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Leben am seidenen Draht

Leben am seidenen Draht

Vor Kurzem war es wieder da: Das Gefühl, dass hier irgendetwas faul ist. Meine Kollegin in Bonn spürte es auch und unkte schon etwas von einem Mobbing-Angriff auf Rothaarige. Vielleicht ist es aber auch das neue Jahr, dem sämtliche technische Errungenschaften zum Opfer fallen… ohne dass darüber in den Medien berichtet wird… weil denen auch grade der Redaktions-PC abstürzt. Oder es ist eine höhere Macht, die mir mitteilen will, dass ich einfach spontan ins Wochenende gehen soll…

Es fing alles ganz harmlos an, mit meiner Kamera, die ich zweimal im Monat einsetze und zwar für Nahaufnahmen, die ich mit meinem Handy so nicht hinkriege. Und für Nahaufnahmen braucht man? Genau! Ein flexibles Rückgrat, je nachdem, wo sich das Objekt befindet UND einen Fokus. Und genau diesen boykottiert meine Kamera im Moment genauso, wie den ebenso wichtigen Auslöser. Also jedenfalls, wenn ICH ein Foto mache.

Ich bin ja der Meinung, man kann auch mal was Neues kaufen, wenn das Alte – nun – halt eben alt ist. Mein Mann sieht das grundsätzlich völlig anders, schont damit Umwelt und Geldbeutel, aber nicht meine Nerven, wenn mir mal wieder die Argumente ausgehen. Denn er hat etwas, was ich nicht habe: Einen Draht zum Gerät. Wenn er also die Kamera nimmt und wild triumphierend rumknipst, um mir zu beweisen, dass es noch laaaaaaaaange nicht Zeit für eine neue ist, funktioniert sie einwandfrei. (Da ist er wieder der Unterschied zwischen Männern und Frauen, der ja meist beim Öffnen von Drehverschlüssen zutage tritt und durch die Kombination Informatiker (schlau) und Geisteswissenschaftlerin (geht so) regelmäßig potenziert zu werden scheint.)

Nur der Anfang…

Jedenfalls war besagte Kamera ja nur der Anfang. Am Nachmittag rief ich meinen Mann auf dem Handy an und er verstand mich nicht und ich verstand ihn nicht. Das ist an sich nichts Ungewöhnliches, nur dass es diesmal wirklich daran lag, dass wir uns nicht hörten. Wir wiederholten das Spiel an diesem Tag noch ein paarmal und ich übte zwischendurch auch noch mit einigen Handwerkern, die das eher weniger lustig fanden.

So richtig spannend wurde es dann am nächsten Morgen. Es sollte ein ertragreicher Homeoffice-Tag werden. Als ich mich im Hausflur von Mann und Kind verabschiedete, streikte die Beleuchtung. Als ich meine ersten Whatsapps und Mails des Tages auf dem Handy checken wollte, passierte nichts. Das Gleiche auf iPad und Laptop. So langsam dämmerte mir, dass ich wohl das Internet gelöscht hatte oder zumindest aus Versehen das W-Lan-Kabel gekappt, denn in der Regel bin ich es, die so was kaputt kriegt.

Dreimal rief ich bei Unitymedia an und es war besetzt, „Wat denn? Noch nicht mal mehr ne Warteschleife?“, wunderte ich mich, bis mein Mann, der gerade aus der Kita zurückkam berechtigterweise daraufhin wies, dass, „wenn Internet nix gäht, Telefon nix gäht“. Ach ja. Also Kamera nicht, Handy nicht, Internet nicht, Telefon nicht… Mein hilfloser Dackelblick prallte an ihm ab. Er drückte mir sein Diensthandy in die Hand und entschwand. Ich erreichte dann zunächst besagte Kollegin mit der ich die Haarfarbe teile und die mir auf mein Lamento hin erzählte, dass ihr Ofen kaputt sei, der Abfluss verstopft und die Heizung kaputt und zwar dergestalt, dass sie immer auf höchster Stufe läuft und ihre Rente und das Erbe ihrer Kinder aus dem weitgeöffneten Fenster bläst.

