Seite wählen
Urlaubsende

Urlaubsende

„Urlaubsende“ hat meine Mutter immer in die alten Fotoalben mit den rotstichigen Bildern geschrieben. Unglaublich, dass man sich damals auf eineinhalb 36-Filme beschränkte, wenn man zwei Wochen unterwegs war. Nun naht auch bei uns das Ende unserer fantastischen Reise.

Der Malanser Nieselregen weitet sich auf unserer Tour in Richtung Neu-Ulm zu wahren Sturzbächen aus, die die ganze Nacht auf uns niederprasseln. Der Stellplatz erweist sich als einfache Parkbucht in einem Wohngebiet. Hätte hier nur ein Auto mehr gestanden, hätten wir weiterfahren müssen. So aber entspricht das Bild, das wir uns im Dunkeln durch den Regenschleier machen, genau dem Foto auf Park4night, als wäre es heute aufgenommen worden. Vielleicht hat es ein wohlmeinender Anwohner dort eingestellt, denke ich hoffnungsvoll, denn irgendwie fühle ich mich fehl am Platz. Und so schlafe ich wegen der nassen Dauerbeschallung von oben und aus innerer Sorge, dass ein Nachbar empört an die Türe klopfen könnte, etwas flach.

AlpaufstiegNiemand klopft an die Tür und der Regen lässt über Nacht immerhin so weit nach, dass ich am nächsten Morgen wieder etwas durch die Windschutzscheibe erkennen kann. Gut, dass nach wie vor mein Mann fährt. Wir passieren auf der Rückfahrt wieder das schönste Autobahnteilstück Deutschlands, den Albaufstieg, den wir dieses Mal hinabfahren. Auf der Hinfahrt standen wir hier bei strahlendem Sonnenschein im Stau und konnten die Umgebung in vollen Zügen genießen. Heute wabert der Nebel um uns herum und erlaubt keine spektakulären Ausblicke mehr. Wir kommen zügig voran und erreichen die Heimat um kurz vor 13 Uhr zufrieden und unversehrt. Knapp 2700 spektakuläre Kilometer liegen hinter uns.

Wir haben unser Wohnmobil ins Herz geschlossen und diese Art des Reisens auch. Meine Wetter-Wünsche, die ich drei Wochen zuvor ans Universum geschickt habe, haben gefruchtet und uns den schönsten Oktober aller Zeiten beschert. Mittlerweile ist der Himmel auch wieder klarer und wir ziehen von unserem Wohnmobil wieder ins Haus. Dort türmen sich unangetastete Wäscheberge, während wir zuerst zu einem nahegelegenen Waschplatz für LKW fahren. Prioritäten müssen sein! Liebevoll waschen wir den Reisestaub von unserem Ahorn. Ich fühle mich dem Riesen so verbunden, dass ich ihm auch noch die Haare und die Nägel gemacht hätte… Aber der Abschied ist unausweichlich. Mit zwei weinenden Auge geben wir unser Möff am nächsten Tag an seinen Besitzer zurück.

Danke!! Es war wunderbar. Der Urlaub ist zu Ende und wir werden ihn nie vergessen.

Die Nachbarin

Wäsche am Womo

Bei Melanie in Malans

Bei Melanie in Malans

Umso froher machten wir uns nun an die nächste Etappe, die uns zu einer lieben Freundin und Patentante von Tochter Hose in die nördliche Schweiz führen sollte. Was soll ich sagen, dieser Teil der Tour war einfach atemberaubend. Zwei Eindrücke sind mir am klarsten in Erinnerung. Der Blick aus unserem Cockpit auf den Lago d’Isola am San Bernadino Pass, in dem sich die herbstlich bunten Uferbäume so eins zu eins widerspiegelten, dass man das Bild hätte einfach umdrehen können. Und dann die sich hinaufschraubende Autobahn 13, die in so engen Serpentinen über den Pass verläuft, dass man das Gefühl hat, man fahre gerade parallel an sich selber vorbei. Weit oberhalb verlaufen Brücken, die in die gleiche Richtung führen und es scheint unvorstellbar, dass man dort auch noch langkommt. Aber es passiert.

Hinter dem Rastplatz San Bernadino Nord ging es dann Richtung Nordosten ins Rheintal mit Kurs auf Malans, einem graubündener Bilderbuchort, wo wir bereits erwartet werden. Zum einen von unserer Freundin, die ein sehr leckeres Mittagsessen gezaubert hat, und zum anderen von einem fantastischen Stellplatz am Bahnhof, von dem aus wir in Null-Komma-Nichts im Ort sind und der uns ein bisschen mit dem Erlebnis am Lago Maggiore versöhnt. Zwar hätten wir hier über Nacht nicht stehen dürfen, aber für den Nachmittag sind wir perfekt platziert. Wir befinden uns in der Heimat von Heidi und dem Geißenpeter. Tatsächlich gibt es in der Nähe ein schönes Heididorf-Freilichtmuseum, das wir bei anderer Gelegenheit besucht haben. Direkt im Weinort Malans fährt im Sommer die quietschgelbe Älplibahn auf die Höhe.

