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Wenn’s mal wieder länger dauert…

Wenn’s mal wieder länger dauert…

Gestern sagte mein Mann zu mir: „Es würde mir viel besser gehen, wenn wir keine Hausratsversicherung, Gebäudeversicherung und Kinderversicherung hätten.“ Nun: MIR NICHT. Jetzt kann ich meinen Mann zwar verstehen, denn gerade ist wieder die Zeit, in der man – also er – Stunden vor dem Computer zubringt, um am Ende einen 50 Euro günstigeren Tarif und ein kostenloses Cuttermesser obendrauf zu ergattern.
Aber ich bin halt mehr so… mein Mann würde sagen „ein völlig übertriebener Sicherheitsfanatiker“ und mir vorhalten, dass ich schon alle Fenstergriffe durch Abschließbare ersetzt haben wollte, bevor unsere Tochter sich auf den Bauch drehen konnte. Das stimmt. Ich würde es eher risikobewusst nennen und – nun – ERRFAHREN! Denn bei uns dauert manches ETWAS länger…
Rauchmelder mit Geduld
Zum Beispiel die Rauchmelder! Habt ihr einen? Also pro Zimmer? Und im Flur? Ab 2017 wird das Pflicht – zumindest in NRW. Als wir letztes Jahr im Juni unser Haus gekauft haben, habe ich als erstes 15 Rauchmelder angeschafft. Gut es waren vielleicht ETWAS viele. Vielleicht war es auch ETWAS verfrüht, bedenkt man, dass wir det Janze ja erstmal in Schutt und (Gott sei Dank nicht) Asche gelegt haben. Aber sie waren schon mal da und harrten ihrer Aufgabe. Und harrten und harrten und harrten und…
Wir zogen aus unserer rauchmelderbestückten Wohnung aus und in unser Haus ohne Rauchmelder ein. Das war im März. Irgendwann las ich von einem Wohnungsbrand in der Zeitung und klaubte die Rauchmelder in der Scheune zusammen, wo sie sich verstreut hatten. Verblendet, wie ich manchmal beim Großeinkauf bin, hatte ich nicht darauf geachtet, ob man sie kleben oder schrauben muss. Man muss sie schrauben. Mit dem Akkuschrauber in die Decke. No way, dass ich das mache! Also legte ich sie als stumme Aufforderung auf die Wohnzimmerfensterbank – wo sie lagen und lagen und lagen…
Zweiter Anlauf
Dann las ich in einem Roman von einem Wohnungsbrand, pustete hektisch den drei Zentimeter dicken Staub von den Rauchmelderverpackungen und regte an – mein Mann würde sagen meckerte los – doch endlich mal diese vermaledeiten… „Das kannst du doch selber“, meinte der. Jawohl, ich kann das selber. Mit einer Leiter! Während mein Mann mit seinen 1,96m allenfalls auf einen Kindertritt steigen muss und lässig mit einer Hand so ein Ding da oben… Und die Rauchmelder lagen weiter, bis sie irgendwann mit dem Hintergrund verschmolzen und sie keiner mehr wahrnahm. Das war im Juni.
Dann sah ich vor zwei Wochen einen Wohnungsbrand im Fernsehen und beschloss Nägel mit Köpfen zu machen. „Ich ruf jetzt den Handwerker an, der soll die Dinger da oben montieren.“ Ein ergebenes Seufzen meines Mannes, zeigte mir, dass ich auf dem richtigen Weg war. Es dauerte noch 24 Stunden, dann hatte ich ihn soweit. Leider war Sonntag und Bohren nicht angesagt. Mein Vater meinte: „Bauschaum und draufpappen. So geht es am schnellsten.“ Mein Mann meinte: „Die schönen Decken.“ Ich meinte: „Die giftigen Dämpfe.“ Und begann – wie immer nach monatelanger Planung – im meiner Bastelschublade nach ad hoc-Lösungen zu suchen.

