fahnden, als er mich bremste und meinte, es läge wohl eher an meiner Art zu kommunizieren. War ja klar, dass ich wieder zum Sündenbock seiner alters- oder Metalcore-bedingten Defizite gemacht werde…
Unsere zielführenden Gespräche sehen in etwa so aus: Ich: „Meine Tante hat angerufen, wegen dem Haus.“ Er: „Welche Tante?“ Ich: „Na, meine Tante.“ Er (spitzfindig): „Du hast mehrere Tanten!“ Ich (Haare raufend): „Ja, aber welche ruft wohl wegen dem Haus an…“ Oder während einer Fahrt über eine nahegelegene Autobahn, die derzeit baustellenüberfrachtet die Pendler quält. Ich: „Kommen die denn jetzt pünktlich?“ Er: „Wer?“ Ich: „Ja, wenn die jetzt im Stau stehen oder fahren die dran vorbei?“ Er: „Wer denn???“ Ich: „Oh Mann, deine Kollegen!!!“ Beiderseitiges Augenrollen. Augenrollende Smileys fand ich übrigens auch in einem Thread zum Thema „Frauen und Gedankensprünge“, denn natürlich habe ich mal wieder Doktor Google zum Thema befragt.
Ganz offensichtlich denken wir Frauen ja mit zwei Gehirnhälften. Und wenn sich jetzt links ein Gedanke bildet – vorausgesetzt er weiß wo links ist, ist ja ein weiblicher Gedanke – und der springt einfach mal spontan nach rechts rüber, nur weil es Spaß macht… schwups, kann der männliche Gesprächpartner nicht mehr folgen.Würde auch erklären, warum eine meiner besten Freundinnen und ich Unterhaltungen über Jahre hinweg fortsetzen, ohne, dass wir jedes Mal einleitende Worte brauchen. Nö, das geht dann einfach so. Ich sage unvermittelt: „Wenn man drüber nachdenkt, liegen die ja doch gar nicht so falsch!“ Und schon weiß sie, es geht um Fernbeziehungen oder um Osteopathie oder um die Frage, wie man den Neubefall von Kastanienbäumen durch die (wirklich) gemeine Miniermotte verhindert…
Aber gut: Et is wie et is, sagt der Kölner. Und ich gestehe, mir fehlt zwischen all dem Geröll, dass einem so den Alltag vermüllt, manchmal die Kraft und die Geduld für lange Einleitungen. Die Satzfragmente, die ich meinem Mann zuwerfe, erinnern ein bisschen an geistige Schnappatmung und tragen nicht zur Romantisierung des täglichen Einerleis bei. Eine Chicagoer Studie ergibt denn auch tatsächlich: Je näher sich zwei Menschen stehen, desto weniger tauschen sie aus. Sie setzen unbewusst voraus, dass ihr Partner genauso viel weiß wie sie selbst. Deswegen halten sie es offenbar nicht für nötig, den anderen zu informieren.“
Ist doch eigentlich ein Kompliment für meinen Mann… Okay, ist ja gut: Ich bestelle nen Logopäden und mein Mann den Elektriker: Vielleicht kann der was an seiner langen Leitung machen 😉
„Irgendwie verändern Kinder die Persönlichkeit“, meinte vor zwei Jahren ein Kumpel, der heute noch so weit von Nachwuchs entfernt ist, wie frischgebackene Eltern von der nächsten Partynacht. „Wie meinst du das?“ fragte ich, während ich meine fünf Monate alte Tochter mit einem gejuchzten „Huidibui!!“ schwungvoll durch die Luft schwenkte. Als Antwort erntete ich eine hochgezogene Augenbraue und ein lapidares
„Genau so!“
Nach zweieinhalb Mutterjahren kann ich ihm nur Recht geben. Neben zombinösem Durch-den-Tag-Wanken nach durchwachten Nächten, einem Gedächtnis für das der Vergleich „Sieb“ ein wahrer Euphemismus
ist und bereits erwähnten Alterungs- und Verbreiterungserscheinungen ist es vor allem das Kommunikationsgebaren junger Eltern, das irgendwo zwischen infantil und einfach nur albern schwankt.
