Aug 24, 2014 | Alltagschaos, Ne Story
Jeder Mensch ist ja auch so ein bisschen seine eigene Freakshow. Ich kenne Leute, die im 28. Stock ohne Sicherung vom Nachbarbalkon auf den eigenen klettern, wenn sie sich ausgesperrt haben. Oder andere, die
eine Schere mit zum Italiener nehmen, weil sie ihre Pizza niemals mit dem Messer schneiden würden. Ich kenne Leute, die 150 Tage lang morgens, mittags und abends Cornflakes essen und am 151 Tag, wenn man gerade 20 Großpackungen mit nach Hause gebracht hat, für immer damit aufhören. All diese Menschen gehören zu meiner Familie und alle sind genauso verrückt wie ich und natürlich sehr, sehr liebenswert.
Bei mir ist es neben vielem anderen ein übermäßig ausgeprägter Hygienefimmel (nein, leider kein Putzfimmel), gepaart mit neurotischem Ekel. Was ich zum Beispiel gar nicht haben kann, ist der gemeinsame Verzehr von Speisen. Das heißt nicht, dass ich mit meiner Pasta einsam vor dem Fernseher sitze, während der Rest der Familie am Küchentisch zu Abend isst. Nein, es geht um die partnerschaftliche Benutzung von Besteck oder das Leeren von Tellern, die nicht meine eigenen sind. Noch heute erinnere ich mich mit Grauen an angelutschte Bonbons, angekaute Hörnchen oder angebissene Magnums, die meine Freundinnen großzügig mit mir teilten. Nicht ahnend, was sie mir damit antaten.
Die Neurose
Diese Neurose macht weder vor meinem Mann noch vor meiner Tochter halt, weshalb vieles – in Ermangelung eines tierischen Endverbrauchers im Haushalt – im Müll landet. Und es tut mir auch Leid, aber ich kann einfach nicht. Und es geht natürlich noch weiter: Ich habe nämlich große Angst vor Keimen. Während andere Frauen einen Lippenstift in der Handtasche mit sich führen, ist es bei mir die Hand-Desinfektion. Man weiß ja nie. Auch heute kam sie wieder zu Einsatz.
Ich also mal wieder bei Rewe. Töchterlein war auf unserer Einkaufstour schon bei Aldi eingeschlafen und wir schoben eine völlig weggetretene Dreijährige im Einkaufswagen durch die Gänge. Weil die Leute schon komisch guckten, entschied ich mich, Ehemann und Kind im Auto zu lassen. Ich schnappte mir das
PET-Leergut und stellte mich mutig dem Automaten, der mir immer mit offensichtlichem Vergnügen die Hälfte der eingelegten Flaschen hämisch ins
Gesicht zurückspuckt.
Aber, oh Glück: diesmal klappte es sogar besser als sonst. Bis auf eine kleine Flasche, nahm er alles an. Geistesabwesend schraubte ich sie auf und blies hinein, um das Etikett zu glätten, bis ich mir letzteres genauer ansah. OH NEIN!!!! Das war gar keine Flasche von uns, sondern diese ominöse, die ich eine Woche zuvor im Hof aus dem Gebüsch geklaubt hatte und die – OH GRAUS!!!! – sehr wahrscheinlich einem dieser Handwerker-Typen gehört hatte, die die Hauswand neu gestrichen hatten. WÜRG!!!
Keime satt
Ich stellte mir bildhaft vor, was ich mir mit der Aktion nun alles eingefangen hatte. KEIME!!! Meine Nackenhaare stellten sich auf, meine Handflächen wurden feucht, langsam bildete sich Schaum vor meinem Mund. Die ersten Krankheitsanzeichen??? Zitternd suchte ich in meiner Handtasche nach dem Hände-Desinfektionszeug und verrieb es großzügig auf meinen Lippen. GANZ. SCHLECHTE. IDEE. Das Zeug brennt wie Hölle!!! Ahhhhhhhhhhhhhh!!
Vom anderen Tunnelende des Automatens schauten mich zwei blaue Augen teils befremdet, teils mitleidig an. Der Azubi war wohl gerade dabei, das Leergut zu sortieren und fragte sich wahrscheinlich, was für eine Gestörte da vor seinem Automaten rumzappelte. Ich weiß nicht, wie ich es geschafft habe, meine Bons noch an der Kasse einzulösen, nur noch, dass ich eine Ersatzleggings meiner Tochter aus der Tasche riss und als Spucktuch vors Gesicht hielt (ja, auch aus Scham). Das Ganze ist jetzt drei Stunden her. So langsam lässt der Speichelfluss nach. Dafür habe ich psychosomatisches Sodbrennen. Ich meine, was, wenn ich doch was geschluckt habe???