 

The HappyEnd?
Nach zehn Minuten hatte ich: Fünf Powerstripps, 20 Posterklebe-Ecken, fünf selbstklebende Klettpunkte, Tesafilm, Montagekleber, Doppelklebeband und – äh – Sicherheitsnadeln zusammengetragen. „Was willst du denn damit?“ „Gar nichts, aber die gehören in den Nähkasten.“ Innerhalb von zwanzig Minuten hatte mein Mann das ganze Haus an strategisch wichtigen Stellen mit Rauchmeldern versehen, unter Verwendung sämtlicher Powerstrips, Posterklebe-Ecken und Klettpunkte. Seither sind zwei schon wieder runtergekommen – einer heute morgen um sechs. Die stauben jetzt wieder auf der Fensterbank vor sich hin…
Wenn’s mal wieder länger dauert.
Eure Nachbarin
Leben am seidenen Draht

Leben am seidenen Draht

Vor Kurzem war es wieder da: Das Gefühl, dass hier irgendetwas faul ist. Meine Kollegin in Bonn spürte es auch und unkte schon etwas von einem Mobbing-Angriff auf Rothaarige. Vielleicht ist es aber auch das neue Jahr, dem sämtliche technische Errungenschaften zum Opfer fallen… ohne dass darüber in den Medien berichtet wird… weil denen auch grade der Redaktions-PC abstürzt. Oder es ist eine höhere Macht, die mir mitteilen will, dass ich einfach spontan ins Wochenende gehen soll…

Es fing alles ganz harmlos an, mit meiner Kamera, die ich zweimal im Monat einsetze und zwar für Nahaufnahmen, die ich mit meinem Handy so nicht hinkriege. Und für Nahaufnahmen braucht man? Genau! Ein flexibles Rückgrat, je nachdem, wo sich das Objekt befindet UND einen Fokus. Und genau diesen boykottiert meine Kamera im Moment genauso, wie den ebenso wichtigen Auslöser. Also jedenfalls, wenn ICH ein Foto mache.

Ich bin ja der Meinung, man kann auch mal was Neues kaufen, wenn das Alte – nun – halt eben alt ist. Mein Mann sieht das grundsätzlich völlig anders, schont damit Umwelt und Geldbeutel, aber nicht meine Nerven, wenn mir mal wieder die Argumente ausgehen. Denn er hat etwas, was ich nicht habe: Einen Draht zum Gerät. Wenn er also die Kamera nimmt und wild triumphierend rumknipst, um mir zu beweisen, dass es noch laaaaaaaaange nicht Zeit für eine neue ist, funktioniert sie einwandfrei. (Da ist er wieder der Unterschied zwischen Männern und Frauen, der ja meist beim Öffnen von Drehverschlüssen zutage tritt und durch die Kombination Informatiker (schlau) und Geisteswissenschaftlerin (geht so) regelmäßig potenziert zu werden scheint.)

Nur der Anfang…

Jedenfalls war besagte Kamera ja nur der Anfang. Am Nachmittag rief ich meinen Mann auf dem Handy an und er verstand mich nicht und ich verstand ihn nicht. Das ist an sich nichts Ungewöhnliches, nur dass es diesmal wirklich daran lag, dass wir uns nicht hörten. Wir wiederholten das Spiel an diesem Tag noch ein paarmal und ich übte zwischendurch auch noch mit einigen Handwerkern, die das eher weniger lustig fanden.

So richtig spannend wurde es dann am nächsten Morgen. Es sollte ein ertragreicher Homeoffice-Tag werden. Als ich mich im Hausflur von Mann und Kind verabschiedete, streikte die Beleuchtung. Als ich meine ersten Whatsapps und Mails des Tages auf dem Handy checken wollte, passierte nichts. Das Gleiche auf iPad und Laptop. So langsam dämmerte mir, dass ich wohl das Internet gelöscht hatte oder zumindest aus Versehen das W-Lan-Kabel gekappt, denn in der Regel bin ich es, die so was kaputt kriegt.

