Die Sonne strahlt mal wieder vom blauen Himmel, als wir unser liebgewonnenes Möff am nächsten Morgen ausgefertig machen. Die Straße ruft! Wir stöpseln den Landstrom ab, kontrollieren die Räder auf dem Träger, lassen mit einer gewissen Routine Grauwasser in die Kanalisation laufen und leeren mit Todesverachtung die Toilettenkassette. Tochter Hose verabschiedet sich unterdessen von jeder Katze im Umkreis. Als wir vom Platz rumpeln, entdecken wir begeistert ein Kunstwerk. Da haben Wohnmobilisten anscheinend jedes einzelne Reiseziel künstlerisch auf ihrer Karosserie verewigt und sie sind offensichtlich schon weit gereist. Ein Campingwagen als Leinwand. Tolle Idee! Wir kehren noch kurz an der Tanke ein – mit vollem Magen fährt unser Wagen einfach besser – und biegen dann auf die lange Straße ein, die Marina di Pisa mit der Autobahn verbindet.
Über den Highway geht es viereinhalb Stunden durch die Berge in Richtung Schweiz. Lange hatten wir in der Region um den Lago Maggiore nach einem Camping- oder Stellplatz für unser Wohnmobil gesucht und uns schließlich für Camper Area Tamaro entschieden. Das ist unser heutiges Ziel. Auf der Rückfahrt kämpfe ich mit einem fiesen Moskitostich, der von Parma über Mailand bis zum Comer See immer weiter anschwillt und ziemlich zwiebelt. Ziemlich unkonzentriert sorge ich dann leider auch dafür, dass wir die letzte italienische Tanke verpassen und in Teuerland nachladen müssen. Damit nicht genug, vergessen wir, dass mein Handy mit Töchterchens iPad verbunden ist und erhalten nach zehn Minuten durch die Schweiz die freundliche Info, dass mein Kontingent von 50 Euro nun aufgebraucht ist. Das ist mal eine kostspielige Begrüßung. Wenigstens klebt bereits eine gültige Jahresvignette von einem Vormieter an der Windschutzscheibe, so dass wir wenigstens die 42 Euros dafür sparen.
Ein bisschen fluchend passieren wir Tunnel und Pässe und schrauben uns in der Höhe um den Comer See herum, auf den ich über die hohe Leitplanke hinweg einen kurzen aber atemberaubenden Blick erhasche. Dann tauchen wir auch schon in die Dunkelheit des nächsten Tunnels ein. Die Straße ist voll und so nähern wir uns nur langsam dem Lago Maggiore mit dem, wie soll es anders sein, ich eine wunderschöne Kindheitserinnerung verbinde. Bei einer Chorfahrt mit der Schule, die uns ins oberitalienische Novara führte, hatten wir hier die Isola Bella besucht und diesen Traum von einer Insel habe ich nie vergessen. So wirklich romantisch wirkt unsere heutige Strecke nicht uns so beschließen wir, müde wie wir sind, zuerst einmal zu unserem Stellplatz zu fahren und von dort die Aussicht über den See zu genießen. Wenn es denn eine gegeben hätte.
Als wir nach endlosen Serpentinen endlich den Stellplatz erreichen, der gleich neben der vielbefahrenen Straße liegt, kommen uns zwei Camper entgegen. „Stehen kann man hier gut, aber sonst gibt es echt nix zu sehen“, meinen sie enttäuscht. Und tatsächlich sind wir hier im absoluten Hinterland gestrandet. Keine Frage, der Platz ist schön grün und schweizerisch sauber. Hohe Bäume erinnern an einen Rotkäppchenwald, aber die einzige Aussicht, die wir hier haben, ist die auf die Tankstelle gegenüber. Ein paar Versuche zu Fuß noch etwas Sehenswertes zu erreichen und ein hoffnungsvoller Blick auf den Fahrplan der Bushaltestelle direkt vor dem Platz offenbart: Das war es für heute. Also ziehen wir uns in unser Domizil zurück und beenden den Tag in Ruhe.
Die Nachbarin – müde und ein bisserl angedätscht
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