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Links eröm

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Wo wir also gerade bei Klamottenfails sind und ich es schon angekündigt habe: Hier noch ein Schwank aus meiner Jugend. Naja, späten Jugend. Als ich mit 27 mal ein halbes Jahr als Barista bei Starbucks gearbeitet habe und noch dachte, die Welt stehe mir offen. Dabei war es meist nur die Tiefkühlschranktür im Lagerraum und das gab eine Menge Ärger. Aber egal, es gab eh immer Ärger…
Nach einer langen Kölner Nacht (fiere, danse, durchs Veedel trecke) weckte mich das Schlurfen und Rumpoltern meiner Mitbewohnerin. Mit Socken in Flipflops (unnachahmlich, das konnte nur sie) war sie kurzsichtig durch den fensterlosen Flur geschlappt und im Dämmerlicht übers Telefonkabel gestolpert. Ich wollte schon fluchen, als mein Blick auf die Uhr fiel. Mist! Ich hatte beinahe meine Neun-Uhr-Schicht verpennt.
Erfolglos versuchte ich meine plattgelegenen Locken irgendwie in ein Haargummi zu zwingen und in der Bahn lässig noch ein bisschen Mascara aufs Auge zu pinseln (ehrlicherweise kam mehr ins Auge). Egal, mich würde ja eh niemand sehen – außer den 553 Leuten, die damals täglich ins hippe neue US-Café strömten, wo wir Barista 2004 noch echten Kultstatus hatten. Manchmal mussten wir sogar Autogramme geben. Gut, dass die Selfies noch nicht erfunden sind, dachte ich also so bei mir, während ich über die Domplatte hetzte.
Versteckte Kamera, oder was?!
Als ich die Tür um Punkt zehn nach neun öffnete, sah ich zuerst die Chefin, wie immer perfekt gestylt, die mir einen bemüht fröhlichen Blick zuwarf. Wie, dachte ich misstrauisch, kein Anherrschen, kein Abkanzeln, keine Lektion mit der Neunschwänzigen Katze? Dazu muss man wissen, dass Leonora das herrische Auftreten einer Domina perfektioniert hatte und die Belegschaft regelmäßig in Angst und Schrecken versetzte. Naja, bei den Jungs schwang vielleicht noch was anderes mit… Dass sie mir 10 Minuten Verspätung einfach so durchgehen ließ, war nahezu unmöglich. War hier irgendwo eine versteckte Kamera?
Ich drehte mich um und stand tatsächlich Aug in Aug mit einem beeindruckenden Exemplar. Versteckt war sie allerdings nicht, dafür war sie viel zu groß. Hintendran hing ein Kamerateam und über mir schwebte ein Mikrofon an einer Angel. Ich schluckte und sah hilfesuchend zum Boss. Die zog eine Augenbraue bis fast unter die Haarspitzen und rief gekünstelt: „Husch, husch nach oben. Umziehen. Hier wird heute gedreht. Du bist gleich dran.“ „Ähhh…“, wollte ich einwenden, ließ es aber, als ich ihren Blick sah und verzog mich in die Umkleide.
Dort warf ich mich ins schwarze Poloshirt mit Starbux-Emblem, band die grüne Schürze um, rammte meine Füße in die bequemen Halbschuhe und stand eine Minute später schnaufend hinterm Tresen. Für einen Blick in den Spiegel hatte es nicht mehr gereicht. Leonoras Gesichtsausdruck sprach Bände. Andererseits war sie genau der Typ, der vor Fernsehkameras zur persönlichen Höchstform aufläuft und so ließ sie sich weiter nichts anmerken.
Vulcanino Dingsbums
„Die Kollegin macht jetzt einen unserer wahnsinnig leckeren „Vulcanino Caramel Crisp Cream and Cheesecake-Pie Frappuccinos“, säuselte sie in die Kamera und informierte damit auch mich. Über meinem Kopf erschien ein fettes „Nooooo!!“ Frappuccino – ein Mix aus Milch, Eiswürfeln und jeder Menge Klimbim wurde nicht manierlich an der riesigen Espressomaschine zubereitet, sondern im Mixer, von dem bei falscher Bedienung gelegentlich der Deckel absprang. Und das hieß in der Regel Grande Sauerei. Der Name Vulcanino erschien mir da auch kein gutes Omen zu sein.
Ich hatte bis dato vielleicht drei Stück unfallfrei hingekriegt und deshalb zitterten mir die Knie, während ich mich panisch, aber leider erfolglos nach einem Kollegen umsah. Außer Domina-Leonora und mir, war noch keiner von der Belegschaft aufgetaucht. Egal, dachte ich mir. Die Fernsehtypen wissen eh nicht, was in so einen „Vulcanino Crisp Dings“ drin zu sein hat und so fing ich an, wahllos Milch mit irgendwelchen Zutaten und Sirups durcheinander zu mischen, während die Kamera lief und Leonora ihren Blick in meinen Rücken bohrte.
Der Mixer erkannte meine Notlage und hielt seinen Deckel brav fest und bei der Deko fiel mir tatsächlich wieder ein: Sahne, Karamelsoße und Karamelstückchen – fertig. Langsam atmete ich aus, bis mir auf einmal einfiel, dass ich das verflixte Gesöff ja noch würde ausrufen müssen. Ich stellte also meine fragwürdige Frapuccino-Kreation auf die Theke, räusperte mich und rief in den leeren Raum. „Ein Tall, To Go, äh Vulcanino Caramel-Pie Frappuccino für äh… Domina.“ Ein letzter scheuer Blick in die Kamera, sicherheitshalber KEIN Blick zu Leonora. Und ich war endlich erlöst.
Just in dem Augenblick kam Kemal, ein Kollege und mittlerweile guter Freund, top gestylt in den Laden. Der hätte das sicher Tausend mal besser gemacht, schoss es mir durch den Kopf. Er verharrte an der Tür, sah die Kamera, Leonoras langes Gesicht und mein knallrotes und nahm mich kurzerhand mit Richtung Umkleide. Nachdem ich ihm in kurzen Worten das Fiasko geschildert hatte, kriegte er sich gar nicht mehr ein. „Du bist echt reif für die Bühne“, japste er und meinte dann mit unschuldigem Augenaufschlag: „Übrigens hast du dein Starbucks-Shirt links herum an!“
Das Ende…
… bei Starbux bedeutete die Sache für mich dankenswerterweise NICHT! Gesendet wurde das Material aber Gott sei Dank auch nicht. Stattdessen sah man im RTL-Fernsehen nur die adrette Leonora, die den perfekten Milchschaum zauberte. Anscheinend hatte ihr eigener erfolgreicher Auftritt sie mit der Sache versöhnt. Anders als viele meiner Barista-Kollegen, enthob mich diese Erfahrung auch jeglicher schauspielerischer Ambition. Ich habe mich dann einige Monate später lieber dem Journalismus verschrieben und bin bis heute dabei geblieben. Oberteile trage ich in stressigen Momenten immer noch gerne auf Links, aber im Homeoffice interessiert das ja keinen.
Es grüßt mit einem endleckeren Grande irgendwas Chai Latte in der Hand (für Frappucino ist es mir noch zu kalt)…