Dreimal rief ich bei Unitymedia an und es war besetzt, „Wat denn? Noch nicht mal mehr ne Warteschleife?“, wunderte ich mich, bis mein Mann, der gerade aus der Kita zurückkam berechtigterweise daraufhin wies, dass, „wenn Internet nix gäht, Telefon nix gäht“. Ach ja. Also Kamera nicht, Handy nicht, Internet nicht, Telefon nicht… Mein hilfloser Dackelblick prallte an ihm ab. Er drückte mir sein Diensthandy in die Hand und entschwand. Ich erreichte dann zunächst besagte Kollegin mit der ich die Haarfarbe teile und die mir auf mein Lamento hin erzählte, dass ihr Ofen kaputt sei, der Abfluss verstopft und die Heizung kaputt und zwar dergestalt, dass sie immer auf höchster Stufe läuft und ihre Rente und das Erbe ihrer Kinder aus dem weitgeöffneten Fenster bläst.

Empfindlich kalt

Irgendwie versöhnte mich das, bis ich beim Stichwort „Heizung“ merkte, dass es doch empfindlich kalt um mich herum war. Fröstelnd zog ich meine Strickjacke enger und lief von Heizkörper zu Heizkörper, nur um festzustellen: alle aus! Wild drehte ich an den Thermostaten, aber nichts tat sich. Neben der Kamera, dem Handy, dem Internet und dem Telefon hatte mich nun auch noch die Heizung verlassen. Entkräftet sank ich aufs Sofa, um mir zum Trost ein paar Minuten meiner Lieblingsserie reinzuziehen, doch: Auch der Stream lief ja nicht ohne Internet…

Ich ergab mich in mein Schicksal und griff nach dem Diensthandy meines Mannes, um nochmal bei Unitymedia anzurufen. Nach zweimaliger Eingabe der Kundennummer und der Beantwortung verschiedenster Fangfragen zur Identifikation (Name des ersten Haustieres, Lieblingsessen, Körbchengröße)  begab ich mich mit dem netten Herrn aus dem Süddeutschen auf Ursachenforschung. Sie führte mich schließlich hinter den Weihnachtsbaum, wo ich kopfüber vom angrenzenden Sofa hängend nach der Fritzbox schaute, die an einer Multimediabox angeschlossen sein musste. Gerade als ich fragen wollte, was denn z.T. eine Multimediabox sei, war plötzlich das Gespräch weg.

Auch egal, dachte ich und rief meine Vermieterin an, um sie über die nichtlaufende Heizung zu informieren. Dann wickelte ich mich in eine Decke, setzte mich und wartete auf den Elektriker. Ansonsten tat ich nichts. Ich arbeitete nicht, ich chattete nicht, ich surfte nicht, ich telefonierte nicht, ich sah nicht fern. Ja, ich las auch nicht, denn der Akku meines Kindles war ebenfalls leer.

Wenn der Postmann gar nicht klingelt

Nicht mal der Postmann hätte klingeln können, denn, wie ich später erfuhr, war auch die Türglocke vom Stromausfall betroffen, welcher bei uns Licht, Heizung und Internet lahmgelegt hatte. In solchen Situationen werden Kinder gezeugt, aber ich war ja alleine. Also besann ich mich aufs Wesentliche und öffnete eine Packung Dominosteine. Zwei Stunden und 20 Dominosteine später war der Elektriker da und machte alles wieder heile: Die Heizung, die Klingel, den Fernseher, das Internet, das Telefon und das Flurlicht. Mit EINEM Draht. Mein Leben hängt an einem Draht, wie bei den Seiltänzern, dachte ich, bevor ich mich in die Arbeit stürzte.

Am Abend kam mein Mann und nahm sich meines Handys an. Er wechselte die SIM-Karte, machte hier einen Test, da einen Test und pustete schließlich dreimal ins Gerät. Seitdem läuft es wieder! Und mein Seiltänzer-Dasein geht weiter, als wäre nichts gewesen…