Ich finde, die müssten außer Hand-Desinfektion auch draufschreiben, dass man sich das Zeug nicht in den Mund reiben soll. Wäre ich jetzt in den USA würde ich klagen, klagen, klagen und Millionen an Schmerzensgeld kassieren. So aber nehme ich mir noch eine Portion Eis, lege mich ins Bett und träume von einer keimfreien Welt.
Aug 18, 2014 | Alltagschaos
Entschleunigung! Wer mich kennt, weiß, dass ich dieses Wort nicht leiden kann. Wahrscheinlich, weil ich dieser Tante E. immer mit enervierender Erfolglosigkeit hinterherrenne. Kein Wunder, so als langsamste Joggerin des Planeten. Trotzdem ist sie ja irgendwie der Grund für meinen Blog. Und siehe da, nach acht ergebnislosen Monaten habe ich endlich ein Werkzeug gefunden, um sie zu erreichen. Es ist der Knopf an meinem Wasserkocher.Aber von Anfang an: Wir wollten also in den Urlaub. Ans Meer. Nicht schon wieder Seychellen, dachte ich und beschloss: Diesmal fahren wir an die Nordseeküste. Als die Familie meinem Vorschlag etwas unenthusiastisch begegnete, zog ich meinen Trumpf aus der Tasche: „Nein, nicht Holland. Diesmal machen wir was Besonderes: Wir fahren nach Ostfriesland!“
Zwanzig Minuten später hatte sich der Sturm der Begeisterung etwas gelegt, so dass ich mir wieder Gehör verschaffen konnte: „Wir werden in einem Mühlenhaus wohnen und uns wird völlig egal sein, ob es regnet, schneit oder weht. Denn ich packe einfach für alle Eventualitäten.“ Der Urlaub verzögerte sich dann noch um einige Monate, weil wir für unseren französischen Kleinwagen erst einen Dachgepäckträger und dann noch einen Anhänger kaufen mussten…
Ab auf den Ostfriesenspieß
Aber schließlich waren die 20-seitige Packliste abgearbeitet, die fünf Kubik verstaut und es ging los Richtung „Ostfriesenspieß“. So heißt die A31. Sie fängt hinterm Ruhrpott an und ist die leerste Autobahn Deutschlands. Hier fahren pro Minute nur neun Autos. Dass wir es dann schafften, auf dieser Autobahn trotzdem zwei Stunden im Stau zu stehen, lasse ich an dieser Stelle mal unerwähnt.
In unserem Mühlenhaus angekommen, stellten wir fest: Im zentralostfriesischen Uttum mahlen die Mühlen nicht nur langsamer, sie malen gar nicht! Was daran
liegt, dass die eindrucksvolle Windmühle keine Flügel hat. Ein Manko, über das ich großzügig hinwegsehen konnte. Was mich jedoch viel mehr bewegte, war ihre
Lage, nämlich total ungünstig zwischen dem nächsten UMTS-Masten, Satelliten oder was weiß ich und besagtem Mühlenhaus. Wir hatten KEIN INTERNET!!!
Panik und Schweißausbrüche meinerseits. Das hätte man beim Bau vor 150 Jahren nun wirklich beachten können, zürnte ich, um dann in der Abenddämmerung drei Stunden lang mit aufgeklapptem Laptop in den verkrampften Händen ums Gelände zu schleichen, auf der Suche nach dem Netz. Das ich nicht fand. Stattdessen zog ich einen Schwarm Moskitos, Nachtfalter und Fledermäuse hinter mir her und fiel fast in den Wassergraben am Grundstücksende. Aufgegeben habe übrigens nicht ich, sondern der Laptop-Akku.
Ein Urlaub, wie er früher einmal war
Aber man gewöhnt sich an alles und nach drei Tagen aussichtslosen Suchens quer durch Ostfriesland – das Ganze erwies sich als flächendeckendes Problem – war ich bereit, meinen Urlaub zu beginnen. Der Laptop blieb zu, das Tablet wanderte in die Schublade, das Smartphone wurde zum Fotoapparat und ich begann endlich – ENDLICH – zu entspannen. Was folgte war
ein „Urlaub, wie er früher einmal war“ mit einem „Sommer, wie er früher einmal war“ und ich hätte beides gerne bis 2020 ausgedehnt.