Empfindlich kalt

Irgendwie versöhnte mich das, bis ich beim Stichwort „Heizung“ merkte, dass es doch empfindlich kalt um mich herum war. Fröstelnd zog ich meine Strickjacke enger und lief von Heizkörper zu Heizkörper, nur um festzustellen: alle aus! Wild drehte ich an den Thermostaten, aber nichts tat sich. Neben der Kamera, dem Handy, dem Internet und dem Telefon hatte mich nun auch noch die Heizung verlassen. Entkräftet sank ich aufs Sofa, um mir zum Trost ein paar Minuten meiner Lieblingsserie reinzuziehen, doch: Auch der Stream lief ja nicht ohne Internet…

Ich ergab mich in mein Schicksal und griff nach dem Diensthandy meines Mannes, um nochmal bei Unitymedia anzurufen. Nach zweimaliger Eingabe der Kundennummer und der Beantwortung verschiedenster Fangfragen zur Identifikation (Name des ersten Haustieres, Lieblingsessen, Körbchengröße)  begab ich mich mit dem netten Herrn aus dem Süddeutschen auf Ursachenforschung. Sie führte mich schließlich hinter den Weihnachtsbaum, wo ich kopfüber vom angrenzenden Sofa hängend nach der Fritzbox schaute, die an einer Multimediabox angeschlossen sein musste. Gerade als ich fragen wollte, was denn z.T. eine Multimediabox sei, war plötzlich das Gespräch weg.

Auch egal, dachte ich und rief meine Vermieterin an, um sie über die nichtlaufende Heizung zu informieren. Dann wickelte ich mich in eine Decke, setzte mich und wartete auf den Elektriker. Ansonsten tat ich nichts. Ich arbeitete nicht, ich chattete nicht, ich surfte nicht, ich telefonierte nicht, ich sah nicht fern. Ja, ich las auch nicht, denn der Akku meines Kindles war ebenfalls leer.

Wenn der Postmann gar nicht klingelt

Nicht mal der Postmann hätte klingeln können, denn, wie ich später erfuhr, war auch die Türglocke vom Stromausfall betroffen, welcher bei uns Licht, Heizung und Internet lahmgelegt hatte. In solchen Situationen werden Kinder gezeugt, aber ich war ja alleine. Also besann ich mich aufs Wesentliche und öffnete eine Packung Dominosteine. Zwei Stunden und 20 Dominosteine später war der Elektriker da und machte alles wieder heile: Die Heizung, die Klingel, den Fernseher, das Internet, das Telefon und das Flurlicht. Mit EINEM Draht. Mein Leben hängt an einem Draht, wie bei den Seiltänzern, dachte ich, bevor ich mich in die Arbeit stürzte.

Am Abend kam mein Mann und nahm sich meines Handys an. Er wechselte die SIM-Karte, machte hier einen Test, da einen Test und pustete schließlich dreimal ins Gerät. Seitdem läuft es wieder! Und mein Seiltänzer-Dasein geht weiter, als wäre nichts gewesen…

Es grüßt Euch – digital wie immer

Eure Nachbarin

Das Ostergeschenk

Das Ostergeschenk

Kleine Kinder entwickeln sich manchmal überschallartig. Noch im August schrieb ich darüber, dass unsere Maus offensichtlich wunschlos glücklich ist und selbst in der Kaufhof-Spielwaren-Abteilung lieber Rolltreppe fährt, als sich ein Geschenk auszusuchen. Im September kam sie dann in die neue Kita-Gruppe. Die mit den großen Mädchen und ihren Barbies, Eisköniginnen und Einhörnern. Als meine Dreijährige zum ersten Mal nach Hause kam und sagte „Ich will eine Monster High!“ wusste ich: Eine Ära geht zu Ende UND ich bin noch nicht so weit!!