Eure Nachbarin

 

Andenken an die Reise

Andenken an die Reise

Paris – wir kommen, eilen, fliegen. Nachdem ein Familienurlaub auf dem Bauernhof meine Sehnsucht nach Romantik nicht ganz befriedigt hat, muss es jetzt die volle Dröhnung sein.
Und damit wir auch länger etwas von unserer raren Zweisamkeit haben, habe ich schon mal vorbeugend ein Scrapbook angelegt. Scrapbooking ist ein Trend, der in den letzten Jahren aus den USA und
Kanada herüberschwappt. Daher auch der Name, den man gerne mit Collage-Album übersetzen darf. Wie bei so vielen Do it yourself-Ideen heißt es auch hier: Back to the roots! Macht es wie Eure Großmütter!

Und hier die Bilder…

Au revoir, Ihr Lieben!

Eure Nachbarin

Der Weg ist das Ziel (Teil 2)

Der Weg ist das Ziel (Teil 2)

Wenn die Zeit drängt, sagen Informatiker gerne „T Minus“ und setzen dann eine entsprechende Minutenzahl dahinter. Die Zahl zeigt an, wie viel Zeit noch bleibt. Zum Beispiel bis das System abstürzt, etwas explodiert oder eine Braut am Ort der Trauung ankommen will (bevor ihr System abstürzt und sie explodiert.) Und dieser Zeitpunkt war für mich eine Stunde vor der Trauung, denn ich wollte den Gästen nicht vorher über den Weg laufen.

