Jun 18, 2015 | Ne Story, Reine Beziehungssache
Wenn die Zeit drängt, sagen Informatiker gerne „T Minus“ und setzen dann eine entsprechende Minutenzahl dahinter. Die Zahl zeigt an, wie viel Zeit noch bleibt. Zum Beispiel bis das System abstürzt, etwas explodiert oder eine Braut am Ort der Trauung ankommen will (bevor ihr System abstürzt und sie explodiert.) Und dieser Zeitpunkt war für mich eine Stunde vor der Trauung, denn ich wollte den Gästen nicht vorher über den Weg laufen.
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T Minus X |
Es war also T-40 vor Ankunft und damit im eigentlichen Sinne noch nicht soooo spät, wie ich mich fühlte. Das erklärt auch, warum meine Familie eine gewisse Gelassenheit an den Tag legte, als ich mit wogendem Babybauch unterm Spitzenkleid auf den Parkplatz stampfte. Dort versuchten sie gerade, das wunderschöne Blumengesteck meiner Mutter auf der Motorhaube zu befestigen. Mein Puls lag zu diesem Zeipunkt ein wenig oberhalb des gesunden Maßes, so dass ich ihren Bemühungen nicht die angemessene Beachtung schenkte. Stattdessen blaffte ich irgendwas und platzierte mich brütend und mit zwei großen Ausrufezeichen in den Augen im Fond des Wagens.
Das Navi
Nach einem Blick in mein Gesicht, kamen die anderen dann erstaunlich schnell zur Einsicht, doch besser loszufahren. Gesteck hin oder her! Leichter Regen schlug gegen die Windschutzscheibe, während wir so fuhren. Eigentlich kannte ich den 30 Kilometer langen Weg, wollte aber in meinem Zustand und mit Blick auf die Uhr, die offensichtlich einen Weltrekord aufstellen wollte, doch lieber auf das Navi meines Vaters vertrauen. Damals wusste ich noch nicht, wo Navis einen so hinführen können (Rotkäppchen im Düsterwald).
Vielleicht hätte ich stutzig werden sollen, als das Gerät die Auffahrt zur Autobahn nicht fand und wir stattdessen langsam durch ein Bonner Rheindorf zuckelten. Aber ich war mit dem Wetter (15 Grad und Regen), dem Theologen (immer noch keine Rückmeldung) und dem Blumenschmuck auf der Motorhaube beschäftigt, der bedenklich vibrierte und dann auch just in dem Moment blütenwerfend nach oben schlug, als wir doch noch zur Autobahn fanden.
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On the road |
Bei T-30 brachte mein Vater das Auto auf dem Standstreifen zum Stehen. Bei T-29 hatte er das Gesteck in den Kofferraum verfrachtet und wir fuhren mit 150 Sachen über die erste Autobahn, der noch eine zweite, dritte und vierte folgen sollten, bevor es dann links in die Büsche ging. Kein Stau hielt uns auf, keine Polizei hielt uns an. Alles war gut und ich wagte, mich ein wenig zu entspannen. Zu früh, wie ich bald darauf feststellen sollte.
T-05: „Jetzt weiß ich auch nicht mehr, wo wir sind.“ Außerdem wusste ich nicht, ob ich lachen oder weinen sollte, während ich diesen Satz sagte und danach stumm auf das hübsche Einfamilienhaus in einem Neubaugebiet starrte, vor dem wir gestrandet waren. Leider stand es an einem Wendehammer und die einzige Richtung, die uns blieb, war zurück nach Norden, obwohl wir eigentlich nach Süden wollten. Das Navi beharrte darauf, dass wir den Zaun des Hauses niederwalzen, durchs Gemüsebeet pflügen und dann durch den Gartenteich schippern sollten, um den dahinterliegenden Feldweg gen Süden zu erreichen, aber irgendwas hielt uns davon ab…
Metalcore für die Nerven
Ich kann beim besten Willen nicht sagen, wie wir aus dem Wohngebiet raus, auf die Bundesstraße drauf, durch drei weitere Dörfer hindurch und am Ende tatsächlich bis zur Einfahrt unseres Klosters gekommen sind. Wahrscheinlich war ich gnädigerweise in Ohnmacht gefallen. Jedenfalls standen wir plötzlich, es war T+12, auf dem Parkplatz. Reflexartig ließ ich mich in den Fußraum fallen, was meinem Kleid nicht wirklich zuträglich war, denn um den Eingang herum entdeckte ich Fußvolk. Die ersten Gäste! „Wir pirschen uns von hinten an“, entschied ich. Dass wir uns dazu durch eine Hecke wurschteln und über die regennasse Wiese laufen mussten, interessierte mich zu diesem Zeitpunkt nur noch perifer. „Wenn du was willst, ist alles egal“, sagt mein Mann immer und je nach Situation, ist es ein Vorwurf oder ein Lob.