Aber es nützt alles nichts. Aus meiner Maus ist ein echtes Mädchen geworden, das seit einem Besuch der Karnevalsabteilung vor acht Wochen zu Hause ein Krönchen trägt und auf die Frage nach der Lieblingsfarbe „Glitzer!“ antwortet. Immerhin. Damit haben wir etwas gemeinsam. Sorgen mache ich mir eher um meinen Mann, der schon in den Startlöchern steht, um ihr das Fußballspielen beizubringen. Ich sehe sie schon im wehenden Prinzessinnenkleid über den Bolzplatz rennen und mit zierlichen Lackschühchen im Matsch stecken bleiben…
Aber nun steht erst einmal Ostern vor der Tür. Als ich Kind war, gab es bunte Eier und einen Schokohasen. Heute gibt es schon Wochen vorher Anfragen aus der Verwandtschaft, mit welchen irdischen Gütern man unsere Kleine denn erfreuen könnte. Fragt man sie selbst, purzeln mittlerweile eine Menge Wörter aus ihrem Mund. Darunter zu meinem leichten Entsetzen „Barbie im Reitdress mit Pferd und rosa Zaumzeug“. Ich habe ihr dieses Traumduo in Aussicht gestellt, sobald sie alleine in ihrem Bett durchschläft und mich danach entspannt zurückgelehnt. Das kann noch dauern!
 
Ein Häschen
Ja, und dann poppte vor zwei Wochen ein Wunsch auf, der schon vor Weihnachten Thema gewesen war. Ein Häschen! Meine Tochter war nämlich im Advent fest davon überzeugt, dass der Osterhase VOR dem Christkind kommt, es danach schneit und man die Eier im Schnee sucht. Ist ja auch viel einfacher, so
bunt auf weiß. In diesem Zusammenhang instruierte sie mich damals, das Wort „Häschen“ auf den Wunschzettel ans Christkind zu schreiben. Und tatsächlich lag
eins unterm Weihnachtsbaum. Ein kleines, graues, mit Weihnachtsmütze.
Sie hat sich auch brav gefreut, aber offenbar ist es das noch nicht gewesen, denn nun  startet  sie einen neuen Versuch mit dem Osterhasen. So nach dem Motto: ‚Wenn sich einer auskennt…‘ Jetzt könnte ich mir natürlich ein Herz fassen und ein echtes Osterhäschen nebst umfangreichen Zubehör in die
bisher so erfreulich tierhaarlose Wohnung holen. Will ich aber irgendwie nicht. Zum einen haben wir nicht nur einen Allergiker-Vater und einer Allergiker-Oma,
sondern eventuell auch ein Allergiker-Kind und ich möchte letzterem nicht das Herz brechen nur, weil Puki kurz nach dem Einzug wieder verschwinden muss.
Zum anderen erinnere ich mich mehr als lebhaft an die erste Begegnung unserer Maus mit einem Hasenbaby. Okay, damals war sie erst knapp über ein Jahr alt, aber das Kaninchen hat jetzt lebenslangen Förderbedarf und ich offensichtlich ein Trauma. Vor zwei Wochen waren wir wieder auf demselben Bauernhof und wieder gab es Häschen zu streicheln. Diesmal hat sie das sehr vorsichtig und sehr sanft gemacht… Trotzdem, und da gibt mir Google recht, ist drei einfach noch zu jung für ein Haustier.
 
Ich bin noch nicht so weit
Als gestern die Tante anrief und nach Osterwünschen fragte, erwischte ich mich dabei, wie ich sagte: „So ein Plüschhäschen wäre schön.“ Es gibt ja welche, die sehen aus wie echt und fühlen sich auch so an. Kurz darauf rief sie nochmal an. „Du, es gibt da so Häschen mit Nachtlicht und Herzton. Damit wird die Kleine bestimmt durchschlafen.“ Ich dachte an ruhige Nächte, an Platz im Ehebett, an eine Decke ganz für mich allein. Und dann dachte ich an die versprochene Reiter-Barbie und sagte schnell: „Ach, ein normaler tut‘s auch“. Ich bin einfach noch nicht so weit…
Eure Nachbarin

 