T Minus X

Es war also T-40 vor Ankunft und damit im eigentlichen Sinne noch nicht soooo spät, wie ich mich fühlte. Das erklärt auch, warum meine Familie eine gewisse Gelassenheit an den Tag legte, als ich mit wogendem Babybauch unterm Spitzenkleid auf den Parkplatz stampfte. Dort versuchten sie gerade, das wunderschöne Blumengesteck meiner Mutter auf der Motorhaube zu befestigen. Mein Puls lag zu diesem Zeipunkt ein wenig oberhalb des gesunden Maßes, so dass ich ihren Bemühungen nicht die angemessene Beachtung schenkte. Stattdessen blaffte ich irgendwas und platzierte mich brütend und mit zwei großen Ausrufezeichen in den Augen im Fond des Wagens.

Das Navi

Nach einem Blick in mein Gesicht, kamen die anderen dann erstaunlich schnell zur Einsicht, doch besser loszufahren. Gesteck hin oder her! Leichter Regen schlug gegen die Windschutzscheibe, während wir so fuhren. Eigentlich kannte ich den 30 Kilometer langen Weg, wollte aber in meinem Zustand und mit Blick auf die Uhr, die offensichtlich einen Weltrekord aufstellen wollte, doch lieber auf das Navi meines Vaters vertrauen. Damals wusste ich noch nicht, wo Navis einen so hinführen können (Rotkäppchen im Düsterwald).

Vielleicht hätte ich stutzig werden sollen, als das Gerät die Auffahrt zur Autobahn nicht fand und wir stattdessen langsam durch ein Bonner Rheindorf zuckelten. Aber ich war mit dem Wetter (15 Grad und Regen), dem Theologen (immer noch keine Rückmeldung) und dem Blumenschmuck auf der Motorhaube beschäftigt, der bedenklich vibrierte und dann auch just in dem Moment blütenwerfend nach oben schlug, als wir doch noch zur Autobahn fanden.

On the road

Bei T-30 brachte mein Vater das Auto auf dem Standstreifen zum Stehen. Bei T-29 hatte er das Gesteck in den Kofferraum verfrachtet und wir fuhren mit 150 Sachen über die erste Autobahn, der noch eine zweite, dritte und vierte folgen sollten, bevor es dann links in die Büsche ging. Kein Stau hielt uns auf, keine Polizei hielt uns an. Alles war gut und ich wagte, mich ein wenig zu entspannen. Zu früh, wie ich bald darauf feststellen sollte.

T-05: „Jetzt weiß ich auch nicht mehr, wo wir sind.“ Außerdem wusste ich nicht, ob ich lachen oder weinen sollte, während ich diesen Satz sagte und danach stumm auf das hübsche Einfamilienhaus in einem Neubaugebiet starrte, vor dem wir gestrandet waren. Leider stand es an einem Wendehammer und die einzige Richtung, die uns blieb, war zurück nach Norden, obwohl wir eigentlich nach Süden wollten. Das Navi beharrte darauf, dass wir den Zaun des Hauses niederwalzen, durchs Gemüsebeet pflügen und dann durch den Gartenteich schippern sollten, um den dahinterliegenden Feldweg gen Süden zu erreichen, aber irgendwas hielt uns davon ab…

Metalcore für die Nerven

Ich kann beim besten Willen nicht sagen, wie wir aus dem Wohngebiet raus, auf die Bundesstraße drauf, durch drei weitere Dörfer hindurch und am Ende tatsächlich bis zur Einfahrt unseres Klosters gekommen sind. Wahrscheinlich war ich gnädigerweise in Ohnmacht gefallen. Jedenfalls standen wir plötzlich, es war T+12, auf dem Parkplatz. Reflexartig ließ ich mich in den Fußraum fallen, was meinem Kleid nicht wirklich zuträglich war, denn um den Eingang herum entdeckte ich Fußvolk. Die ersten Gäste! „Wir pirschen uns von hinten an“, entschied ich. Dass wir uns dazu durch eine Hecke wurschteln und über die regennasse Wiese laufen mussten, interessierte mich zu diesem Zeitpunkt nur noch perifer. „Wenn du was willst, ist alles egal“, sagt mein Mann immer und je nach Situation, ist es ein Vorwurf oder ein Lob.

