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Liebe Leute, lasst mich meinen Job machen

Ich liebe meinen Beruf als Journalistin. Vor allem das Schreiben! Ich bin keine Investigative. Ich möchte keine Promis interviewen oder Nachrichten am Puls der Zeit machen. Ich möchte schreiben. Und genau das wird seit einiger Zeit immer schwerer. Es sind nicht die Auftraggeber, nicht die Redaktionen, für die ich schreibe, sondern die Menschen, die in meinen Artikeln vorkommen. Deren Geschichte ich erzähle, deren Ansichten und Aussagen ich teile.

Seit 20 Jahren schreibe ich über Leute, lasse sie zu Wort kommen, porträtiere sie… Und bis vor ein-zwei Jahren habe ich sie damit meist glücklich gemacht. Und das hat mich glücklich gemacht. Ich erinnere mich an den Witwer, der sagte, nach dem Gespräch mit mir und dem Porträt, das ich über ihn verfasste, hätte er neuen Lebensmut geschöpft. Ich erinnere mich an den Preisträger, der mir im Interview von den Höhen und Tiefen seines Lebens berichtete und mit dem Artikel so froh war, dass er mir auf der Preisverleihung seinen Blumenstrauß schenkte.

Ich weiß nicht, was sich verändert hat. Ist es Corona? Ein generelles Misstrauen in die Medien? Ist es die Sorge mit Privatem an die Öffentlichkeit zu gehen und böse Reaktionen zu ernten? Ist es die Angst zu viel preiszugeben, sich angreifbar zu machen? Oder ist es das Gefühl, selbst besser formulieren zu können, weil es ja das eigene Leben ist? Jedenfalls erhalte ich meine mit Liebe, Achtsamkeit, Sensibilität und Zeitaufwand (in der Freiberuflichkeit ist Zeit leider Geld) formulierten Artikel seit Neuestem immer wieder völlig verhackstückt zurück. Da werden Sätze auseinander gerissen, Inhalte gekürzt oder willkürlich ergänzt. Dinge, die im Interview genauso gesagt wurden, als nicht veröffentlichbar zurückgenommen, ganze Absätze umformuliert…

Liebe Interviewpartner:innen: Wenn ich Euch den fertigen Artikel sende, dann habe ich lange daran gearbeitet und gefeilt. Dann stimmt der Duktus, dann stimmt die Zeichenzahl. Dann weiß ich genau, warum ich welchen Satz wie formuliert habe. Ihr könnt Euch drauf verlassen, ich überlasse da nichts dem Zufall. Fühlt Euch bitte nicht berufen, meine Artikel zu verbessern. Fühlt Euch nicht berufen, jeden Ausdruck zu diskutieren, um jede Formulierung zu ringen. Vertraut mir, meiner Erfahrung  und Expertise – ja, ich hab das mal gelernt – oder lasst es.

Erschöpfte Grüße von Eurer Nachbarin, die manchmal ernstlich darüber nachdenkt, den Job zu wechseln!

Gedanken zur Verantwortung

Gedanken zur Verantwortung

Freundschaften sind nicht immer leicht, vor allem, wenn uns die Welt das ein oder andere Bein stellt. Und das tut es ja schon seit einigen Jahren. Gesundheitslage, Klimakrise und Kriege können nicht spurlos an uns vorbeigehen. Wir sind auf Wachstum und Verbesserung geeicht und kommen nicht gut damit klar, wenn wir uns zurückentwickeln Richtung Neandertal. Wer sich erschöpft fühlt, vom Leben und vom so  genannten Miteinander, grenzt sich gerne ab.

Während eines Streits sagte eine Freundin zur anderen, sie sei nicht dafür verantwortlich, dass es der anderen gut gehe. Das kann man drehen und wenden und entweder zu dem Schluss kommen, dass man sich für das Wohlergehen von nahestehenden Menschen verantwortlich fühlt. Oder aber, dass jeder seines Glückes Schmied ist und wir ihn im Leben nur begleiten. Nun ist es ja durchaus ein legitimer Ansatz, keine Verantwortung für das Glück anderer übernehmen zu wollen, man hat ja genug damit zu tun, dem eigenen nachzujagen.