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Hochzeitswolken |
Die letzte halbe Stunde vor der Trauung verbrachten wir zweisam im Brautzimmer, warfen hin und wieder misstrauische Blicke auf den Wolkenhimmel vor dem Fenster (Open Air-Trauung und so) und versuchten, uns zu entspannen. Die Trauzeugen hatten alles im Griff, der Theologe war aufgetaucht und ich freute mich einfach nur auf den Tag, während mein Mann – bis dahin ennervierende Ruhe selbst – langsam zappelig wurde und sich nur noch mit Metalcore-Musik aus dem iPod beruhigen ließ.
Einmal sollten wir auf dem Weg zum Altar fast noch vom Weg abkommen, als das süße Blumenmädchen im Klosterhof zu den Klängen von „I belong to you“ forschen Schrittes die falsche Abzweigung nahm. Aber irgendwie schafften wir es doch noch durch den Mittelgang nach vorne und siehe da, in dem Moment, als wir uns auf den Stühlen niederließen, kam die Sonne raus und blieb uns bis nach dem Sektempfang hold. Danach war das Wetter dann den meisten schon egal.
Die Anfahrt sollte nicht die letzte Panne des Tages gewesen sein. Vielleicht schreibe ich im nächsten Jahr über Hochzeitstorten und DJs 🙂 Aber trotzdem war es ein wunderschöner Tag, der mit all seinen Begegnungen und Geschichten – den lustigen, nervigen, rührenden und schönen – unvergesslich ist.
Alles Liebe zum Hochzeitstag, mein Schatz!
Deine – und natürlich Eure – Nachbarin
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Geschafft!!! |
PS: Einen Tag nach der Trauung rief mein Vater an: „Ich weiß jetzt, was mit dem Navi los war. Es war auf ökonomische Streckenführung eingestellt und hat Schnellstraßen und Autobahnen vermieden.“ Drum versuche, wer sich ewig bindet, am Tag der Trauung keinen Sprit zu sparen 😉
Jun 14, 2015 | Ne Story, Reine Beziehungssache
Heute vor vier Jahren genau, saß ich mit dickem Bauch völlig entnervt auf dem Bett und schrie meinen Mann an. Es war vier Tage vor unserer Hochzeit, ich im siebten Monat schwanger, gerade hatten wir einen aufreibenden Umzug hinter uns. Die Schwiegereltern waren schon angereist und es gab noch so UNENDLICH viel zu tun. Während meine Schwiegermutter in der Küche eine perfekte dreistöckige Hochzeitstorte zauberte, saß mein Schwiegervater am Küchentisch und tütete seelenruhig kleine weiße und rosa Zucker-Mandeln in 87 Organza-Säckchen ein. Mein Vater schnitzte in seinem Werkzeugkeller ein riesiges weißes Holzherz für die Fotosession und meine Mutter fertigte wunderschöne Blumengestecke, meinen Brautstrauß und die Dekoration fürs Brautauto.
Währenddessen versuchte ich – tiefer in der Schwangerschaftsdemenz versunken als Atlantis im Meer – noch an all die tausend anderen endwichtigen Dinge zu denken, die als undefinierbare Masse durch mein Hirn waberten. Erschwerend kam hinzu, dass ich zu dieser Zeit KEINE – also ABSOLUT KEINE (nicht mal eine Tafel am Tag) – Schokolade essen dufte: Ich hatte Schwangerschaftsdiabetis. („Nein, nur leicht erhöhte Zuckerwerte und du hast dich total verrückt gemacht“, wirft mein Mann immer ein, wenn ich davon erzähle. „Ja, Schatz, ich war halt schwanger, das impliziert reinsteigern.“) Außerdem grassierte dieser schlimme, damals noch ungeklärte EHEC-Virus und ich aß eigentlich gar nichts mehr, aus Angst, mir was einzufangen. Das Ganze war meinem Nervenkostüm, das ja bekanntlich eher so Bettlaken- als Dauenendecken-Niveau hat, NICHT zuträglich. Und meinem Mann auch nicht.