Es grüßt Euch – digital wie immer

Eure Nachbarin

Die Weihnachtsmaus

Die Weihnachtsmaus

Ich weiß nicht, ob mir jemand bewusstseinsverändernde Substanzen in den Weihnachtstee gekippt  hat oder das 25stigste Lebkuchenherz mit Marmeladenfüllung irgendwie schlecht war. Jedenfalls, wenn man mich fragt, geht es hier in letzter Zeit nicht mehr mit rechten Dingen zu.
Alles begann mit einer Weihnachtsmaus. Nachdem meine Tochter ja bereits am zweiten Weihnachtstag mit einer dicken Grippe die Segel gestrichen hatte, war mein Nachtschlaf zwischen den Jahren empfindlich zu kurz gekommen. Weshalb mein mich liebender Mann, generöserweise vorschlug, ich solle meine Zelte doch mal auf der Wohnzimmercouch aufschlagen und damit ungefähr 30 Meter und zwei Türen entfernt vom nächtlichen Dauerhustenanfall meiner Tochter.
Knusper, knusper, knäuschen…
Gesagt, getan. Ich schlief den Schlaf der Gerechten. Bis genau 1:00 Uhr. Dann hörte ich ein verdächtiges Knuspern aus der Küche. Es klang haargenau so, als würden sich zwei Nagezähnchen in eine Umverpackung graben. Ich kenne das Geräusch, denn ich habe einschlägige Erfahrungen mit ‚Maus in Zimmer‘, seit ich im Jahr 2005 ein Praktikum auf dem Lerchenberg gemacht und ein Zimmer auf
einem nahegelegenen Bauernhof bewohnt habe.
Ich finde ja solcherlei Getier ganz süß, mit ihnen in einem Raum nächtigen möchte ich aber eher weniger. Also schnappte ich mir mein Kindle und leuchtete unauffällig in die Küche, um den Verursacher des Geknurpses in Flagranti zu erwischen. Das Geräusch verstummte. Ich machte das Deckenlicht an und ging auf Spurensuche. Nichts! Also schob ich das Intermezzo auf einen meiner Schlafwandelanfälle und legte mich wieder hin.
Bis drei Uhr. Da knabberte es wieder. Und zwar unter dem Weihnachtsbaum. Diesmal hörte es sich an, wie Nagezähnchen in Karton. Ich war zu erschöpft und dämmerte spontan wieder weg. Bis Viertel nach drei. Da hörte ich: Nagezähne in Holz. Emsig! Und zwar ungefähr einen Meter von mir entfernt. Direkt unter dem Wohnzimmertisch. Sobald ich mich bewegte, hörte es auf.
Nun hätte ich das Geheimnis an dieser Stelle wohl lüften können, hätte mich nicht eine völlig irrationale – sicherlich der Übermüdung geschuldete – Panik ergriffen, unter dem Tisch könne sich KEINE Maus, sondern
eine Beutelratte, ein mutierter Holzwurm oder gar eine mit ihren riesigen Mahlzähnen holzschnitzelnde Monsterspinne verstecken. Ich tat also das einzig Vernünftige: Ich ergriff die Flucht und zog ins Kinderbett meiner Tochter um. Tür zu! Fertig! Dachte ich zu diesem Zeitpunkt jedenfalls noch.
Ein(e) Fall(e) und keine Lö/osung
Ich schlief die restliche Nacht wie ein Stein und fuhr am nächsten Vormittag – es war der 30. Dezember – gleich zum Baumarkt, um eine Lebendfalle zu kaufen. Nur für was? ‚Wenn
es eine Beutelratte ist, reicht eine Mausefalle nicht. Und gibt es Lebendfallen für Säbelzahnspinnen??? Was tut man da rein? Einen Finger?‘, sinnierte ich vor mich hin, bevor ich dann etwas verwirrt doch nach der Mausefalle griff.
Dann rief ich die Experten in Sachen Nagetierfang an. Meine Eltern. 35 Jahre Erfahrung machen klug. „Für Mäuse muss man ein Brot dick mit Nutella beschmieren“, hörte ich. Da können die nicht widerstehen. ‚Das kenne ich von unserer Maus auch‘, dachte ich, und kaufte die etwas billigere Variante beim Aldi. Vielleicht war das der Fehler.
„Gibt es eine Losung?“, hatten meine Eltern noch gefragt, als ich meine Zweifel an der konkreten Form des Tieres offenbarte. „Eine Losung? Ihr meint so wie ‚Maus verschwinde aus diesem Haus!!!‘ Nein. Würde ich eine kennen, bräuchte ich ja keine Falle.“ Es ginge um die Ausscheidungen wurde ich belehrt. Außerdem könne ich nachts einen Apfel auslegen und einen Teller
mit Mehl bestäuben. „Mäuse sind neugierig! Ist eine da, wirst du auf jeden Fall Spuren darauf finden.“
Mit einem spitzen Schrei sprang ich aus dem Bett