Allein – wir mussten zurück. Raus aus der ostfriesischen Sonne, rein in den rheinischen Dauerwolkenbruch bei 16 Grad Celsius. Das Netz ist perfekt, der Stress ist zurück! Aber das ostfriesische Rezept zur
Entschleunigung haben wir uns als Souvenir mitgebracht. Hier ist es:Wasser in den Wasserkocher einfüllen. Knopf an Wasserkocher drücken. Warten bis es blubbert. Schwarzen Ostfriesentee in Teebeutel füllen und in ostfriesische Teekanne einhängen. Mit heißem Wasser übergießen, 3 bis 5 Minuten ziehen lassen. Ein Kluntje (Mega-Kandis) in einer ostfriesischen Teetasse platzieren, Tasse zur Hälfte mit Tee füllen.
Sahne mit dem ostfriesischen Rohm-Lepel (Mini-Sahnekelle) in den Tee einbringen. In die Sahnewolken schauen. Nichts mehr denken, nichts mehr sagen, nichts mehr tun.
Aug 9, 2014 | Ne Story, Uncategorized
Als Kleinkind-Eltern ist man ja peinliche Situationen in allen Facetten gewöhnt. Erst gestern: schreiendes und sich auf dem Boden windendes Kind im gehobenen Fischrestaurant. Oder kürzlich: ein durchdringendes „Papa, der Mann hat sein Gesicht angemalt!“, begleitet von einem ausgestreckten Finger, der auf einen Menschen mit Pigmentstörung zeigte. Von solchen Alltäglichkeiten soll jedoch hier nicht die Rede sein.
Vielmehr geht es um diese allumfassenden Peinlichkeiten, bei denen man knallrot anläuft und sich nach dem nächsten Erdloch umsieht, in dem man versinken darf. Situationen, über die man viel später – so zwei bis drei Jahre – auch lachen kann, wenn der eigene Ehemann sie in geselliger Runde zum Besten gibt. Oder in diesem Fall die Ehefrau in ihrem Blog.
Die Story
Mein Mann ist eigentlich – anders als meine Wenigkeit – nicht der prädestinierte Fettnäpfchen-Treter und Gott sei Dank auch nicht so penibel, wie die Geschichte glauben machen wird…
Er hatte also einen freien Nachmittag und den Wunsch, einen seiner favorisierten Filme im Kino zu sehen, die sich sonst keiner angucken kann. Also Endzeit, Zombies und so. Da putz ich doch lieber das Bad, dachte ich, und ließ ihn ziehen.
Diese Entscheidung hatten ganz offensichtlich auch andere Menschen getroffen, denn als er voller Vorfreude mit seiner Platzkarte den Kinosaal betrat, saß da genau EIN Mann. Inmitten von rund 200 freien Plätzen. Das Problem: Er saß auf seinem Platz, also dem meines Mannes. So geht’s nicht, dachte der sich in einem Anfall von Testosteron und eilte festen Schrittes auf den dreisten Platzbesetzer zu, um die Situation unter Männern zu klären.
Als sich plötzlich ein 1,96-Meter-Schatten neben ihm erhob, dachte dieser schon, der Film hätte angefangen und lehnte sich entspannt in die Polster. Bis ihm mein Mann plötzlich mit Nachdruck seine Kinokarte unter die Nase schob. „Da, Sie sitzen auf meinem Platz!“, zeterte er anklagend. Der Mann zuckte zusammen. Dann ließ er seinen Blick demonstrativ durch den verwaisten Kinosaal schweifen, kramte sein Ticket aus der Tasche und siehe da: Mein Mann hatte sich in der Sitzreihe vertan!
Gut, dass in diesem Moment das Licht ausging und beide in gnädige Dunkelheit hüllte. Mit quasi eingezogenem Schwanz schlich mein Mann sich aus der Reihe. Und setzte sich auf seinen Platz – direkt hinter dem anderen. Ob er sich später beim Kinopersonal beklagt hat, dass er schlecht gesehen hat, ist nicht überliefert. Sein tomatenrotes Antlitz dagegen sorgte wohl während der Vorstellung für ein ganz besonderes Ambiente…
An dieser Stelle ein Aufruf an alle: Sind Euch schon mal Peinlichkeiten passiert, von denen die Welt an dieser Stelle erfahren sollte? Dann raus damit!! Ich hätte da nämlich auch noch ein paar in petto…
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