Er hat mich trotzdem geheiratet. Auch wenn die Anfahrt zum Kloster, wo die Trauung im Garten stattfinden sollte, uns fast noch davon abgehalten hätte: Es begann damit, dass ich gestiefelt und gespornt, also in voller weißer Montur vor unserem Haus stand und wartete: Darauf, dass mein Mann und meine Eltern mit dem Brautwagen um die Ecke biegen würden, um mich einzusammeln. Ich hätte auch gleich mit zum Parkplatz gehen können und hätte es auch besser getan, wollte aber meine gerade erst neu erworbene Nachbarschaft nicht mit meinem auffälligen Auftritt verschrecken. Man weiß ja nie. Heute, da ich sie kenne und liebe, wäre das natürlich kein Thema mehr.
Da stand ich also, bibberte in der kühlen Morgenluft und schaute misstrauisch auf die sich türmenden Wolkenberge am Himmel. Mit der einen Hand hielt ich mein Täschchen an die Brust gepresst und mit der anderen meinen Bauch. Meine jüngste Sorge war, dass ich unseren Theologen seit Tagen nicht erreicht hatte. Würde er kommen oder würden wir in zwei Stunden alleine vor versammelter Hochzeitsgesellschaft stehen… Ich übte schon mal eine Rede und ein kleines Liedchen – irgendwas muss man den Leuten ja dann bieten, wenn sie zum Teil viele Tausend Kilometer aus dem Ausland einfliegen und dann findet die Hochzeit gar nicht statt. Nach fünf Minuten rumstehen, Sorgen machen und leise „Ein Vogel wollte Hochzeit machen“ trällern, begann ich mich vorsichtig zur fragen WOINALLERWELTMEINEVERWANDSCHAFTMITDEMAUTOBLIEBHERRGOTT!
Ein Mütterchen kam auf ihren Rollator gestützt vorbei, sah mich Streichholz mit rotem Gesicht und flammendem Haupthaar am Wegesrand stehen und fragte mitfühlend: „Kann ich Ihnen helfen?“ Ja, wollte ich antworten. „Nehmen Sie mich mit, ganz egal wohin. Irgendwo hin. Oder, Moment, kennen Sie vielleicht einen Pfarrer, der uns spontan trauen könnte, nur für den Fall, dass unser Theolge nicht kommt? Oder wenigstens einen Chauffeur, falls mein Mann und meine Eltern auf den 50 Metern zum Parkplatz ins Bermuda-Dreieck gefallen sind.“
Ich bremste mich im letzten Augenblick, schließlich hätte mir der Pfarrer ohne meinen Mann auch nicht viel genützt und piepste stattdessen: „Kennen Sie die zweite Strophe von „Ein Vogel wollte Hochzeit machen?“ Sie lächelte in sich hinein und tätschelte mir liebevoll die Hand: „Ich wünsche Ihnen einen unvergesslichen Tag“, sagte sie und ging davon. Den habe ich jetzt schon, dachte ich, als ich schweren Herzens mein Kleid raffte und mit so viel Würde wie möglich zum Parkplatz lief…
Das war natürlich erst der Anfang des steinigen Umweges, der uns am Ende unglaublicherweise doch noch vor den Traualtar führte, ohne dass ich aus Stress vorzeitig niedergekommen wäre. Weiter geht es im nächsten Post, wenn ihr mögt!!
Sommergrüße und Luftküsschen!
Eure Nachbarin
Jan 19, 2015 | Alltagschaos
So, das musste raus aus der Feder. Ich bin ja sonst eher der Schreiberling, aber als ich mal angefangen hatte… Anlass war diese Umfrage der Elternzeitschrift, bei der 56 Prozent der Männer und 73
Prozent der Frauen angaben: „Den meisten Stress in Sachen Erziehung und Familienarbeit mache ich mir selbst.“ Das ging natürlich in der Presse rauf und runter. Nach dem Motto: Gott sei Dank, Gesellschaft, Politik und Arbeitgeber sind aus dem Schneider, die perfektionsgeilen Damen (und einige Herren) Eltern stressen sich ja bloß selber. Von wegen Vereinbarkeitsbarkeitsprobleme und so. Alles völlig übertrieben. Zurücklehn!