Wenn der Postmann täglich klingelt

Wenn der Postmann täglich klingelt

Weihnachtszeit, Paketezeit. Vor allem, wenn man mehr am Rand vom Rand wohnt und die sieben Kilometer bis zur Innenstadt dank Kleinkind in der Trotzphase unüberwindlich erscheinen. Was aber tun, mit den vielen, vielen Kartons, die sich nach einer vorweihnachtlichen Geschenke-Order-Aktion in der Ecke stapeln…

Es gibt da diese Theorie: Ein zerbrochenes Fenster, das längere Zeit nicht ersetzt wird, kann dazu führen, dass die gesamte Nachbarschaft verkommt. So ähnlich läuft das auch in unserer Wohnung ab. Es
gibt den Zustand „picobello“. Der ist Dienstagsmittags, nachdem unsere Perle das Haus verlassen hat. Ich habe morgens aufgeräumt, sie hat der bescheidenen Hütte Glanz verliehen!
Und dann braucht es nur eine klitzekleine Chaosecke. Dinge, die nicht da sind, wo sie hingehören: Zwei Schrauben liegen noch auf der Fensterbank, weil ich nicht wusste, wo sie herkommen. Der Brotkorb ist mit dem
falschen Tuch abgedeckt oder das Quietsche-Entchen steht noch vom abendlichen Bad auf dem Wannenrand. Und schon vermüllt die ganze Wohnung. Wenn mein Mann nach Hause kommt, kann er nicht mehr erkennen, dass unsere Perle überhaupt da gewesen ist. Meine Tochter und ich haben dann schon ganze Arbeit geleistet.
Vor Geburtstagen und vor allem vor Weihnachten spitzt sich das Problem zu. Denn wir bekommen Post. Viel Post! Große Pakete! Die Herren von Versand und Co laden uns schon zu ihrem Geburtstag ein oder erzählen uns von ihren Rückenproblemen, so gut kennen wir uns mittlerweile… Naja, vielleicht machen sie uns auch nur für letztere verantwortlich.
 
Weihnachtsshopping
Aber wir wohnen eben nicht in der Bonner Fußgängerzone, sondern quasi am Rand vom Rand. Es gibt Supermärkte und Drogerien, Bäcker, Schneider und Floristen, aber es gibt keinen Spielwarenladen, keine Modehäuser und keine Fastfood-Restaurants. Letzteres hat damit eigentlich nichts zu tun,
stößt aber meinem Mann immer wieder auf. Kaufhof ist Luftlinie nur siebeneinhalb Kilometer entfernt. In der Realität aber liegen unzählige logistische und
organisatorische Meilen zwischen mir und dem Weihnachtsshopping.
Also bewege ich mich gar nicht – das kann ich ja ohnehin am besten – und bestelle alles, was es zu bestellen gibt online. Ich meine, Weihnachtsmann und Christkind bringen die Sachen doch auch ins Haus. Da war nie die Rede von schwitzenden Menschenmassen, die sich – viel zu warm angezogen – bepackt,
rempelnd und mit den Nerven am Ende durchs Kaufhaus schieben, um den Wunschzettel abzuarbeiten. Und das sind nur die OHNE zeterndes Kleinkind an den Haxen. No thanks!
Aber zurück zu unserer Wohnung. Wenn zwei Schrauben ausreichen, um aus einem ordentlichen Heim ein Dickicht zu machen, durch das man sich den Weg nur noch mühsam bahnen kann, ist der Effekt von Pappkartons naheliegend. Und wir sprechen hier von vielen Pappkartons. In einer Ecke gestapelt – herausquellendes Füllmaterial, Werbeprospekte und Lieferscheine
noch nicht mitgerechnet – blockieren sie etwa fünf Prozent unserer Wohnfläche und die nächste Altpapierabfuhr ist erst in einem Monat. Unverantwortlich sowas.
 