Auch heute noch nutze ich Wendungen wie „Hui!“ (Kind rutscht!), „Uiuiui!“ (Kind klettert sehr hoch!), „Chaka!“ (Kind hat irgendetwas gut gemacht) und „Oh – eine Häufibäufi im Töpfchen“ (ohne Worte) – und werde das wohl tun, bis mein Kind antwortet: „Mutter, kann ich heute das Auto haben?“ Vielleicht kennt jemand die Situation, dass man ein fremdes Baby mit „Oh guckida, hast du ein schönes Teddyli!“ anspricht und einen unbewegten Blick aus großen Augen erntet. In diesem Momenten möchte ich bitte nicht wissen, was in seinem Kopf vorgeht.
Peinlicher noch, als die Kommunikation vom Muttertier zum Jungen, sind Gespräche zwischen Erwachsenen im Dunstkreis kleiner Kinder. Da kommt einem gegenüber dem Göttergatten schon mal locker ein „Ich hab Aua Bauch“ über die Lippen. Wenn der gestandene Ehemann ohne mit der Wimper zu zucken und völlig ernst gemeint antwortet: „Da hast du wohl zu viele Nunus gegessen“, macht es die Sache nicht besser. Und dann man wundert sich noch, warum das Liebesleben irgendwie brachliegt…
Stufe drei ist erreicht, wenn der Sprachverfall über die familiären Grenzen hinaus grassiert und sich etwa Ehemann und ein Kollege – beides Väter in Elternzeit – per Whatsapp zum „Hörsche kucken“ verabreden und damit meinen, dass mal wieder ein Gang zum Wildgehege ansteht. Ebenso kommen Zweifel auf, wenn die Vorsitzende des Kita-Elternbeirats alle Rundmails mit „Okili“ einleitet und mit „Supili“ beendet. Die Erzieherinnen habe ich witzigerweise noch nie so reden hören.
Wahrscheinlich sind es unbewusste frühkindliche Erinnerungen die Vorpubertierende dazu bringen Sätze wie „Mama, du musst mich nicht bis vor die Schule fahren, ich kann auch hier (drei Kilometer entfernt) aussteigen.“ Eine freundliche Übersetzung von „Alte, du bist mir peinlich.“
Meine Tochter ist da weniger subtil. Vor einigen Wochen zog ich zum ersten Mal seit dem Winter wieder Sneakers an, statt Stiefel. Das fiel meiner Tochter auf, als wir mitten im Gang des nachbarörtlichen Kinderflohmarktes standen. Sie warf sich laut brüllend auf den Boden und forderte, dass ich „sofort!“ aber auch „SOFORT!“ diese unsäglichen Schuhe ausziehen sollte. Es erforderte fünf Minuten guten Zuredens, sie davon zu überzeugen, dass ich nicht barfuß nach Hause gehen würde.
Ein weiterer Auswuchs kindgemachter Albernheit ereignete sich gestern Abend beim Nachhausekommen von der Arbeit. Seit einigen Wochen ist es ein beliebtes Spiel unserer Tochter, sich vor allen Ankömmlingen zu verstecken. Diese müssen dann ihr lautes Kichern überhören und die ganze Wohnung nach ihr absuchen.
Auch gestern stöckelten (ich) wir im Businesslook durch die Räume, sobald sich die Wohnungstür hinter uns geschlossen hatte. Laut rufend „Ja, wo ist denn die kleines Maus?“ „Hm – ist sie vielleicht unter dem Bett?“ „Nein, da ist sie nicht!“ „Wo kann sie denn sein?“ „Ist sie vielleicht im Schrank?“ „Nein da ist sie auch nicht!“ taperten wir durch unsere 110 Quadratmeter Altbau. Nur um uns nach ein paar Minuten etwas verlegen im Kinderzimmer zu treffen. Unsere Tochter war in der Tat gar nicht zu Hause, sondern mit Oma und Opa am Rhein.