Nachdem ich meine erste Reaktion abgekühlt hatte, indem ich den Kopf in den Eisschrank hielt (man muss ja auch an seinen Blutdruck denken), fing ich also an zu zeichnen. Weil ich aber ja ein Schreiberling bin und das auch besser kann, muss ich jetzt doch einen Beitrag dazu loswerden. Nämlich: Ein Tag in der Familie der Nachbarin! Es könnte der längste Post dieses Blogs werden oder vielleicht der längste aller Zeiten. Vielleicht schreibe ich auch ein Buch, aber irgendwie muss ich diesen Wahnsinn hier mal dokumentieren.
Wer also weder Zeit noch Muße hat, diesen beschwerlichen Weg mit mir zu gehen (ich kanns keinem verdenken), nehme hier die Ausfahrt und schaue sich einfach das Bildchen an. Mit den Tasten Strg und + kann man es ranzoomen :-))
Ein Tag in der Familie der Nachbarin!
Morgens 7 Uhr 15 Uhr in Deutschland. Ich wache auf, weil irgendwo ein Kind nach „KAKAAAOOO“ schreit und bin im ersten Moment völlig orientierungslos. Dann dämmert es mir. Ich bin heute Nacht aus dem Elternbett ausgezogen – mal wieder – nachdem Töchterlein – wie immer – um halb drei aus ihrem Bett in unseres gewankt kam, um sich dort in gewohnter Manier (Kopf Richtung Vater, Füße in meine Nieren) zwischen uns zu quetschen und sich dann im Zehnsekundentakt zu drehen und zu jammern.
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Flopsi, Tupsi und Schnurzi |
Wo ich mich jetzt aufhalte, verrät mir ein Geruch, der entfernt an Hamsterkäfig erinnert. Meine Finger ertasten da außerdem etwas Weiches: Ah ja, Flopsi, Tupsi, Schnurzi, Furzi (oder so ähnlich) verteilen sich um meinen Kopf herum: Ganz klar! Ich liege im Kinderbett. Und gedenke dort auch liegen zu bleiben, denn „Kakao!!!“ ist morgens ganz klar eine Ansage an meinen Mann. So will es die Aufteilung. Außerdem muss ich mich erst sammeln. Nach der – wie immer – unterbrochenen Nacht und sagen wir sechs Stunden Schlaf netto, fühle ich mich – wie immer – dem morgendlichen Multitasking nicht gewachsen.
„Wo ist meine Jacke? Wo sind meine Socken? Wo ist meine Hose?“, heißt es jeden Morgen im Minutentakt! Und meine Tochter will auch ständig was. Das raubt mir schon jede Energie, wenn ich nur daran denke. Ich liege also da, mit der Decke über dem Kopf und erwarte, dass mein Mann meiner Tochter einen Kakao macht. Aber was ist das? Ich höre ihn ins Badezimmer abbiegen. Er wird doch nicht… Doch er wird! Das fragile Kartenhaus, das sich bei uns Routine nennt, bricht gerade in sich zusammen, als meine Tochter das Bett – und mich – entert und mir die ersten Hämatome des Tages verpasst. „Mama!!! Mach mit bitte Kakao!!“ „Aber dein Vater…“ – hatte ein dringendes Bedürfnis.
Nu denn! Ich quäle mich aus dem Bett und dann fällt es mir ein: Es ist schon wieder Donnerstag! Das heißt, mein Mann hat – wie immer am Donnerstag – einen wichtigen Jour Fixe in der Nachbarstadt und meine Tochter Kita-Turnen, das sie so liebt. Das heißt wiederum: Ich muss sie pünktlich zwischen 8 und 8 Uhr 15 zur Turnhalle bringen UND sie frühstückt zu Hause, statt in der Kita UND mein Mann hat keine Zeit, irgendwas zu übernehmen. Ich hasse Donnerstage! Habe meinem Mann schon einen Jobwechsel ans Herz gelegt, aber er fand das übertrieben…
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Frühstücksbrot, verschmäht |
Der Kakao ist getrunken, ein Knäckebrot mit Marmelade bestrichen, die Uhr zeigt halb acht. Im Kopf gehe ich durch, was noch zu tun ist: Kind frühstücken lassen, Kind die Zähne putzen, Kind die Haare flechten, Kind anziehen. Sporttasche checken, Kleidung für nach dem Sport eintüten, Matschehose, Handschuhe, Schal, Mütze. Oh Mist! Mich selbst muss ich ja auch noch fertig machen… Später!