Idee!!!
Jetzt verstehe ich natürlich, dass sich manchmal eine gewisse Kartongröße nicht vermeiden lässt. Zum Beispiel – äh – bei einem Paravent. Warum aber Pakete hier ankommen, die mindestens eine Mikrowelle vermuten lassen, sich dann aber als Transportkäfig für zwei zentimeterhohe Tierfigürchen erweisen, erschließt sich nicht auf den ersten Blick. Vielleicht kann mich jemand erhellen.
Jedenfalls habe ich mir überlegt, dass ich – auch um mein schlechtes Gewissen in Sachen Papierverbrauch zu beruhigen – die diversen Kartons einer sinnvollen Aufgabe zuführen werde. Meine 38 Weihnachtsdeko-Zeitschriften sagen seit letztem Jahr einhellig das Gleiche: Baut Euch Weihnachtsbäume! Aus Streichhölzern und Ästen, aus Bildern, die pyramidenartig an der Wand hängen, aus Lebkuchen und Büchern. Warum als nicht auch aus Kartons??? Et viola!

 

Na dann „Gute Nacht!“

Na dann „Gute Nacht!“

Meine Tochter fragt mich jeden Tag, ob wir einen Schneemann bauen und ich zeige jeden Tag aus dem Fenster ins nasskalte Grau und sage ihr, dass da was Wesentliches fehlt. Trotzdem ist es nachts schon kalt und weil meine kleine lebende Wärmflasche nun die erste Hälfte der Nacht im eigenen Bett schläft, brauche ich Mr. Biber und Mrs. Flanell!!!

Gute Nacht!!
 
Brrrr – es wird Winter. Meine Tochter fragt mich jeden Tag, ob wir einen Schneemann bauen und ich zeige jeden Tag aus dem Fenster ins nasskalte Grau und sage ihr, dass da was Wesentliches fehlt. Die Temperaturen geben sich aber schon Mühe. Vor allem nachts: drei Grad. Mein Mann behilft sich mit zwei Überdecken und ich mir mit meiner lebendigen dreijährigen Wärmflasche.
Da diese aber seit ein paar Wochen immerhin die erste Hälfte der Nacht im eigenen Bett verbringt (etwas kurzsichtig von uns, sie gerade im Spätherbst aus dem Elternbett auszuquartieren), liege ich da abends bibbrig und zittrig unter etwas, dass sich Ganzjahres-Bettdecke schimpft. Ja, vielleicht für die Kanaren…
Da dieses Daunendings mit optimalen Isolations-Eigenschaften, aber noch ziemlich neu ist, muss ich da jetzt mindestens noch eine Saison durch, bis sich das Ganze amortisiert hat. Vor Heizdecken habe ich Angst und mir jeden Abend eine Wärmflasche zu machen ist mir zu aufwendig. Also liege ich mit Kuschelsocken, Skiunterwäsche, Flanellschlafanzug und Schal in Kältestarre unter meiner Denke. Nur um dann ab etwa 3 Uhr, wenn meine Tochter das Bett entert, an Überhitzung einzugehen.
 
Größere und kleiner Schwierigkeiten
Da hilft nur eines. Wenn es die Decke nicht bringt, dann muss wenigstens kuschelige, warme, weiche Bettwäsche her. Biber oder Flanell! Jawohl! Und zwar ein Set für beide Elternbetten. Natürlich gibt es dabei, wie nicht anders zu erwarten war, einige Schwierigkeiten. Erstens: Mein Mann ist groß. Sehr groß. Ergo hat er auch eine Decke in Komfortgröße und seine Füße schauen trotzdem noch unten raus. Ich dagegen bin, wie in fast allem, mehr so Durchschnitt und habe eine Standard-Decke. Macht die Sache mit dem Set also schon mal schwieriger.
Die viel relevantere Schwierigkeit ist jedoch die, sich auf ein Design zu einigen. Denn hey, wenn wir uns schon gemeinsame neue Bettwäsche leisten, sollten wir sie auch zusammen aussuchen. Also ran an den Laptop und mal geguckt, was es so gibt auf dem Markt. Es fängt ja schon bei der Farbe an. Mein Mann steht auf Männerfarben. Also schwarz, grau, braun und „zur Not auch weiß“. Bin ich hier im Krankenhaus, oder was?
Ich stehe dagegen auf ganz normale Farben, also pink, rosa, lila, türkis. „Pink, rosa und lila sticht sich mit deinen roten Haaren“, stichelt mein Mann und kommt sich sehr schlau vor. Aber ha, genau da wollte ich
ihn hin haben. „Also türkis“, jubiliere ich. „Mit gelb könnte ich mich anfreunden“, ignoriert mich mein Mann und googelt nach BVB-Bettwäsche. „Niemals!“ bestimme ich und gebe Pip Studio ein.
 