Ich bereitete alles für die Nacht vor. Die Falle ließ ich nochmal weg, in der Angst, eine Beutelratte könnte sich in der zu kleinen Lebendfalle verfangen. Ich weiß, wie sich sowas anfühlt. Wenn ich nach
Weihnachten meine Alltags-Jeans wieder anziehe, hat es einen ähnlichen Effekt bis ungefähr nach der Fastenzeit. Das kann man keinem antun.
Aus persönlichen Gründen verbrachte ich die folgende Nacht gleich im Kinderzimmer und konnte nicht einschlafen, weil Töchterchen nebenan die Tonleiter rauf und runter bellte. Pünktlich um eins war es dann soweit.
Unter das Husten aus dem Schlafzimmer mischte sich ein zartes Knuspergeräusch aus der Küche. ‚Aha‘, dachte ich, ‚morgen sehe ich, welcher Gestalt du bist‘, und drehte mich entspannt zur Wand. Für etwa 10 Sekunden. Dann knusperte es gleich neben dem Bett – unter der Fensterbank.
Mit einem spitzen Schrei sprang ich auf und stürzte ich mit Decke und Kissen ins Schlafzimmer, um freiwillig den Nachtdienst anzutreten. ‚Immerhin‘ dachte ich, ‚das Bellen wird das ominöse Tier, das unter geschlossenen Zimmertüren hindurchpasst (!) bestimmt abhalten.‘ Mein Mann schleppte sich ins Kinderzimmer. Ließ sich mit – wie immer verstöpselten Ohren – auf dem Kinderbett nieder und wachte morgens mit einem „Ich hab nix gehört!“ auf. Na danke.
Der Mehlteller war unangetastet, die Apfelhälfte verschmäht, eine Losung auch heute nicht zu finden. Na warte! „Heute Abend bist du fällig, egal wer oder was du bist!“, rief ich provozierend ins Wohnzimmer hinein. Und während es am Silvesterabend langsam dämmerte überlegte ich kurz, ob es sich vielleicht um den Geist einer Maus handeln könnte. Einer Maus, die schon vor vielen Jahrzehnten in dieser Wohnung zu Tode gekommen war und sich nun, da wir bald ausziehen, nicht mehr an ihren Ehrenkodex gebunden fühlt.
Der Wind, der Wind, das himmlische Kind
„Ich glaube, ich werde ein bisschen verrückt!“, gestand ich meinem Mann, der vielsagend seine Mundwinkel kräuselte, aber dennoch brav die Lebendfalle bestückte. Brot und Nuss-Nougat-Creme satt. Aus Schaden klug geworden nächtigte ich nach dem Feuerwerk gleich mit Töchterlein im Schlafzimmer. Die Balkontür stand auf – wie immer, wenn sie hustet. Der Rollladen war genau so weit hinuntergelassen, dass eine zur Einsicht gekommene Maus (oder deren Gerippe) hinausgelangen könnte, Tiere von draußen sich aber keinesfalls eingeladen fühlen sollten.
In der Nacht hört ich im Schlafzimmer Geräusche. Kein Knabbern und Knarzen. Eher ein Rascheln und Huschen. Der Wind zerrte am Rollladen. Oder war es ein agiles Bündel mit oder ohne Fell, das mit Vehemenz
dagegen bollerte, um in die Freiheit zu gelangen. „Was ist das hier? Blairwitch Projekt???“, zitterte ich und zog mir die Decke über den Kopf.
Seither sind weitere Nächte vergangen, weitere Äpfel unangetastet, das Mehl im Müll, die Falle leer. Aber irgendetwas bringt mich um den Schlaf! Pienzt mich, ärgert mich! Immer in der ersten Nachthälfte. Heute Nacht, ich schlief todesmutig wieder mal im Kinderzimmer, sprang ich plötzlich auf. Ich hatte es gesehen, das Wesen. Keine Spinne, keine Beutelratte, keine
Maus. Äh, also doch. Quasi! Eine Fledermaus, die meinen Kopf umkreiste und mich und meinen panischem Puls aus dem Bett trieb. Als ich den Lichtschalter fand, sah
ich sie. Sie hockte oben im schaukelnden Kinder-Netzregal von Ikea und blickte mit spöttischen Teddyaugen auf mich herab…
Bis heute wusste ich nicht, ob diese Geschichte noch einmal ein Ende und ich zu meinem Nachtschlaf zurück finden würde. Aber letztlich hat meine Tochter hat den Bann gebrochen! Gemeinsam mit den Großeltern kam sie heute Nachmittag zur Tür hinein, pfefferte die Winterschuhe von den Füßen, fegte um die Küchenecke und „zack“ mit dem dicken Zeh in die Falle. Ein paar Tränen des Erschreckens bei ihr, ein paar herzliche Lachtränen bei uns und dann die erleichterte Erkenntnis: Endlich habe ich nun doch eine Maus gefangen!