Kind beißt einmal ins Knäckebrot und mag dann nicht mehr. Dafür hat sie jetzt Marmelade in den Haaren. „Ich muss das jetzt auswaschen und dann kämmen!“ „Neeeeeiiiiiin!“ „Doch, du brauchst Zöpfe, sonst hängen deine Haare beim Turnen ständig im Gesicht!“ „Auuuuuuuaaaaaa!“ „Wir können deine Haare auch abschneiden!“ „Neeeeeiiiiiiin!“ (Das kommt von meinem Mann aus dem Badezimmer) „Mach du ihr doch die Haare!!“ Irgendwie kriege ich trotz Gezappel und Gejaule zwei anständige Zöpfe geflochten. Es ist Viertel vor acht.
„So jetzt hier Klamotten! Zack, zack, zack!“ Aber „zack, zack, zack“ is nich mit einer Dreijährigen, die ihre Spielsachen die ganze Nacht nicht gesehen hat. „Ich muss noch grad den Fluffi…“ „Nein, du kommst jetzt bitte her, sonst kommen wir zu spät zum Turnen. Herkommen!!! Ah gut. … Nein!!!! Hiergeblieben!!!“ Und schon ist sie wieder weg.
Neben Donnerstagen hasse ich übrigens den Winter: Unterhose, Leggins, dünne Socken „Nicht die Leggings ÜBER die Socken, die Socken ÜBER die Leggins!!!“, dicke Socken, Hose. „Nein nicht die Jeans!! Ich habe Angst vor dieser Jeans!!!“ Unterhemd, Pulli. „Sag mal ist dein Kopf wieder größer geworden? Ich krieg… das nicht… drüber!“ „Auuuuuaaaa!“ – „Was macht ihr denn wieder hier, Mädels??“ Ach, mein Mann ist ja auch noch da. Frisch geduscht, frisch, rasiert, im Anzug – er sieht umwerfend aus. Ich dagegen rieche wie etwas, das man schnell im Biomüll entsorgen will. Und es ist schon fünf vor acht.
„Kannst du ihr die Zähne putzen? Ich muss mich noch anziehen.“ „Ja, klar!“ Oh, er ist echt zu süß, riskiert sogar Prinzessin-Lillifee-Zahnpasta-Kleckse auf seinem Hugo Boss. Ein echter Daddy eben!! Schnell werfe ich mir irgendwas über und fahre mir alibimäßig dreimal mit der Zahnbürste durch den Mund. Dr. Hund würde sich mal wieder die Haare raufen. Apropos Haare: Kämmen? Zwecklos! Naturlocken und Heizungsluft: Im Winter baut jemand darin nachts sein Nest und haut dann ab… Also, mit dem Haargummi festzurren und Kapuze auf.
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Durchschnittlicher Klamottenberg für einen Ausflug im Winter |
Das Kind steht mehr oder weniger fertig im Wohnungsflur. Das muss noch mit und das muss noch mit… – „Schatz! hast du meine Uhr gesehen…?“ „Nicht jetzt!! Können wir uns darauf einigen, dass du mich morgens nicht mehr fragst, wo deine Sachen sind? Es reicht, wenn ich zwei Leute fertig machen muss.“ „Wir müssen auch gar nicht mehr miteinander reden…“ Oh, jetzt ist er motzig. Nicht gut! Und es ist 8 Uhr 5. Jetzt müsste ich mir eigentlich Zeit zur deeskalierenden Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg nehmen. Aber wir müssen lohoooos! „Kind, nimm noch eine Banane für den Weg und dann ab dafür!“
Während meine Tochter durchaus kooperativ, aber in Schildkrötengeschwindigkeit die Treppe hinunterbalanciert, mache ich den Buggy fertig. Normalerweise geht sie an der Hand, aber heute müssen wir joggen. Kind also mit Müh und Not festgezurrt, Schlüssel fürs Gartentor kurz verlegt und wiedergefunden. Turnbeutel, Matschehose. Alles da! Bis mir am besagten Gartentor auffällt: Es sind drei Grad und das Kind hat weder Schal noch Mütze an.
