Passend zum Anlass
Benni-Wutz |
Benni-Wutz |
Nachtrag: Die Elsa-Phase hat nicht lange angehalten und den Film hat sie bis heute (fünf Jahre später) nicht gesehen. Mittlerweile steht sie übrigens auf blutrünstige Drachen und Wölfe.
Vorgestern hat eine gute Freundin von mir ihr drittes Kind bekommen. Ein Junge. Ich wusste es! Während meiner Schwangerschaft wusste ich auch, dass es ein Junge wird. Ich hatte es geträumt und meine Mutter, die immer so Ahnungen hat, hatte so eine Ahnung. Bis die Frauenärztin dann im sechsten Monat sagte: „Also, das Kind ist gesund! Es sei denn, Sie bestehen weiterhin darauf, dass es ein Junge ist. Dann fehlt was Entscheidendes!“
Fußball adé
Ich kann gar nicht beschreiben, wie sich das anfühlte! Natürlich will man in erster Linie ein gesundes Kind. Nichts ist wichtiger. Aber – hach. Ein Mädchen!!! Ich glaube, den wenigsten ist es wirklich egal. Muttis wollen Mädchen zum anziehen, Daddys wollen Jungen zum spielen. Also überwiegend. Während sich also mein geheimer Wunsch mitten in der Schwangerschaft erfüllte, trauerte mein Mann künftigen Fußballnachmittagen hinterher.
„Ach“, tröstete ich ihn, „es gibt auch Mädchen, die Fußball spielen.“ Oder Volleyball. Oder wenigstens schon mal einen Ball in der Hand hatten. „Guck mich an!“ Einen Ball kann ich zwar nicht geradeaus treten. Dafür war ich mit drei Jahren flügge und wart nicht mehr gesehen. Mein Wunderland, in das ich in sandigen braunen Cordhosen und matschverklumpten Halbschuhen eintauchte, war die halbfertige Neubausiedlung. Lehmberge, Bagger, Kräne, Zementmischmaschinen – das war unsere Welt. Ja, auch ungesicherte Baugruben und Stromkabel…
Unser Tochter wird bald vier und kann einen Bagger nicht von einem Traktor unterscheiden. Naja, vielleicht gerade so – jetzt nach dem Bauernhofurlaub. Cordhosen sind ein absolutes No Go. Hosen im allgemeinen sind igittibapfui und das schon im dritten Jahr. Am Samstag waren wir beim Aldi. Tochter in voller Montur: Pinkes Prinzessinenkleid (mittleweile schon ein bisschen eingerissen, weil vom letzten Karneval) UND Zepter. Das hat mich nur so lange irritiert, bis wir an der Leergut-Annahme auf ein Mädel im gleichen Alter trafen – mit passender Krone.
Alles pink oder was?
Am Nachmittag hüpfte Töchterchen mit ihrer Freundin Mimi auf DEREN (wohlgemerkt) rosa
Trampolin herum, rutschte mit ihr die rosa Rutsche hinunter. Sie immer noch in pink, Mimi in bodenlangem Lila – inklusive Puffärmelchen. Mein Mann nimmt es mittlerweile gelassen. Zum Geburtstag gibt es sogar eine Barbie und statt zum „Ringen und Raufen“ haben wir sie zum „Kreativen Tanz“ angemeldet. Wenn wir mit ihr Fußball spielen wollen, wirft sie sich über den Ball und lässt ihn nicht mehr los. Irgendwas hat sie da mit der Abseitsregel falsch verstanden.
Und ich? Bin froh, mich nicht vertieft mit Rittern, Astronauten, Transformern, Star Wars und ähnlichem auseinandersetzen zu müssen. Und um meine Tochter mache ich mir weiter keine Sorgen, so lange sie der Maxime folgt „Hinfallen, aufstehen, Krönchen richten, weiterrennen!“ ist alles im Lot.
Eure Mädchenmama Die Nachbarin
PS: Zum Geburtstag gibt es übrigens ein pinkes Rad.
Wenn die Zeit drängt, sagen Informatiker gerne „T Minus“ und setzen dann eine entsprechende Minutenzahl dahinter. Die Zahl zeigt an, wie viel Zeit noch bleibt. Zum Beispiel bis das System abstürzt, etwas explodiert oder eine Braut am Ort der Trauung ankommen will (bevor ihr System abstürzt und sie explodiert.) Und dieser Zeitpunkt war für mich eine Stunde vor der Trauung, denn ich wollte den Gästen nicht vorher über den Weg laufen.
T Minus X |
Es war also T-40 vor Ankunft und damit im eigentlichen Sinne noch nicht soooo spät, wie ich mich fühlte. Das erklärt auch, warum meine Familie eine gewisse Gelassenheit an den Tag legte, als ich mit wogendem Babybauch unterm Spitzenkleid auf den Parkplatz stampfte. Dort versuchten sie gerade, das wunderschöne Blumengesteck meiner Mutter auf der Motorhaube zu befestigen. Mein Puls lag zu diesem Zeipunkt ein wenig oberhalb des gesunden Maßes, so dass ich ihren Bemühungen nicht die angemessene Beachtung schenkte. Stattdessen blaffte ich irgendwas und platzierte mich brütend und mit zwei großen Ausrufezeichen in den Augen im Fond des Wagens.