Hochzeitswolken

Die letzte halbe Stunde vor der Trauung verbrachten wir zweisam im Brautzimmer, warfen hin und wieder misstrauische Blicke auf den Wolkenhimmel vor dem Fenster (Open Air-Trauung und so) und versuchten, uns zu entspannen. Die Trauzeugen hatten alles im Griff, der Theologe war aufgetaucht und ich freute mich einfach nur auf den Tag, während mein Mann – bis dahin ennervierende Ruhe selbst – langsam zappelig wurde und sich nur noch mit Metalcore-Musik aus dem iPod beruhigen ließ.

Einmal sollten wir auf dem Weg zum Altar fast noch vom Weg abkommen, als das süße Blumenmädchen im Klosterhof zu den Klängen von „I belong to you“ forschen Schrittes die falsche Abzweigung nahm. Aber irgendwie schafften wir es doch noch durch den Mittelgang nach vorne und siehe da, in dem Moment, als wir uns auf den Stühlen niederließen, kam die Sonne raus und blieb uns bis nach dem Sektempfang hold. Danach war das Wetter dann den meisten schon egal.

Die Anfahrt sollte nicht die letzte Panne des Tages gewesen sein. Vielleicht schreibe ich im nächsten Jahr über Hochzeitstorten und DJs 🙂 Aber trotzdem war es ein wunderschöner Tag, der mit all seinen Begegnungen und Geschichten – den lustigen, nervigen, rührenden und schönen – unvergesslich ist.

Alles Liebe zum Hochzeitstag, mein Schatz!

Deine – und natürlich Eure – Nachbarin

Geschafft!!!

PS: Einen Tag nach der Trauung rief mein Vater an: „Ich weiß jetzt, was mit dem Navi los war. Es war auf ökonomische Streckenführung eingestellt und hat Schnellstraßen und Autobahnen vermieden.“ Drum versuche, wer sich ewig bindet, am Tag der Trauung keinen Sprit zu sparen 😉

Wie wir mal fast zu spät zu einer Hochzeit kamen (also zu unserer eigenen)

Wie wir mal fast zu spät zu einer Hochzeit kamen (also zu unserer eigenen)

Heute vor vier Jahren genau, saß ich mit dickem Bauch völlig entnervt auf dem Bett und schrie meinen Mann an. Es war vier Tage vor unserer Hochzeit, ich im siebten Monat schwanger, gerade hatten wir einen aufreibenden Umzug hinter uns. Die Schwiegereltern waren schon angereist und es gab noch so UNENDLICH viel zu tun. Während meine Schwiegermutter in der Küche eine perfekte dreistöckige Hochzeitstorte zauberte, saß mein Schwiegervater am Küchentisch und tütete seelenruhig kleine weiße und rosa Zucker-Mandeln in 87 Organza-Säckchen ein. Mein Vater schnitzte in seinem Werkzeugkeller ein riesiges weißes Holzherz für die Fotosession und meine Mutter fertigte wunderschöne Blumengestecke, meinen Brautstrauß und die Dekoration fürs Brautauto.

Währenddessen versuchte ich – tiefer in der Schwangerschaftsdemenz versunken als Atlantis im Meer – noch an all die tausend anderen endwichtigen Dinge zu denken, die als undefinierbare Masse durch mein Hirn waberten. Erschwerend kam hinzu, dass ich zu dieser Zeit KEINE – also ABSOLUT KEINE (nicht mal eine Tafel am Tag) – Schokolade essen dufte: Ich hatte Schwangerschaftsdiabetis. („Nein, nur leicht erhöhte Zuckerwerte und du hast dich total verrückt gemacht“, wirft mein Mann immer ein, wenn ich davon erzähle. „Ja, Schatz, ich war halt schwanger, das impliziert reinsteigern.“) Außerdem grassierte dieser schlimme, damals noch ungeklärte EHEC-Virus und ich aß eigentlich gar nichts mehr, aus Angst, mir was einzufangen. Das Ganze war meinem Nervenkostüm, das ja bekanntlich eher so Bettlaken- als Dauenendecken-Niveau hat, NICHT zuträglich. Und meinem Mann auch nicht.