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„Werd grün!!!!“ |
Also zurückgejoggt und beides aus dem Schrank gerissen. Es ist 8 Uhr 12 Uhr mein Puls auf 180. Ich rase mit meiner Tochter im Buggy dahin, brülle die Ampel an, damit sie grün wird, grüße links und rechts ein paar Nachbarn und schaffe es Schlag 8:17 Uhr zur Turnhalle. Die Tür ist schon zu. Also zerre ich mein Kind auf dem Flur aus seinen Sachen und bugsiere es mit der einen Hand in die Halle, während ich mit der anderen versuche Socken, Hose, Strickjacke Jacke, Schal, Handschuhe, Mütze und Turnbeutel festzuhalten.
Drinnen sitzen 20 Kinder im Kreis und starren uns an. Die beiden Erzieherinnen stehen in der Mitte und machen irgendeine Ansage, als wir reinkommen. „Oh, die Maus hat sich schon draußen umgezogen.“ „Ja, wir dachten, ihr hättet schon angefangen und wollten nicht stören.“ „Ach, das ist aber nett. Und was für hübsche Zöpfchen du hast!“ Na, wenigstens hier herrscht gute Laune. Ich würde ja gerne bleiben, aber die Arbeit ruft. Also knalle ich das Klamottenbündel auf irgendeinen Stuhl, winke meinem Töchterlein zu, das irgendwo rumsteht und mir etwas verloren hinterher blickt und siehe – nicht ohne Rabenmuttergefühl – zu, dass ich Land gewinne…
Um diesen Editor und euch geneigte Leser, die ihr mir bis hierhin gefolgt sein (wow!) nicht überzustrapazieren, habe ich beschlossen, den „Tag in der Familie der Nachbarin“ in mehrere Kapitel, sprich Beiträge aufzuteilen. Quasi als Fortsetzungs-Post. Teil zwei kommt am Donnerstag! Lest rein, wenn ihr mögt!
Weitere erschienene Beiträge der Serie:
Immer noch Tag eins!
Alle guten Dinge…
Kann es was Schöneres geben?
Und der Mann hat doch das letzte Wort
Dez 31, 2014 | Mein Senf, Uncategorized
2014 ist schon so alt, das nur noch ein Blatt im Abreißkalender hat. So alt, wie ich mich fühle, wenn ich morgens im Bad meinem Spiegelbild ausweiche. Was hat es gebracht, das Jahr? Leider vieles, das in die Kategorie „In was für einer Welt leben wir eigentlich?“ passt. Wer sich nochmal gruseln will, schaue sich den ein oder anderen Jahresrückblick an…
Für die Nachbarin war 2014 ein besonderes Jahr. Sie erblickte nämlich am 13. Januar das Licht der Welt. Völlig unabsichtlich und ungeplant und eigentlich nur, weil so ein Bloggerprofil so einfach einzurichten ist, dass sogar Mami es kapiert hat. Beim Thema „intuitiv bedienbar“ gehen gewisse Meinungen dauerhaft auseinander (also zum Beispiel meine und die meines Informatikermannes). In diesem Fall nicht und schon war sie da – meine Alte Ego – und wollte nicht mehr weg. Den Rest kennt ihr.
Dass sie aber mein Jahr derartig durcheinander bringen würde, damit hätte ich niemals gerechnet. Ich lag also an einem grauen Januarmorgen auf der Couch, vor mir mein Potpouri der guten Vorsätze. Wollte entschleunigen, drei Kilo abnehmen, gesünder und nachhaltiger leben, netter zu meinen Mitmenschen sein, mehr Zeit für meine Familie haben… das Übliche eben. Ob ich meine Vorsätze auch umgesetzt habe? Nur so viel: Ich habe vier Kilo zugenommen.
Moment kleine Schokoladenpause…
So, wo war ich. Gute Vorsätze… Zu meinen Vorsätzen gehörte im Januar definitiv nicht, im Juni 2014, nach genau sieben Jahren, meinen sicheren Job als Online-Redakteurin zu schmeißen, mir zu Hause ein Homeoffice einzurichten und mich monatelang mit Dingen wie „Künstlersozialversicherung“ und „Umsatzsteuervoranmeldung“ zu befassen. Ihr wisst schon – schade um die Lebenszeit und so. An dieser Stelle noch mal vielen Dank an hilfreiche Kollegen und vor allem meinen Mann, der meine Legasthenie in Sachen Behördenkram und Exceltabellen mit stoischer Gelassenheit erträgt bzw. die Dinge einfach selbst in die Hand nimmt.