Die Kunde von meinem Blog ist mittlerweile bis Bayern vorgedrungen 🙂 Bekam ich doch am Wochenende die etwas entgeisterte Mail einer ehemaligen Mitvolontärin und zweifachen Mutter: „Wann hast du denn dafür noch Zeit???“ Da die Frage angesichts meiner Entschleunigungsvorhaben dieses Jahr nicht ganz unberechtigt ist, habe ich mir mal wieder ein paar Gedanken dazu gemacht. Die Antwort lautet: „Ich habe dafür keine Zeit!“
Zum Beispiel heute: Nachdem Töchterlein die ganze Nacht derartig rumgeturnt ist, dass die Windel sich von allen Versprechungen losgesagt hat und ich sie komplett umziehen musste, hatte sie heute morgen wenigstens den Anstand erst nach sechs Uhr aufzuwachen. Das Anziehen war in dreißig Minuten über die Bühne, was kein Rekord, aber auch nicht schlecht ist. Sie hat sich ihre Hose nur einmal wieder vom Leib gerissen und auch das Kleidchen durfte bleiben. Ein Marmeladenbrot, dreimal „Michel, das glücklose Schaf“ und einmal „Der Klokönig“ später, Kind mit dem Vater in die Kita entsandt. Nicht ohne den täglichen Versuchsballon „Ich will aber nicht in den Kindergarten!“ an mir abprallen zu lassen. Ja, man wird hart…
In den zehn Minuten bis Ehemann wieder auftauchte ausgehfertig gemacht, außerdem spontan das Expedit-Regal im Kinderzimmer abgeschraubt und ins Gästezimmer am anderen Ende der Wohnung geschleift. Das hatte mich da immer schon genervt. Augenrollen des Ehemannes, der wieder zur Tür reinkam, ignoriert. Selbigen zur Arbeit gebracht. Dann Aldi, Obi, Post (nee, Mist, Paket vergessen) dm, Bäcker und Rewe. Einen Artikel schreiben, einen für die Nachbarin ausdrucken, das Kinderzimmer weiter ins Gästezimmer räumen und umgekehrt, waschen, aufräumen, kochen, zur Post (Grrrr!). Kind von der Kita abholen. Ach so, bloggen – zwischen Rewe und Artikel schreiben.
Wer will sich denn schon langweilen in den freien fünf Minuten zwischen sechs und halb drei? Ich nicht! Denn dann passieren wieder diese Gedankengänge wie heute morgen. Für mich ein klares Zeichen: „Die Frau – also ich – hat doch zu viel Zeit!“ Ich also bei Obi an der Kasse. Vor mir ein gebeugtes Mütterchen. Kauft eine Palette Frühblüher und drei Sack Gartenerde. Die freundliche Kassiererin (nein, nicht Wodka-Born, die ist ja bei Rewe) telefoniert dem Praktikanten hinterher, er möge der Dame doch beim Einladen helfen. Voraufhin Omilein die Beine in die Hand nimmt und mit einem Affenzahn – hätte ich ihr gar nicht mehr gegeben – aus dem Laden stürzt. Fast wäre sie volle Kanne mit dem Einkaufswagen in ihren 1990er Mercedes reingerauscht.
Und jetzt mein Gedankengang dazu: „Wieso ist die jetzt so schnell abgehauen? Die hätte sich doch locker mal von Hamed helfen lassen können? Vielleicht wenns ein Peter gewesen wäre und kein Hamed??? Oder es war ihr peinlich, weil sie sich gar nicht so alt fühlt, wie sie aussieht… Hm, damit hätte sie mir was voraus…“ – „Nein, ich weiß! Sie hat gestern Abend Opi um die Ecke gebracht und in den Kofferraum verfrachtet. Die Blümchen sind nur Tarnung und die drei Sack Blumenerde zum Verscharren!!“ Fall gelöst! Ich klopfe mir innerlich auf die Schulter, wo „Leicht-zu-Begeistern“ immer noch einsam rumsitzt und mit den Beinen baumelt.