Er hat mich trotzdem geheiratet. Auch wenn die Anfahrt zum Kloster, wo die Trauung im Garten stattfinden sollte, uns fast noch davon abgehalten hätte: Es begann damit, dass ich gestiefelt und gespornt, also in voller weißer Montur vor unserem Haus stand und wartete: Darauf, dass mein Mann und meine Eltern mit dem Brautwagen um die Ecke biegen würden, um mich einzusammeln. Ich hätte auch gleich mit zum Parkplatz gehen können und hätte es auch besser getan, wollte aber meine gerade erst neu erworbene Nachbarschaft nicht mit meinem auffälligen Auftritt verschrecken. Man weiß ja nie. Heute, da ich sie kenne und liebe, wäre das natürlich kein Thema mehr.

Da stand ich also, bibberte in der kühlen Morgenluft und schaute misstrauisch auf die sich türmenden Wolkenberge am Himmel. Mit der einen Hand hielt ich mein Täschchen an die Brust gepresst und mit der anderen meinen Bauch. Meine jüngste Sorge war, dass ich unseren Theologen seit Tagen nicht erreicht hatte. Würde er kommen oder würden wir in zwei Stunden alleine vor versammelter Hochzeitsgesellschaft stehen… Ich übte schon mal eine Rede und ein kleines Liedchen – irgendwas muss man den Leuten ja dann bieten, wenn sie zum Teil viele Tausend Kilometer aus dem Ausland einfliegen und dann findet die Hochzeit gar nicht statt. Nach fünf Minuten rumstehen, Sorgen machen und leise „Ein Vogel wollte Hochzeit machen“ trällern, begann ich mich vorsichtig zur fragen WOINALLERWELTMEINEVERWANDSCHAFTMITDEMAUTOBLIEBHERRGOTT!

Ein Mütterchen kam auf ihren Rollator gestützt vorbei, sah mich Streichholz mit rotem Gesicht und flammendem Haupthaar am Wegesrand stehen und fragte mitfühlend: „Kann ich Ihnen helfen?“ Ja, wollte ich antworten. „Nehmen Sie mich mit, ganz egal wohin. Irgendwo hin. Oder, Moment, kennen Sie vielleicht einen Pfarrer, der uns spontan trauen könnte, nur für den Fall, dass unser Theolge nicht kommt? Oder wenigstens einen Chauffeur, falls mein Mann und meine Eltern auf den 50 Metern zum Parkplatz ins Bermuda-Dreieck gefallen sind.“

Ich bremste mich im letzten Augenblick, schließlich hätte mir der Pfarrer ohne meinen Mann auch nicht viel genützt und piepste stattdessen: „Kennen Sie die zweite Strophe von „Ein Vogel wollte Hochzeit machen?“ Sie lächelte in sich hinein und tätschelte mir liebevoll die Hand: „Ich wünsche Ihnen einen unvergesslichen Tag“, sagte sie und ging davon. Den habe ich jetzt schon, dachte ich, als ich schweren Herzens mein Kleid raffte und mit so viel Würde wie möglich zum Parkplatz lief…

Das war natürlich erst der Anfang des steinigen Umweges, der uns am Ende unglaublicherweise doch noch vor den Traualtar führte, ohne dass ich aus Stress vorzeitig niedergekommen wäre. Weiter geht es im nächsten Post, wenn ihr mögt!!

Sommergrüße und Luftküsschen!

Eure Nachbarin

Die Sache mit den Pantoffeln

Die Sache mit den Pantoffeln

Vielleicht liegt es daran, dass wir am Wochenende lieben Besuch aus England hatten oder an den sommerlichen Fotos, die meine Eltern ständig aus dem Urlaub schicken, aber heute muss ich einfach mal kurz über das Wetter reden. Da riss ich doch um halb acht schwungvoll und in bester Erwartung die Rollos hoch und dann das: Bäääääh! Schnee!!! (Stellt Euch ein jammerndes Emoticon vor, so in etwa sah mein Gesicht aus, das sich da in der Fensterscheibe spiegelte.)

