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Passend zum Anlass

Passend zum Anlass

Meine Tochter zieht sich gerne dem Anlass entsprechend an: Wenn es zum Schmetterlingsgarten geht das Schmetterlingskleid, im Zoo ihr T-Shirt mit den wilden Tieren, auf dem Reiterhof die Leggings mit den Hufeisen. Jetzt im Herbst fragt sie nach Stoppersocken mit Blättermotiven, für den Winter möchte sie ein Kleid mit Schneeflockenapplikation und weißem Plüschsaum. Ich denke, ihr habt das Prinzip verstanden.
Es kann so einfach sein
Nun bin ich weder Krösus, noch gewillt, unserer Tochter jeden Wunsch zu erfüllen. Es sei denn, sie kreischt so laut, dass ich es einfach nicht mehr aushalte. Zudem kann ich nun wirklich nicht zu jedem Zweck ein neues Kleidungsstück herbeizaubern. Dachte ich bis jetzt. Denn eigentlich ist es doch so einfach, Kinder glücklich zu machen. Und wie wir alle wissen, zufriedene Kinder = zufriedene Eltern. Unzufriedene Kinder = Eltern reif für die Klapse.
Bevor es also soweit kommt, sind wir einfach mal wieder ein bisschen kreativ geworden: Als ich im September gefragt wurde, was sie sich zum Geburtstag wünscht, habe ich wohl ein wenig zu oft gesagt, ein paar Sticker täten es auch. Das Ende vom Lied waren: 565 Sticker. In allen Variationen. Elsas und Einhörner, Pferde und Schmetterlinge… Ungefähr 50 Prozent davon kleben jetzt in ihrem Zimmer auf jedem verfügbaren Möbelstück und Wandabschnitt. Gleich neben den Rewe-Aufklebern, an denen man vor Weihnachten ja nicht vorbei kommt.
Naja, wie dem auch sein: Den Rest habe ich – etwas zu spät – an mich genommen. Kürzlich kamen von der Großtante noch jede Menge Weihnachtssticker dazu. Und: Am Freitag beim Lichter-/Sankt Martins-/Adventsfest der Kita kamen sie dann tatsächlich und endlich gewinnbringend zum Einsatz. Und zwar auf des Tochters Lieblings-Kindergarten-Weihnachtsfeier-Kleid. Was soll ich sagen. Das dunkelblaue Textil mit dem Rehlein vorne drauf, wurde durch Glitzer-Tannen im „Hintergrund“ und Sternchen drumherum wirklich veredelt.
Upcycling mal anders
Gestern hatten wir Besuch und weil Töchterlein – ganz die Mama – immer sehr um die Kaffeetischdeko bemüht ist, drückte ich ihr wieder besagte Aufkleber in die Hand und ließ sie am gedeckten Tisch zurück. Somit hatte ich Ruhe für einen Last-Minute-Apfel-Zimt-Crumble, sie ihren Spaß und der Tisch am Ende etwas Weihnachtliches. Heute dann hat es zum ersten Mal geschneit. Also zumindest sieht es für meine Tochter so aus, denn der ganze Garten ist gefrostet. Die Autos übrigens auch – von innen und außen – was meinem Mann ein frühes Workout bescherte.
„Schnee“ bedeutet, es muss ein Schneeflockenkleid her. Das einzige, das sie besitzt, hat außerdem, wie soll es anders sein, eine Elsa vorne drauf und ist zwei Nummern zu klein. Außerdem gibt es noch ein ungeliebtes blaues Kapuzenkleid vom Flohmarkt. Genau richtig für die Jahreszeit, aber bisher geschmäht. Nun kleben glitzrige Schneeflöckchen auf der Brust. So schnell war die morgendliche Outfit-Diskussion noch nie beendet. Und das Beste: Die Dinger halten sogar einige Zeit durch. Upcycling mal anders!
Meine Tochter wünscht sich vom Christkind übrigens Sticker…
Adventliche Grüße
Eure Nachbarin…
…die sich auch gerne mal passend zum Anlass anzieht: Nämlich derzeit sieben Tage die Woche vermatschte Hosen, erdklumpige Wanderboots, versabbertes Shirt, Parka mit Pfotenabdrücken. Vielleicht besorge ich mir mal ein paar Hunde-Aufkleber…
Benni-Wutz
Unsere Linde ist ne Sau!

Unsere Linde ist ne Sau!