Das Navi
Nach einem Blick in mein Gesicht, kamen die anderen dann erstaunlich schnell zur Einsicht, doch besser loszufahren. Gesteck hin oder her! Leichter Regen schlug gegen die Windschutzscheibe, während wir so fuhren. Eigentlich kannte ich den 30 Kilometer langen Weg, wollte aber in meinem Zustand und mit Blick auf die Uhr, die offensichtlich einen Weltrekord aufstellen wollte, doch lieber auf das Navi meines Vaters vertrauen. Damals wusste ich noch nicht, wo Navis einen so hinführen können (Rotkäppchen im Düsterwald).
Vielleicht hätte ich stutzig werden sollen, als das Gerät die Auffahrt zur Autobahn nicht fand und wir stattdessen langsam durch ein Bonner Rheindorf zuckelten. Aber ich war mit dem Wetter (15 Grad und Regen), dem Theologen (immer noch keine Rückmeldung) und dem Blumenschmuck auf der Motorhaube beschäftigt, der bedenklich vibrierte und dann auch just in dem Moment blütenwerfend nach oben schlug, als wir doch noch zur Autobahn fanden.
On the road |
Bei T-30 brachte mein Vater das Auto auf dem Standstreifen zum Stehen. Bei T-29 hatte er das Gesteck in den Kofferraum verfrachtet und wir fuhren mit 150 Sachen über die erste Autobahn, der noch eine zweite, dritte und vierte folgen sollten, bevor es dann links in die Büsche ging. Kein Stau hielt uns auf, keine Polizei hielt uns an. Alles war gut und ich wagte, mich ein wenig zu entspannen. Zu früh, wie ich bald darauf feststellen sollte.
T-05: „Jetzt weiß ich auch nicht mehr, wo wir sind.“ Außerdem wusste ich nicht, ob ich lachen oder weinen sollte, während ich diesen Satz sagte und danach stumm auf das hübsche Einfamilienhaus in einem Neubaugebiet starrte, vor dem wir gestrandet waren. Leider stand es an einem Wendehammer und die einzige Richtung, die uns blieb, war zurück nach Norden, obwohl wir eigentlich nach Süden wollten. Das Navi beharrte darauf, dass wir den Zaun des Hauses niederwalzen, durchs Gemüsebeet pflügen und dann durch den Gartenteich schippern sollten, um den dahinterliegenden Feldweg gen Süden zu erreichen, aber irgendwas hielt uns davon ab…
Metalcore für die Nerven
Ich kann beim besten Willen nicht sagen, wie wir aus dem Wohngebiet raus, auf die Bundesstraße drauf, durch drei weitere Dörfer hindurch und am Ende tatsächlich bis zur Einfahrt unseres Klosters gekommen sind. Wahrscheinlich war ich gnädigerweise in Ohnmacht gefallen. Jedenfalls standen wir plötzlich, es war T+12, auf dem Parkplatz. Reflexartig ließ ich mich in den Fußraum fallen, was meinem Kleid nicht wirklich zuträglich war, denn um den Eingang herum entdeckte ich Fußvolk. Die ersten Gäste! „Wir pirschen uns von hinten an“, entschied ich. Dass wir uns dazu durch eine Hecke wurschteln und über die regennasse Wiese laufen mussten, interessierte mich zu diesem Zeitpunkt nur noch perifer. „Wenn du was willst, ist alles egal“, sagt mein Mann immer und je nach Situation, ist es ein Vorwurf oder ein Lob.
Hochzeitswolken |
Die letzte halbe Stunde vor der Trauung verbrachten wir zweisam im Brautzimmer, warfen hin und wieder misstrauische Blicke auf den Wolkenhimmel vor dem Fenster (Open Air-Trauung und so) und versuchten, uns zu entspannen. Die Trauzeugen hatten alles im Griff, der Theologe war aufgetaucht und ich freute mich einfach nur auf den Tag, während mein Mann – bis dahin ennervierende Ruhe selbst – langsam zappelig wurde und sich nur noch mit Metalcore-Musik aus dem iPod beruhigen ließ.
Einmal sollten wir auf dem Weg zum Altar fast noch vom Weg abkommen, als das süße Blumenmädchen im Klosterhof zu den Klängen von „I belong to you“ forschen Schrittes die falsche Abzweigung nahm. Aber irgendwie schafften wir es doch noch durch den Mittelgang nach vorne und siehe da, in dem Moment, als wir uns auf den Stühlen niederließen, kam die Sonne raus und blieb uns bis nach dem Sektempfang hold. Danach war das Wetter dann den meisten schon egal.