Statt das einzig Vernünftige zu tun (Rollos schnell wieder runterlassen und zurück ins Bett kriechen) schnappte ich mir das Tablet und schaute mir die Wettervorsage für diese Woche an. Regen und 0 Grad, -1 Grad, -2 Grad, -15 Grad. Letzteres ist die Temperatur, die gerade meiner Laune entspricht. Männo!! Gestern sah es noch aus, als käme der Frühling. Die Sonne schien, wir waren alle gleichzeitig (!) gesund. Meine Tochter trug ein Kleidchen (also zumindest über den fünf anderen Lagen Winterstoff) und die ersten Schneeglöckchen wagten einen Blick.

Da kann man sich dran gewöhnen, dachte ich noch. Hätte ich es mal besser nicht gedacht oder wenigstens dreimal auf Holz geklopft… Übrigens, nur falls es jemanden interessiert: Sollte es morgen wieder kalt, schneeregnerisch und doof aussehen, wenn man aus dem Fenster guckt, kann ich nur sagen: Gewöhnt Euch (nochmal) dran! Denn wie sagt die Bauernregel zum Matthiastag: „Wenn neues Eis Matthias bringt, so friert’s noch 40 Tage.“ YEAH!!! Aber wir haben ja auch Fastenzeit.

Und dann immer diese Sache mit meinen Pantoffeln. Ich liebe diese Pantoffel. Es sind so Birkenstock-Fakes und ich trage sie seit mindestens 15 Jahren. Sie haben schon so viel gesehen und mitgemacht. Motto-Partys in der Studenten-WG und nachfolgende Renovierungsarbeiten, meinen Job als Zimmermädchen in Cambridge, Liebeskummer in Barcelona, meine Barista-Ausbildung bei Starbux, Neufindungsphasen in Paris, Reisen in 20 Länder auf drei Kontinenten, die Hochzeitsnacht und natürlich die kleine Stippvisite auf der Entbindungsstation.

Meine treuen Treter

„So sehen sie auch aus!“ würde mein Mann jetzt sagen. „Ja, aber sie riechen noch wie neu. Ganz im Gegensatz zu…“ würde ich mit Blick auf seine Puschen kontern und das Satzende bedeutungsvoll in der Luft hängen lassen. Ja, meine Pantoffeln tragen die Spuren eines Erwachsenenlebens, die ich in meinem Gesicht lieber nicht finden möchte. Unnötig zu sagen, dass dieser Wunsch ebenso unerfüllt ist, wie der nach Sonne. Aber wir haben ja auch Fastenzeit… Meine Pantoffeln sind gezeichnet (selbst ich habe sie schon gezeichnet, damals auf dieser langweiligen Bustour nach Frankreich) und ich hoffe, sie sind mir noch lange, lange treu.

Worüber ich mich aber trotz allem immer wieder maßlos ärgern kann: Sie sind jeden Morgen verschwunden!! JEDEN. EINZELNEN. MORGEN. Und IMMER habe ich kalte Füße. Und IMMER vergeude ich wertvolle Minuten, in denen ich fluchend vom einen Ende der Wohnung zum anderen renne und zurück (immerhin 66 Schritte) und sie NIEMALS finden kann. Und IMMER liegen sie am Schluss an der gleichen Stelle unter dem Wohnzimmertisch. Und NIE – NICHT EINMAL – kann ich mich morgens daran erinnern, dass ich sie dort gelassen habe.

Naja, ich verbuche es als Workout.  „Was man nicht im Kopf hat, hat man in den Füßen“, sagt Onkel Eddi immer. Ich hätte die Pantoffeln ja am liebsten AN den Füßen, sobald ich selbige aus dem Bett schwinge. „Das lernt sie noch!“, sagen wir gerne über unser Töchterchen. Vielleicht gilt das ja auch für die Mutti…

Und jetzt? Jetzt ziehe ich meine Puschen an und baue einen Schneemann auf der Terrasse. Und die Schneeglöckchen? Die kann er sich an den Hut stecken.

PS: Wie man mir gerade aus England glaubhaft versichert hat, sind meine Pantoffeln übrigens schon 20 Jahre alt 😉