Damit es nicht schlimmer wird – es gibt ja soviel, über das ich sonst nachdenken müsste: Krimkrise – droht der dritte Weltkrieg? Fleisch wird noch billiger – wir sollten doch komplett auf bio umsteigen! Am Mittwoch Termin beim Kinderorthopäden in der Uniklinik – unser Kind ist schief, sagt die Kita… Übrigens auch ihre Zähne, wie gewöhnen wir nur den Schnulli ab? Die nächste Erkältung hat schon den Fuß in der Tür, hoffentlich können wir überhaupt zum Kinderorthopäden, Zahnarzt, HNO…“ Kreisel, kreisel, kreisel… Oh Mann! Da blog‘ ich doch lieber!!
Eigentlich bilde ich mir was drauf ein, nicht mit jeder Mode zu gehen. Zum Beispiel Karottenhosen. Die sahen in den 80ern schon scheiße aus. Warum soll ich die jetzt anziehen. Mal ganz davon abgesehen, dass Hüften mit Tendenz zur Breite in Karottenhosen einen wahren Panoramaeffekt entwickeln. Jedenfalls braucht man diese Einstellung an der Kamera, um sie so auf’s Bild zu kriegen.
Das Gleiche gilt beim Einrichten: Da bleib ich mir treu. Skandinavischer Landhausstil! Weiß mit Farbtupfern. Schon seit Jahren. Schon laaaaange, bevor das so „in“ wurde. Und dabei bleibe ich. Auch wenn jetzt die 50er wieder Einzug halten. Ich finde der Begriff „Nierentisch“ sagt schon alles. Ich will keine Innereien im Wohnzimmer.
Aber eins nimmt mich immer mehr gefangen: Shabby Chick! Plötzlich ist aber wirklich alles salonfähig. Was du vor zwei Jahren noch voller Verachtung auf den Sperrmüll geknallt hast, findest du heute bei Dawanda unter „Vintage“ für viele bare Euros. Eigentlich fing es ja mit niedlichen Kommödchen vom Flomarkt an, denen man das Alter ansah. Und wenn nicht: zweimal Streichen, erst dunkler, dann heller und die Kanten abschleifen. So schnell nagt der Zahn der Zeit.
So langsam nimmt es aber groteske Formen an. Nicht nur, dass man irgendwie kaum noch neue Möbel ohne synthetischen Alterungsprozess bekommt und das irgendwie paradox ist, auch ich fange langsam echt an zu spinnen. Gut, wenn ich morgens in den Spiegel schaue, hilft mir die Vorliebe für
Shabby Chick, trotz der Misere einen Fuß vor die Tür zu setzen. Falten überschminken? Ach quatsch: AUFMALEN!
Aber heute morgen hab ich dann doch überlegt, ob ich noch alle Tassen im Schrank habe (natürlich mit Sprung…). Ich stand also wartend am Fähranleger, um mich auf die beste aller Weisen über den Rhein bewegen zu lassen, und starrte abwesend auf den modrigen, schrundigen und pittoresk vermüllten Uferbereich (Niedrigwasser). Und dann begannen meinen Augen trotz Müdigkeit zu leuchten:
„Shabby Chick!“ freute ich mich und sinnierte: Ein Foto vom Schlick als Poster groß aufziehen und ins Wohnzimmer über die Couch hängen… „Hast du nen Knall“, rief Geistig-klar auf meiner linken Schulter und es klang nicht wie eine Frage. „Aber die Roststellen am Anleger sind einfach zu charmant“, meinte Leicht-zu-Begeistern auf meiner Rechten. „Demnächst nagelst du dir noch tote Regenwürmer an die Wand, weil die so schön vergänglich aussehen“, ätzte Geistig-klar. „Hm, jetzt wo du’s sagst…“
Seitdem hat sich Geistig-klar nicht mehr zu Wort gemeldet. Er murmelte etwas von „Hopfen und Malz“ bevor er seine Tätigkeit einstellte. Wahrscheinlich sitzt er in der Kneipe. Heute Nachmittag jedenfalls, stand ich plötzlich bei H&M am Drehständer mit den Karottenhosen…
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