Tochter mit KuhStellplatz Malans am Bahnhof

Nun ist es aber Herbst und der Oktober hat uns mit klassischem Nieselregen-Wetter wieder eingeholt. Aber wozu gibt es Regenjacken. Und so radeln (Papa Hose und Tochter Hose) und wandern wir mit unserer ortskundigen Begleiterin durch das Dorf und die angrenzenden Wiesen. Auf einem Bauernhof streicheln wir Katzen und Kühe, etwas weiter den Weg entlang baden zwei Hunde im Bach. Der Wind pfeift und ein paar Tropfen Herbstregen benetzen unsere Gesichter, aber die goldgelben Weinreben geben dem grauen Tag ein Leuchten. Gegen Abend verabschieden wir uns. Wir wollen heute noch bis zu unserem Übernachtungsort in Neu-Ulm.

Die Nachbarin – froh über die schöne Begegnung

Die Lage am Lago ist nicht optimal

Die Lage am Lago ist nicht optimal

Bei der Recherche für unseren Urlaub hatte ich irgendwo mal gelesen, „die Schweizer mögen keine Wohnmobile“. Ach Quaaaaaatsch, habe ich mir da noch gedacht. Und auch jetzt kann ich ja nur von unserer einzelnen Erfahrung am Lago Maggiore berichten. Aber irgendwie kam da schon so ein kleines Gefühl auf. Wie gesagt, der Stellplatz hinter den sieben Bergen war grün, sauber und gut ausgestattet, wenn auch ohne eine Möglichkeit, dort jemals wegzukommen. Sicher hätten wir auf einem Campingplatz am See mehr Spaß gehabt. Aber zum einen ging es uns ja bloß um eine Nacht auf der Durchreise und zum zweiten wollten wir nur mal einen Blick auf den See erhaschen, ohne alles mit unserem großen Gefährt zu blockieren.

Höhenschranke  Lago mit Palme Lago mit Bank

Okay, zugegebenermaßen konnten wir einen Blick erhaschen, bei einem kurzen Halt in zweiter Reihe. Voller Vorfreude hatten wir uns über die Zufahrtstraße dem See genähert, weil dort  ein Parkplatz für Wohnmobile freigegeben sein sollte. Wenn dem mal so war, dann ist das nun vorbei. Heute  hängen dort an der Einfahrt Höhenbeschränkungen, die nur noch für Autos passierbar sind. Wir hätten supergerne den leeren Platz genutzt, um für ein, zwei Stunden dort zu stehen, mit Blick auf den See zu frühstücken und ein bisschen am Ufer entlang zu spazieren. So aber reichte es nur für eine fünfminütige Stippvisite, bei der die Fotos entstanden sind. Gefrühstückt haben wir dann im Wareneingang eines größeren Einkaufszentrums, mit Blick auf ein paar vollgesprayte Mauern, während neben uns mit lautem Getöse eine Baumaschine verladen wurde…

Die Nachbarin – motiviert hier wegzukommen

 

Zurück in den Norden

Zurück in den Norden

Die Sonne strahlt mal wieder vom blauen Himmel, als wir unser liebgewonnenes Möff am nächsten Morgen ausgefertig machen. Die Straße ruft! Wir stöpseln den Landstrom ab, kontrollieren die Räder auf dem Träger, lassen mit einer gewissen Routine Grauwasser in die Kanalisation laufen und leeren mit Todesverachtung die Toilettenkassette. Tochter Hose verabschiedet sich unterdessen von jeder Katze im Umkreis. Als wir vom Platz rumpeln, entdecken wir begeistert ein Kunstwerk. Da haben Wohnmobilisten anscheinend jedes einzelne Reiseziel künstlerisch auf ihrer Karosserie verewigt und sie sind offensichtlich schon weit gereist. Ein Campingwagen als Leinwand. Tolle Idee! Wir kehren noch kurz an der Tanke ein – mit vollem Magen fährt unser Wagen einfach besser – und biegen dann auf die lange Straße ein, die Marina di Pisa mit der Autobahn verbindet.