Mit den Royales ins Bett?
So geht es weiter. Flanell-Wendebettwäsche „French Vintage“, mit türkisen Punkten und Rosenmuster gegen „Walking Dead“ Bettwäsche mit Zombieapokalypse-Motiv. Bunte Blüten, Streifen, Punkte, Elche und Eulen gegen Metallica, Star Wars und Simpsons. Ich glaube, mein Mann will mich ärgern, denn zwischendurch sagt er immer wieder: „Einfach grau ginge auch!“ Pah!
Ich muss allerdings zugeben, es ist sehr erhellend zu sehen, was der Bettwäschedesign-Markt so hergibt:  Das Tablet-Muster inklusive Apps oder die fotoechte Currywurst mit Pommes, Pizza Salami und – ja – sogar eine Tafel Schokolade. In alledem soll man schlafen. Für letztere hätte ich mich erwärmen können, braun hin oder her. Beliebt sind auch Prints, die erst mit dem Schlafenden zu einem Gesamtbild verschmelzen. Etwa von Kate und Williams (bekleideten) Körpern, die man nur noch mit dem eigenen Kopf auf dem Kissen ergänzen muss.
Je kurioser die Designs, desto mehr sind mein Mann und ich wieder einer Meinung: „Nein, nein und nein!“ Das schweißt wirklich zusammen, muss ich sagen. Am Ende finden wir einen Kompromiss, mit dem wir beide
glücklich sind: Biberbettwäsche in grau mit weißen Sternen! Passt zum Shabby-, Vintage- und Landhausstil. Gibt es in mehreren Größen UND ich habe bereits eine Kuscheldecke im gleichen Stil. Somit ist die eheliche Harmonie wieder hergestellt…
Ach ja, und damit meine Tochter nicht leer ausgeht, bestelle ich ihr Bettwäsche für Kinder: Mit Blümchen und türkisen Punkten drauf.

 

Die Girlande

Die Girlande

So ein Kinderzimmer braucht ja ein Motto, findet ihr nicht?! Prinzessin, Pirat, Dschungel, Müllhalde. Na gut letzteres ist eher die Zustandsbeschreibung. Jedenfalls dachte ich mir vor der Geburt unserer Maus: Grün beruhigt, ist nicht so typisch Junge oder Mädchen und außerdem haben wir kein Haustier und wohnen nicht im Wald, da kann man ja wenigstens in der Raumgestaltung die heimische Flora und Fauna einbeziehen.

Also malte ich noch unter Wehen einen raumhohen Baum an die Wand und setzte drei Eulen aus Tonpapier in die Äste. Ein Jahr lang hatte ich Vogelhäuschen gesammelt und verteilte sie nun großzügig in allen Ecken. Eine Lampe mit Bienenfotoprint, Vorhänge mit Gemüse drauf und natürlich Kuscheltiere satt. Fertig war der Gartenraum.

Das alles geschah, bevor ich wusste, dass unsere Tochter das Kinderzimmer vor ihrem dritten Lebensjahr gar nicht beziehen würde. Das Spielzeug stand vor allem im Wohnzimmer, geschlafen hat sie bekanntermaßen im Elternschlafzimmer. Aber gewickelt haben wir sie im Kinderzimmer!! Ha! Und dabei durfte sie immer auf ein Käfer-Mobile gucken! (Was sie nie gemacht hat, weil sie zu sehr damit beschäftigt war, zu zappeln und zu treten…)

Ein Bett mit Ranke

In einer der vielen Motivationsphasen zum Thema Schlaf kauften wir ihr ein wunderschönes Gitterbett, das die Oma mit viel Liebe weiß einpinselte. Bei Dawanda bestellte ich mir handgeklöppelte Buchstabensticker und klebte ihren Namen auf. Und dann suchte ich lange nach einem passenden Flora-Accessoire und fand endlich DIE eine Blumengirlande aus Stoff von Haba! Ich knotete sie sorgfältigst um die Gitterstäbe, um jede Strangulationsgefahr zu bannen. Dass der Betthimmel von IKEA ein Jahr später aus genau diesem Grund zurückgerufen werden sollte, wusste ich damals ja noch nicht.