 

Eure Nachbarin
Urlaubs-Blog: „Bobobobobobobob!“

Urlaubs-Blog: „Bobobobobobobob!“

„Bobobobobobobob!“ – Traktor? Mähdrescher? Nein, das ist Helikopter-Mum, die ihren Hubschrauber startet und damit über dem Allgäuer Bauernhof kreist. Ich hab mal irgendwo gelesen – wahrscheinlich wars in der „Eltern-Family“ – dass Kinder nach dem Sommerurlaub nicht nur sonnengebräunt, sondern auch wesentlich mutiger und motorisch fitter sind als vorher.
Warum? Weil man sie halt lässt. Barfuß über Stock und Stein. Jo mei – wenns ihr nix ausmacht! Mit der Katze um die Wette auf den Hofbaum klettern? Wird scho nix passiern! Das Brötchen schwesterlich mit dem Hofhund teilen und danach eine Runde durch den Kuhstall robben? Die Bauersleut‘ ham vier Kinder und denen hat‘s auch nix g‘schad.

Und trotzdem kann die Mutti ihren Heli nicht ganz einmotten: Oje, das Trampolin hat zwar ein Netz,

Klettern bis die Leitung kommt

aber der Reisverschluss ist kaputt und deshalb ist es offen! Das geht doch nicht! Hmmm, der Kletterturm ist aber hoch und ragt bedenklich in Richtung Kabel. Ist das Strom oder Telefon??? Mitten durchs Anwesen läuft eine Straße, die man als solche nicht erkennt. Direkt hinter einer Kurve. Hin und wieder zimmern da Traktoren und Autos runter. Kann man da a) nicht ein „Achtung Kinder!“- Schild aufstellen und b) einen Zebrastreifen mit Ampelanlage installieren???

Aaaaaachtung! 

Katzen kratzen, Hunde beißen, Enten picken, Kaninchen zwicken, Kühe trampeln, Pferde treten, Stechmücken und Flöhe saugen dein Blut! Und dann erst die Zecken – bobobobobobob! FSME – kennt ihr das? Ganz gefährlich vor allem im Frühsommer! Ist jetzt Frühsommer???? Vorsicht der Elektrozaun!!! Obacht, die Mistgabel!!!! Das war knapp! Schweiß abwisch. Ist doch toll so a Landleben! Der werden die Madls und Buam so richtig robust…

Was mein Mann dazu sagt? Nix mehr. Der gähnt nur noch. Aber ich habe auch noch nicht meinen Trumpf ausgespielt. „Guck mal da durch die Schiebetür in den Stall!“ „Das ist nicht der Stall, das ist ein Nebengebäude!“ „Egal, guck halt nei!“ „Oh! Was ist das?!“ „Weiß nicht! Ein Silo?“ „Es ist tief!“ „Ja, bestimmt zehn Meter und unten ist Jauche oder so!“ „Es ist breit!“ „Gell! Bestimmt zehn Meter im Durchmesser!“ „Der Rand ist keinen Meter hoch und keine Abdeckung drauf!“ „Ja!! Sag ich doch! Das ist gefährlich!“ „Okay, in dem Fall bin ich ganz bei dir!“ Hach, es geht doch nichts über elterliche Eintracht! Bobobobobobob! „Kind! Komm vom Misthaufen runter, ich muss dich jetzt anleinen!“

Etwas unentspannt,
Eure Nachbarin

Das Strickkleid

Das Strickkleid

Also gestern waren wir auf einer Familienfeier und haben von Samstag auf Sonntag im Hotel übernachtet. Ein echt süßes Hotel! Altes Haus mit Toscana-Flair, tolles Zimmer mit Himmelbett, KEIN Ganzkörperspiegel. Warum ich das so betone? Na, ansonsten wäre mir dieses Kleid gestern sicher nicht passiert.