Mein Freund, der Baum… ist tot! Zumindest, wenn er so weiter macht. Eigentlich würden wir ja im Lindenweg wohnen. Tolle Adresse. So naturnah! Stattdessen wurde die Straße unbenannt in irgendwas, das man immer zweimal buchstabieren muss. Das liegt daran, dass nach und nach zwölf der einst 13 Linden weichen mussten. Bis auf eine. Unsere.
Als wir unser Haus zum ersten Mal besichtigten, hingen ihre sattgrünen Blätter schmeichelhaft vor einem Großteil der Fassade. Unsere Linde ließ ihre grünen Arme baumeln und sah einfach nur romantisch aus, so zwei Meter vor dem Hauseingang. Das bisschen Kehren, dachte ich im Juni 2015 und tat es mit Begeisterung jeden Tag. Einfach, weil nichts anderes zu tun war.
Diesen Zustand, also, dass nix zu tun ist, kenne ich heute nicht mehr. Das interessiert die Linde, die ich zwischendurch mal „Linda“ getauft habe, aber nicht. Derzeit braucht es einen Windstoß und es schneit gelb. Und wie wir alle wissen: Bei gelbem Schnee sollte man immer etwas skeptisch sein. Wenn ich von der Haustür zum Auto will, muss ich waten. Kürzlich ging unser Hund verloren. Wir fanden ihn nach einer Stunde Suche in einer Blätterlawine am Fuße der „Linda“.

 

Nun ist es ja so, dass mein Mann es ja immer schon gesagt hat. Das trifft auf die meisten Dinge zu, die ich entschieden habe, aber hier besonders. Denn in Frühling, Sommer, Herbst und Winter lässt sich aus unterschiedlichen Gründen hervorragend darauf hinweisen, dass er den Baum ja „weggemacht“ hätte. Anders als andere Städte, die was auf sich halten, kennt unsere keine Baumverordnung. Hier darf jeder fröhlich roden und abschlagen, was ihm unter Axt und Astschere gerät. Daher wohl auch der Verlust der zwölf Linden und unseres Straßennamens.
Hat den Nachteil, dass ich mich hier mit meiner Liebe zur Natur durchsetzen musste. Gegen meinen Mann und ein bisschen auch gegen meinen Vater, der es dankenswerterweise nicht erwähnt, wenn er unseren K(r)ampf mit der Linde beobachtet. Ich setzte mich also durch, trotz der Beschwörung von Dauerschatten und Dauerdreck und die Gefahr, dass Wurzeln Kanäle und Mauern perforieren. Einige Gartenwegplatten sprechen da schon eine deutliche Sprache.

 

Die Linde also steht, so wie sie es seit geschätzen 80 Jahren tut. Sie wurde vom Baumkletterer stark gestutzt – ich bin ja kompromissfähig – und entblöste eine Fassade, die sich lieber weiter hinter Blättern versteckt hätte. Ansonsten hält sie böse Geister von Haus und Hof fern, füttert die Bienen der Nachbarin für den leckeren Lindenblütenhonig, beherbergt im Sommer eine Kleiberfamilie, ein Rabenpaar und Ringeltauben (in dieser Reihenfolge), die ihr Kinderzimmer genau vor unserem Schlafzimmerfenster aufgeschlagen haben.
Zu ihren Füßen habe ich mit meiner Schwiegermutter einen kleinen Vorgarten angelegt. Hübsche Steine, hübsche Töpfe mit hübschen Blumen, eine hübsche Bank. Hübsche Zwergerl und so Zeuch und det Janze umrahmt von einem – ihr ahnt es – hübschen Zaun. So war es jedenfalls mal. Am Anfang. Bevor der Sommer und dann der Herbst kam.
Mein Mann verbrachte Juli, August und September damit, unsere vom Lindensaft völlig verklebten Autos zu waschen und dabei zu sagen, dass er es ja immer schon gesagt hat. Ich verbrachte den Sommer damit, alles zu wässern, was unter Linda weder Licht noch Regen abbekommt. Also alles! Bis ich im Herbst keine Lust mehr hatte zu wässern. Jetzt ist es welk. Was man aber nicht sieht, weil ja drei Tonnen Blätter draufliegen. Drunter ist alles, aber auch wirklich alles schwarz. Blumen schwarz, Steine schwarz, Töpfe schwarz, Zwergerl schwarz. Lindenkleb + Straßenstaub gleich Teer. Offensichtlich.
Terrakottafrosch, der mal nicht schwarz war.
Kurz, unsere Linda ist eine Sau. Mein Freund, die Sau… Ein Glück, dass ich so tierlieb bin.
Eure Nachbarin