Es gibt jedoch eine Verantwortung, der kann ich mich nicht entziehen. Sie entsteht, wenn es einem Menschen aufgrund meiner Handlungen und Worte (oder dem Ausbleiben derselben) schlecht geht. Es ist keine Verantwortung, die ich freiwillig übernehme, sondern eine, die mir zufällt, wenn ich jemanden verletze. Sei es bewusst oder unbewusst, vorsätzlich oder unbedacht und egal, ob ich die Reaktion des anderen verstehen kann oder nicht. Das heißt nicht, dass ich alles zurücknehmen und das Gegenteil behaupten oder gegen meine inneren Überzeugungen agieren muss.

Aber wenn ich eine Möglichkeit sehe, es für den anderen leichter zu machen, dann sollte ich das tun.

Die Nachbarin – nachdenklich

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Urlaubsende

Urlaubsende

„Urlaubsende“ hat meine Mutter immer in die alten Fotoalben mit den rotstichigen Bildern geschrieben. Unglaublich, dass man sich damals auf eineinhalb 36-Filme beschränkte, wenn man zwei Wochen unterwegs war. Nun naht auch bei uns das Ende unserer fantastischen Reise.

Der Malanser Nieselregen weitet sich auf unserer Tour in Richtung Neu-Ulm zu wahren Sturzbächen aus, die die ganze Nacht auf uns niederprasseln. Der Stellplatz erweist sich als einfache Parkbucht in einem Wohngebiet. Hätte hier nur ein Auto mehr gestanden, hätten wir weiterfahren müssen. So aber entspricht das Bild, das wir uns im Dunkeln durch den Regenschleier machen, genau dem Foto auf Park4night, als wäre es heute aufgenommen worden. Vielleicht hat es ein wohlmeinender Anwohner dort eingestellt, denke ich hoffnungsvoll, denn irgendwie fühle ich mich fehl am Platz. Und so schlafe ich wegen der nassen Dauerbeschallung von oben und aus innerer Sorge, dass ein Nachbar empört an die Türe klopfen könnte, etwas flach.

AlpaufstiegNiemand klopft an die Tür und der Regen lässt über Nacht immerhin so weit nach, dass ich am nächsten Morgen wieder etwas durch die Windschutzscheibe erkennen kann. Gut, dass nach wie vor mein Mann fährt. Wir passieren auf der Rückfahrt wieder das schönste Autobahnteilstück Deutschlands, den Albaufstieg, den wir dieses Mal hinabfahren. Auf der Hinfahrt standen wir hier bei strahlendem Sonnenschein im Stau und konnten die Umgebung in vollen Zügen genießen. Heute wabert der Nebel um uns herum und erlaubt keine spektakulären Ausblicke mehr. Wir kommen zügig voran und erreichen die Heimat um kurz vor 13 Uhr zufrieden und unversehrt. Knapp 2700 spektakuläre Kilometer liegen hinter uns.

Wir haben unser Wohnmobil ins Herz geschlossen und diese Art des Reisens auch. Meine Wetter-Wünsche, die ich drei Wochen zuvor ans Universum geschickt habe, haben gefruchtet und uns den schönsten Oktober aller Zeiten beschert. Mittlerweile ist der Himmel auch wieder klarer und wir ziehen von unserem Wohnmobil wieder ins Haus. Dort türmen sich unangetastete Wäscheberge, während wir zuerst zu einem nahegelegenen Waschplatz für LKW fahren. Prioritäten müssen sein! Liebevoll waschen wir den Reisestaub von unserem Ahorn. Ich fühle mich dem Riesen so verbunden, dass ich ihm auch noch die Haare und die Nägel gemacht hätte… Aber der Abschied ist unausweichlich. Mit zwei weinenden Auge geben wir unser Möff am nächsten Tag an seinen Besitzer zurück.

Danke!! Es war wunderbar. Der Urlaub ist zu Ende und wir werden ihn nie vergessen.

Die Nachbarin

Wäsche am Womo

Bei Melanie in Malans

Bei Melanie in Malans

Umso froher machten wir uns nun an die nächste Etappe, die uns zu einer lieben Freundin und Patentante von Tochter Hose in die nördliche Schweiz führen sollte. Was soll ich sagen, dieser Teil der Tour war einfach atemberaubend. Zwei Eindrücke sind mir am klarsten in Erinnerung. Der Blick aus unserem Cockpit auf den Lago d’Isola am San Bernadino Pass, in dem sich die herbstlich bunten Uferbäume so eins zu eins widerspiegelten, dass man das Bild hätte einfach umdrehen können. Und dann die sich hinaufschraubende Autobahn 13, die in so engen Serpentinen über den Pass verläuft, dass man das Gefühl hat, man fahre gerade parallel an sich selber vorbei. Weit oberhalb verlaufen Brücken, die in die gleiche Richtung führen und es scheint unvorstellbar, dass man dort auch noch langkommt. Aber es passiert.