Ich habe im Moment so einen Spleen: Nachdem ich – zum Leidwesen meiner Mutter – knapp 38 Jahre lang Schluppi-Geschichte in Jeans geschrieben habe, möchte ich es jetzt, wo es auf die vierzig zugeht, ein bisschen elegantisieren… (Wehe, jemand hat jetzt was anderes gelesen. Ich meine das „g“, von „f“ war nie die Rede, zumindest nicht bis gestern Abend). Während ich also beschloss, ein blau-schwarzes Strickkleid zu schwarzen Leggins anzuziehen, saß mein Mann am Sonntagmorgen entspannt in der Hotelbadewanne und genoß damit einen Luxus, den wir hier zu Hause nicht haben…

Kein zwickender Hosenbund hielt mich auf

Deshalb fehlte mir zum Ganzkörperspiegel auch noch ein kritisch-ehrliches Augenpaar. Meine Tochter wollte ich da nicht mit reinziehen, hatte ich doch genug damit zu tun, ihre Stylingwünsche zu erfüllen: „Einen unteren Pferdeschwanz, keinen oberen!“ – „Ja, Süße!“ Fünf Minuten später: „Mamaaaa, ich wollte Pippilangstrumpf-Zöpfe!!! Und warum habe ich keine roten Haare!“ – „Frag mal deinen arabischen Vater und ansonsten sei froh, die würden eh nicht zum pinken Kleid passen!“ „NEIN!! Nicht das pinke Kleid, das Weiße!!!“  „Schatz wir gehen zu einer Erstkommunion, das geht nicht. Außerdem haben wir kein anderes dabei!“ usw.usf.

Eigentlich hätte ich schon hellhörig werden müssen, als meine Tochter beim Festessen mehrmals auf die Frage antworten musste, ob sie sich ein Schwesterchen oder ein Brüderchen wünsche. Aber irgendwie klingelte nichts und ich schaufelte unverdrossen Schnitzel, Kartoffelsalat, noch nen Salat und zweimal Nachtisch in mich hinein. Kein zwickender Hosenbund hielt mich auf.

Dazu bewegte ich mich, wie gewohnt, langsam und bedächtig, wenn auch dank des wunderschönen Wetters, des Ponyreitens und der Hüpfburgenlandschaft auf dem Erlebnisgutshof verhältnismäßig viel. Also nicht, dass ich gehüpft und geritten wäre… Aber ich war dabei und hab aufgepasst, wahlweise wild hüpfende Kinder oder sture Shettys angebrüllt und dabei keinen Blick an meine Leibesmitte verschwendet.

Am Abend

Leider oder Gott sei Dank, hab ich den Blick am Abend allerdings im verspiegelten Schlafzimmerschrank nachgeholt und fühle mich nun zur folgender Erklärung verpflichtet:

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Familie! Nein ich bin nicht heimlich im fünften Monat schwanger. Ja, ich bin ganz sicher! Ja, ich weiß, dass ich so aussehe, aber das lag wirklich nur an diesem Strickkleid. Bisher lag mein Augenmerk auf den Problemzonen Hüften und Po und die gingen sogar irgendwie – in besagtem Kleid. Vielleicht habe ich mich auch nur an den Anblick gewöhnt. Es tut mir Leid, wenn sich jemand arglistig getäuscht fühlt, aber man kann mir
höchstens Fahrlässigkeit, nicht jedoch Absicht unterstellen. Ja, ich verspreche mich künftig nur noch in weit Schwingendes zu hüllen. Zur Sicherheit gehe ich am kommenden Samstag mit Personal Shopper einkaufen und werde berichten. Danke für Eure Aufmerksamkeit.

Puh und jetzt Mittagessen!

Eure Nachbarin (nicht schwanger)