Nach einer ruhigen Nacht weckt uns am nächsten Morgen der Tatendurst. Verona wollte uns nicht, also will ich mit meiner Familie wenigstens in den Sigurtapark. Der ist nämlich wunderschön und das Beste: Man kann mit einem Golfcart durchfahren. Außerdem liegt er durchaus auf unserer Strecke nach Parma, wo wir die nächste Nacht verbringen wollen. Bevor wir abreisen, ist jedoch noch die Entsorgungsoper in drei Akten fällig. Diesmal unter dem Motto „Der mit dem Sanitärzusatz tanzt“.
Wir bezahlen unsere zwei Nächte bei der netten Rezeptionistin und ihrem Malteserhündchen, das uns aus einer Umhängetasche heraus anhechelt. Danach entsorgen wir sämtliche Abwasser routiniert am hinteren Ende des gepflegten Platzes. Gerade recke ich schnüffelnd die Nase in die Luft und danke im Geiste meiner Eingebung, zwei Tage zuvor NICHT Stellplatz 2 in unmittelbarer Nähe, sondern Stellplatz 7 in weitestmöglicher Entfernung dieses Ortes gewählt zu haben, als ich meinen Mann motzen höre. Er hat zum ersten Mal die Toilette per Hand gereinigt und will nun den Hygienezusatz einfüllen. Allein, die Flasche geht nicht auf. Nun bin ich eigentlich diejenige, die regelmäßig an kindersicheren Verschlüssen verzweifelt. Sie erfolgreich zu öffnen, ist in meinen Anlagen einfach nicht vorgesehen. Runterdrücken und gleichzeitig zur Seite drehen überfordert mich.
Aber dafür habe ich ja meinen Mann. Der ist ans Scheitern nicht gewöhnt und hartnäckig noch dazu. Im 20-minütigen Bühnenstück „Mann gegen Flasche“ verschlechtert sich seine Stimmung jedoch mit jeder neuen Szene. Die Konfrontation mit dem renitenten Plastikteil gleicht erst einem Tänzchen, dann eher einem Ringkampf. In diesen Phasen ist der Herr tunlichst nicht zu stören. Von seinem Ziel abbringen lässt es sich ohnehin nicht, auch wenn im Nachgang heftige Verspannungen mit Migränepotential lauern. Nach erfolglosen Einsätzen eines Gästehandtuchs (damit man besseren Grip hat), eines YouTube-Erklärvideos (komisch, alle anderen bekommen die auf) und eines Leatherman-Multitools (das wir leider auch nicht aufkriegen), hat der Flasche letztes Stündlein geschlagen.
Unter wüsten Flüchen und verschwitzt, von Abwasserschwaden umwabert, von Kanalratten angenagt und von Moskitos zerstochen, macht Papa Hose dem Deckel mit einem Küchenmesser endlich den Garaus und erhält tosenden Applaus. Nebenan hat es sich nämlich ein Rentnerpaar mit Popcorn und Radler vor ihrem Camper auf Stellplatz 2 gemütlich gemacht und dankt heute wohl zum ersten Mal seit der Ankunft seiner Eingebung, GENAU diesen Platz gewählt zu haben. Mit einer leichten Verbeugung in ihre Richtung und einem verkniffenen Gesicht in meine, entert mein Held schließlich den Fahrersitz und wir rauschen mit knirschenden Reifen von der Bühne.
Eure Nachbarin – zerstochen
PS: Das stille Örtchen im Wohnmobil kann also ein Hort der Freude sein, wenn man von öffentlichen Toiletten spontan Verstopfung bekommt (so wie der Hochsensible an sich). Bezahlen muss man die Bequemlichkeit und Hygiene dann mit der häufigeren Entsorgung. UND wenn Kinder die Toilette benutzen. „Es ist ganz einfach Schatz: Du gehst ins Bad und schließt die Tür. Dann öffnest du den Klodeckel und dann mit dem Schieberegler da unten den Abfluss. Wenn du dein Geschäft erledigt hast, drückst du den Knopf da und ziehst ab. Dann erst machst du den Schieberegler zu und dann den Deckel. Händewaschen nicht vergessen!“ Diese Ansage habe ich auf unserer Tour jeden Tag erfolglos wiederholt. Irgendwann mit der genervten Einleitung: „Wie oft soll ich dir das denn noch sagen?“
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