Elsa wer?
Jede Generation hat ja so ihre Favoriten. Dunkel erinnere ich mich an He-Man und Skeletor. Mein 14-jähriges Patenkind stand in den Neunzigern auf Hannah Montana und heute kommen Mädcheneltern ganz offensichtlich nicht an Elsa, der Eiskönigin, vorbei. Die übrigens auch bei 25 Grad im Schatten sehr präsent ist, obwohl sie ja gar kein Eis bringt – zumindest kein leckeres. Dann könnte ich den Hype ja noch besser verstehen.
Gut, sie ist blond, hat einen echt dicken Zopf – den hat Rapunzel auch. Sie hat eine Schwester, kommuniziert mit einem lustigen Schneemann namens Olaf und produziert Gletscher am laufenden Band. Das ist so ziemlich alles, was ich über sie weiß und was meine Tochter über sie weiß. Den Film hat sie nämlich noch nie gesehen, weder das Hörspiel gehört, noch ein Buch dazu gelesen.
Dafür war sie auf fünf verschiedenen Elsa-Geburtstagen eingeladen, trägt an Karneval und darüber hinaus vorzugsweise Elsa-Kleidchen, -Krönchen und -Zepter, spielt am liebsten mit Elsa-Puppen und -Barbies und würde sogar Blumenkohl essen, wenn ein Elsa-Schildchen dranpappen würde. Damit hebt sie sich natürlich kein Stück von anderen Kindergartenmädchen ab. Dass man sich als Mädchenmama da kaum entziehen kann, ist eine Sache. Wenn sich aber schon gestandene Väter WhatsApps über Elsa-Joghurt im Sonderangebot schicken, wird es langsam komisch.
Pippi adé
Noch vor einem Jahr erklärte ich im würdevoll-herablassenden Ton des Bildungsbürgertums: „Also, MEINE Tochter kann ja mit Elsa nichts anfangen. Sie liebt Astrid Lindgren, Pippi ist ihr großer Star.“ Im September richtete ich einen entsprechenden Kindergeburtstag aus. Drei Monate später landete Pippi in der Ablage, nämlich genau in dem Moment, als wir an Weihnachten endlich das komplette Kostüm zusammen hatten (inklusive Kleinem Onkel-Schaukelgaul, übergroßen Pippischuhen und Herrn Nilson für die Schulter).
Und während der wunderschöne Pippi-Kalender ein unbeachtetes Dasein an der Kinderzimmerwand fristet (ich werde ihn wohl ins Wohnzimmer hängen) und der Kleine Onkel nun Sabrina heißt, übernahm Elsa das Regiment. Nicht ohne die Mithilfe wackerer Kita-Erzieherinnen, die die Kinder in schöner Regelmäßigkeit mit Elsa-Ausmalbildern, Elsa-Pappmaschee-Figuren und Elsa-Frisuren mit passenden Spängchen und Haargummis nach Hause schicken.
Im Laden
Neulich ging ich mit meiner Tochter einkaufen (natürlich mit Krone und Zepter – also sie). Sie lief durch den Laden und riss zielsicher alles mit Elsa-Aufdruck an sich. Warum gibt es Elsa-Sommer-T-Shirts mit Hawaiimuster??? Macht das irgendeinen Sinn, der sich nur mir nicht erschließt? Beim Bezahlen sagte ich beschämt: „Sie hat auch noch andere Klamotten zu Hause!“ und erntete nur ein breites Grinsen der Kassiererin, während die Kasse so laut klingelte, das ein weiteres Gespräch nicht möglich war.
Vor Kurzen habe ich mir dann überlegt, ob ich unserer kleinen Eisprinzessin mal den Film zeige. Wenn sie schon so ein großer Fan ist, soll sie doch wenigstens wissen, wovon. Einige Mütter rieten mit ab. Viel zu gruselig sei der und zu traurig. Warum dann dieser Wirbel? Ich entschied mich, ihr stattdessen ein kurzes Elsa-Video auf Youtube vorzuspielen. „Und“, fragte ich gespannt. „Das war voll langweilig!“, meinte sie, und: „Kann ich jetzt mein Elsa-Kleid anziehen?“
Kopfschüttelnde Grüße
Eure Nachbarin (die sich hiermit outet, dass ihr die Eiskönigin trotz allem besser gefällt, als Schneewittchen und Co, weil sie so schöne türkisfarbene Sachen anhat)
Nachtrag: Die Elsa-Phase hat nicht lange angehalten und den Film hat sie bis heute (fünf Jahre später) nicht gesehen. Mittlerweile steht sie übrigens auf blutrünstige Drachen und Wölfe.
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