Heute sorgt die Nachbarin zum Teil für meinen Lebensunterhalt, indem sie sich auch regelmäßig auf dem Livestyle-Blog von GALERIA Kaufhof austoben darf. In meinem anderen Leben bin ich dem guten alten Online-Journalismus treu geblieben und er mir. Diese Mischung macht zufrieden und so haben die Nachbarin und ich unseren Schritt noch keinen Tag bereut.
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Die Nachbarin und ich |
Wieviel Nachbarin in mir steckt und wieviel von mir in der Nachbarin, darüber gehen die Meinungen auseinander. Meine älteste Freundin meint lapidar: „Mehr, als du denkst.“ Meine Mutter wundert sich unterdessen, wie ich immer auf „diese ganzen lustigen Geschichten“ komme und ich kann nur sagen: Sie passieren genauso. Naja, also fast genauso, in etwa. Mein Mann geht von mehr Wahrheitsgehalt aus, „als noch normal ist“. Wer es genauer wissen will, darf fragen.
Zweierlei freut mich immer wieder: Wenn ich mit „Hallo Nachbarin“ angesprochen werde, denn dann weiß ich: „Hach! Mein Leser!!“ Und: Wenn mir Leute ihre eigenen komischen Geschichten überlassen, mit denen ich dann machen darf, was ich will. Da geht mir das Herz auf. Danke 🙂 Ansonsten sind die Nachbarin und ich zum Jahresende ziemlich verschmolzen, was auch meine Gewichtszunahme erklären könnte. Ich hoffe, sie bleibt mir auch im nächsten Jahr erhalten, vor allem, wenn sie jetzt gleich meine Vorsätze liest:
– Ich muss und ich werde ein System finden, das den Sockenverlust auf ein Minimum reduziert.
– Ich werde keine Geburtstags-Mails und -Whatsapps mehr mit den Worten: „Nachträglich, aber besonders herzlich…“ beginnen (An dieser Stelle gratuliere ich nachträglich, aber besonders herzlich M. aus J. bei R. zum elften Geburtstag. Sorry Mate, ist ja noch das alte Jahr)
– Ich werde zucker- und (hoffentlich auch bald) fettarm leben (darauf noch ein Stück Toblerone).
– Ich werde meine sportlichen Ambitionen weiter verfolgen und wie 2014 jede mir irgendwie mögliche (ihr seht die Auswahl ist begrenzt) Sportart mindestens zweimal betreiben.
– Ich werde mindestens dreimal in der Woche Zahnseide benutzen und mich einer professionellen Zahnreinigung unterziehen. (Dr. M., Sie haben gewonnen.)
– Ich werde täglich Nachrichten hören/lesen/schauen, auch wenn es mir nach einer Folge „How I met your Mother“ viel besser geht.
– Ich werde aus meinem Arbeitszimmer-Schrägstrich-Gästezimmer-Schrägstrich-Rumpelkammer, das derzeit den Charakter und die Raumqualität einer verschimmelten Nerd-Butze hat, ein präsentables Arbeitszimmer-Schrägstrich-Kreativraum-Schrägstrich-Wenn-jemand-zu-Besuch-kommt-darf-er-trotzdem-hier-schlafen-Zimmer machen…
– Ich werde mich durch unseren familiären Mikrokosmos wühlen und wenn es was zu schreiben gibt, werde ich schreiben.
– Ich werde die Privatsphäre meiner Tochter so gut es geht schützen, damit sie nicht, wie unlängst von einer Kindergarten-Mutter prophezeit, in fünfzehn Jahren zum Therapeuten muss und danach zum Anwalt geht, um mich zu verklagen.
Ach ja, und ich werde entschleunigen, 6 Kilo abnehmen, nachhaltiger leben, netter zu meinen Mitmenschen sein, mehr Zeit für meine Familie haben… das Übliche eben!
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Viel Glück!!! |
In diesem Sinne:
Bleibt gesund,
verlernt das Lachen nicht
und schaut 2015 mal wieder rein.
Die Nachbarin und ich – wir freuen uns!!!
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