Toskanaberge

Über den Highway geht es viereinhalb Stunden durch die Berge in Richtung Schweiz. Lange hatten wir in der Region um den Lago Maggiore nach einem Camping- oder Stellplatz für unser Wohnmobil gesucht und uns schließlich für Camper Area Tamaro entschieden. Das ist unser heutiges Ziel. Auf der Rückfahrt kämpfe ich mit einem  fiesen Moskitostich, der von Parma über Mailand bis zum Comer See immer weiter anschwillt und ziemlich zwiebelt. Ziemlich unkonzentriert sorge ich dann leider auch dafür, dass wir die letzte italienische Tanke verpassen und in Teuerland nachladen müssen. Damit nicht genug, vergessen wir, dass mein Handy mit Töchterchens iPad verbunden ist und erhalten nach zehn Minuten durch die Schweiz die freundliche Info, dass mein Kontingent von 50 Euro nun aufgebraucht ist. Das ist mal eine kostspielige Begrüßung. Wenigstens klebt bereits eine gültige Jahresvignette von einem Vormieter an der Windschutzscheibe, so dass wir wenigstens die 42 Euros dafür sparen.

Kleiner Ausblick aus dem Comer See

Ein bisschen fluchend passieren wir  Tunnel und Pässe und schrauben uns in der Höhe um den Comer See herum, auf den ich über die hohe Leitplanke hinweg einen kurzen aber atemberaubenden Blick erhasche. Dann tauchen wir auch schon in die Dunkelheit des nächsten Tunnels ein. Die Straße ist voll und so nähern wir uns nur langsam dem Lago Maggiore mit dem, wie soll es anders sein, ich eine wunderschöne Kindheitserinnerung verbinde. Bei einer Chorfahrt mit der Schule, die uns ins oberitalienische Novara führte, hatten wir hier die Isola Bella besucht und diesen Traum von einer Insel habe ich nie vergessen. So wirklich romantisch wirkt unsere heutige Strecke nicht uns so beschließen wir, müde wie wir sind, zuerst einmal zu unserem Stellplatz zu fahren und von dort die Aussicht über den See zu genießen. Wenn es denn eine gegeben hätte.

Stellplatz unter Bäumen

Als wir nach endlosen Serpentinen endlich den Stellplatz erreichen, der gleich neben der vielbefahrenen Straße liegt, kommen uns zwei Camper entgegen. „Stehen kann man hier gut, aber sonst gibt es echt nix zu sehen“, meinen sie enttäuscht. Und tatsächlich sind wir hier im absoluten Hinterland gestrandet. Keine Frage, der Platz ist schön grün und schweizerisch sauber. Hohe Bäume erinnern an einen Rotkäppchenwald, aber die einzige Aussicht, die wir hier haben, ist die auf die Tankstelle gegenüber. Ein paar Versuche zu Fuß noch etwas Sehenswertes zu erreichen und ein hoffnungsvoller Blick auf den Fahrplan der Bushaltestelle direkt vor dem Platz offenbart: Das war es für heute. Also ziehen wir uns in unser Domizil zurück und beenden den Tag in Ruhe.

Die Nachbarin – müde und ein bisserl angedätscht

 

Guten Abend, gute Nacht

Guten Abend, gute Nacht

Mittagsschlaf stärkt und so zieht es uns am späten Tag nochmal ans Meer. Wenn wir unser Wohnmobil pünktlich wieder zurückbringen wollen, müssen wir morgen los. Es ist also unser letzter Abend hier in Marina di Pisa. Wir schnallen die Kinnriemen unserer Fahrradhelme fest und düsen, nach einer ausgiebigen Streichelrunde unter diversen Katzen am Rande des Stellplatzes, über den Trammino in Richtung Abendrot. Und das hat es heute wirklich in sich. Ganze Armadas von Engeln müssen hier irgendwo Plätzchen backen.

 

Marina di Pisa im AbendrotHerz am Strand

Wir stellen unsere Räder an der verwaisten Promenade ab, suchen uns eines der menschenleeren Bagnos aus und toben im Sand und im knietiefen Wasser herum. Die Horizontlinie entzieht sich wegen eines aufgeschütteten Steinwalls unseren Blicken, dafür liegt das Wasserbecken abgeschirmt von der Brandung da wie ein Spiegel. Gleich oberhalb unseres Strandabschnitts steht ein einzelnes Wohnmobil, das auch gestern schon dort parkte. In der ersten Reihe, mit dem grandiosesten Meerblick aller Zeiten. Es scheint niemanden zu stören. Drin sitzen Vater und Sohn und es sieht einfach nur gemütlich aus. Abschied hängt in der Luft und Dankbarkeit für unseren Urlaub, die vielen Eindrücke, die harmonische Dreisamkeit, unser treues Gefährt und diesen letzten schönen Abend am Meer. Jetzt kann es nach Hause gehen.

Marina di Pisa am Abend

Die Nachbarin – dankbar