Hinter dem Rastplatz San Bernadino Nord ging es dann Richtung Nordosten ins Rheintal mit Kurs auf Malans, einem graubündener Bilderbuchort, wo wir bereits erwartet werden. Zum einen von unserer Freundin, die ein sehr leckeres Mittagsessen gezaubert hat, und zum anderen von einem fantastischen Stellplatz am Bahnhof, von dem aus wir in Null-Komma-Nichts im Ort sind und der uns ein bisschen mit dem Erlebnis am Lago Maggiore versöhnt. Zwar hätten wir hier über Nacht nicht stehen dürfen, aber für den Nachmittag sind wir perfekt platziert. Wir befinden uns in der Heimat von Heidi und dem Geißenpeter. Tatsächlich gibt es in der Nähe ein schönes Heididorf-Freilichtmuseum, das wir bei anderer Gelegenheit besucht haben. Direkt im Weinort Malans fährt im Sommer die quietschgelbe Älplibahn auf die Höhe.

Tochter mit KuhStellplatz Malans am Bahnhof

Nun ist es aber Herbst und der Oktober hat uns mit klassischem Nieselregen-Wetter wieder eingeholt. Aber wozu gibt es Regenjacken. Und so radeln (Papa Hose und Tochter Hose) und wandern wir mit unserer ortskundigen Begleiterin durch das Dorf und die angrenzenden Wiesen. Auf einem Bauernhof streicheln wir Katzen und Kühe, etwas weiter den Weg entlang baden zwei Hunde im Bach. Der Wind pfeift und ein paar Tropfen Herbstregen benetzen unsere Gesichter, aber die goldgelben Weinreben geben dem grauen Tag ein Leuchten. Gegen Abend verabschieden wir uns. Wir wollen heute noch bis zu unserem Übernachtungsort in Neu-Ulm.

Die Nachbarin – froh über die schöne Begegnung

Die Lage am Lago ist nicht optimal

Die Lage am Lago ist nicht optimal

Bei der Recherche für unseren Urlaub hatte ich irgendwo mal gelesen, „die Schweizer mögen keine Wohnmobile“. Ach Quaaaaaatsch, habe ich mir da noch gedacht. Und auch jetzt kann ich ja nur von unserer einzelnen Erfahrung am Lago Maggiore berichten. Aber irgendwie kam da schon so ein kleines Gefühl auf. Wie gesagt, der Stellplatz hinter den sieben Bergen war grün, sauber und gut ausgestattet, wenn auch ohne eine Möglichkeit, dort jemals wegzukommen. Sicher hätten wir auf einem Campingplatz am See mehr Spaß gehabt. Aber zum einen ging es uns ja bloß um eine Nacht auf der Durchreise und zum zweiten wollten wir nur mal einen Blick auf den See erhaschen, ohne alles mit unserem großen Gefährt zu blockieren.

Höhenschranke  Lago mit Palme Lago mit Bank

Okay, zugegebenermaßen konnten wir einen Blick erhaschen, bei einem kurzen Halt in zweiter Reihe. Voller Vorfreude hatten wir uns über die Zufahrtstraße dem See genähert, weil dort  ein Parkplatz für Wohnmobile freigegeben sein sollte. Wenn dem mal so war, dann ist das nun vorbei. Heute  hängen dort an der Einfahrt Höhenbeschränkungen, die nur noch für Autos passierbar sind. Wir hätten supergerne den leeren Platz genutzt, um für ein, zwei Stunden dort zu stehen, mit Blick auf den See zu frühstücken und ein bisschen am Ufer entlang zu spazieren. So aber reichte es nur für eine fünfminütige Stippvisite, bei der die Fotos entstanden sind. Gefrühstückt haben wir dann im Wareneingang eines größeren Einkaufszentrums, mit Blick auf ein paar vollgesprayte Mauern, während neben uns mit lautem Getöse eine Baumaschine verladen wurde…

Die Nachbarin – motiviert hier wegzukommen