Als das quasi ungenutzte Bett irgendwann auch in der Theorie zu klein wurde (bzw. mein Mann und ich es leid waren, auf der Matratze davor zu campieren) wanderte es in den Keller und die Blumengirlande suchte ein neues Zuhause.

Jetzt ist mein Mann nicht unbedingt der Typ, der sich über eine Blumengirlande an der Wohnzimmerlampe freut. Auch nicht am Badezimmerregal, über den Kühlschrank drapiert oder am Spiegel im Flur. Sooo leicht gebe ich allerdings auch nicht auf. Und am Ende landete sie um einige Äste gewickelt an der Kinderzimmertür. Gut damit eigentlich in der Küche, aber sie ersetzte eine glitzernde Lillifee-Girlande und damit hatte ich meinen Mann.

Das Schmuckstück

Da hing sie nun also unbescholten für mindestens sechs Monate rum. Mein Mann bückte sich klaglos darunter hinweg und hatte sich bald daran gewöhnt, nicht mehr hocherhobenen Hauptes durch die Wohnung gehen zu können. Für jemanden, der fast zwei Meter misst, ist das ja auch eher eine Grundsatzerfahrung…

Der Durchbruch

Ja, und dann kam der Tag, an dem meine Tochter sich überreden ließ, endlich ins Kinderzimmer zu ziehen und dort auch nach einigen Anläufen alleine im eigenen Bett einzuschlafen. Jetzt ist es ja so, dass Kinder im Halbdunkeln eine blühende Fantasie entwickeln. Als erstes verschwanden die Eulen vom Baum. „Die starren mich so an!!“ Wenn man schon sieben Mal vom Sofa aufgesprungen und ins Kinderzimmer gehetzt ist, um das Kind zu beruhigen, wird man in solchen Dingen weich. Ich hätte wahrscheinlich auch die Vorhänge abgehängt, das Bett um 90 Grad gedreht oder die Dielen rausgerissen, wenn sie es verlangt hätte…

Und dann kam der Abend, an dem ich später nach Hause kam und die Äste mitsamt der Girlande in der Wohnzimmerecke vorfand. „Deine Tochter hatte Angst vor dem Ding“, sagte mein Mann gelassen. „Da hab ich es runtergenommen. Dabei sind leider auch die Nägel mit aus der Wand gerissen…“ Ich sagte nichts, dachte mir meinen Teil und hängte am nächsten Vormittag alles wieder an seinen Platz.

Die Rechnung hatte ich jedoch ohne meine Tochter gemacht. Ehrlich gesagt, dachte ich, sie hätte gar nichts mit dem Vorgang zu tun. Als sie jedoch am Samstagvormittag in ihrem Zimmer spielte, hörte ich auf einmal Gejammer. Mein Mann ging hin und kam grinsend mit der Info zurück: „Die Maus möchte die Girlande nicht mehr an der Tür haben, sie hat Angst davor.“ „Was hast du ihr erzählt??“, fragte ich. „Gar nichts!“, verteidigte sich mein Mann. Und während wir noch in die Küche standen und diskutierten, beschloss die Maus, die Sache selbst in die Hand zu nehmen:

Schuhlöffel im Hausflur organisieren und feststellen: Es reicht nicht!
Wanne hinzuziehen und feststellen: Es reicht immer noch nicht!
Holztritt aus dem Wohnzimmer in die Küche schieben. Dabei einen Höllenlärm machen. Feststellen: Es reicht!!
Girlande mit Nagel aus der Wand reißen. Eltern sprachlos machen. Sich diebisch freuen!

PS: Ich habe das Ensemble der Einfachheit halber jetzt hinter den PC-Bildschirm meines Mannes geklemmt. Nicht schön, aber wenigstens sticht sich so niemand ein Auge aus…