Die Anfahrt sollte nicht die letzte Panne des Tages gewesen sein. Vielleicht schreibe ich im nächsten Jahr über Hochzeitstorten und DJs 🙂 Aber trotzdem war es ein wunderschöner Tag, der mit all seinen Begegnungen und Geschichten – den lustigen, nervigen, rührenden und schönen – unvergesslich ist.
Deine – und natürlich Eure – Nachbarin
Geschafft!!! |
PS: Einen Tag nach der Trauung rief mein Vater an: „Ich weiß jetzt, was mit dem Navi los war. Es war auf ökonomische Streckenführung eingestellt und hat Schnellstraßen und Autobahnen vermieden.“ Drum versuche, wer sich ewig bindet, am Tag der Trauung keinen Sprit zu sparen 😉
Also gestern waren wir auf einer Familienfeier und haben von Samstag auf Sonntag im Hotel übernachtet. Ein echt süßes Hotel! Altes Haus mit Toscana-Flair, tolles Zimmer mit Himmelbett, KEIN Ganzkörperspiegel. Warum ich das so betone? Na, ansonsten wäre mir dieses Kleid gestern sicher nicht passiert.
Ich habe im Moment so einen Spleen: Nachdem ich – zum Leidwesen meiner Mutter – knapp 38 Jahre lang Schluppi-Geschichte in Jeans geschrieben habe, möchte ich es jetzt, wo es auf die vierzig zugeht, ein bisschen elegantisieren… (Wehe, jemand hat jetzt was anderes gelesen. Ich meine das „g“, von „f“ war nie die Rede, zumindest nicht bis gestern Abend). Während ich also beschloss, ein blau-schwarzes Strickkleid zu schwarzen Leggins anzuziehen, saß mein Mann am Sonntagmorgen entspannt in der Hotelbadewanne und genoß damit einen Luxus, den wir hier zu Hause nicht haben…
Kein zwickender Hosenbund hielt mich auf
Deshalb fehlte mir zum Ganzkörperspiegel auch noch ein kritisch-ehrliches Augenpaar. Meine Tochter wollte ich da nicht mit reinziehen, hatte ich doch genug damit zu tun, ihre Stylingwünsche zu erfüllen: „Einen unteren Pferdeschwanz, keinen oberen!“ – „Ja, Süße!“ Fünf Minuten später: „Mamaaaa, ich wollte Pippilangstrumpf-Zöpfe!!! Und warum habe ich keine roten Haare!“ – „Frag mal deinen arabischen Vater und ansonsten sei froh, die würden eh nicht zum pinken Kleid passen!“ „NEIN!! Nicht das pinke Kleid, das Weiße!!!“ „Schatz wir gehen zu einer Erstkommunion, das geht nicht. Außerdem haben wir kein anderes dabei!“ usw.usf.
Eigentlich hätte ich schon hellhörig werden müssen, als meine Tochter beim Festessen mehrmals auf die Frage antworten musste, ob sie sich ein Schwesterchen oder ein Brüderchen wünsche. Aber irgendwie klingelte nichts und ich schaufelte unverdrossen Schnitzel, Kartoffelsalat, noch nen Salat und zweimal Nachtisch in mich hinein. Kein zwickender Hosenbund hielt mich auf.
Dazu bewegte ich mich, wie gewohnt, langsam und bedächtig, wenn auch dank des wunderschönen Wetters, des Ponyreitens und der Hüpfburgenlandschaft auf dem Erlebnisgutshof verhältnismäßig viel. Also nicht, dass ich gehüpft und geritten wäre… Aber ich war dabei und hab aufgepasst, wahlweise wild hüpfende Kinder oder sture Shettys angebrüllt und dabei keinen Blick an meine Leibesmitte verschwendet.
Am Abend
Leider oder Gott sei Dank, hab ich den Blick am Abend allerdings im verspiegelten Schlafzimmerschrank nachgeholt und fühle mich nun zur folgender Erklärung verpflichtet:
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Familie! Nein ich bin nicht heimlich im fünften Monat schwanger. Ja, ich bin ganz sicher! Ja, ich weiß, dass ich so aussehe, aber das lag wirklich nur an diesem Strickkleid. Bisher lag mein Augenmerk auf den Problemzonen Hüften und Po und die gingen sogar irgendwie – in besagtem Kleid. Vielleicht habe ich mich auch nur an den Anblick gewöhnt. Es tut mir Leid, wenn sich jemand arglistig getäuscht fühlt, aber man kann mir
höchstens Fahrlässigkeit, nicht jedoch Absicht unterstellen. Ja, ich verspreche mich künftig nur noch in weit Schwingendes zu hüllen. Zur Sicherheit gehe ich am kommenden Samstag mit Personal Shopper einkaufen und werde berichten. Danke für Eure Aufmerksamkeit.
Puh und jetzt Mittagessen!
Eure Nachbarin (nicht schwanger)
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